Ein Abschied, der Neues schafft

Ein Hotel zu einer Senioreneinrichtung umfunktionieren? Na das kann was werden. Ja, das wird es auch. Durch das neue Konzept der advita GmbH wird den Senioren der Region eine neue Option geboten und die Erinnerung an die ehemalige Krone in Ehren gehalten.

Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Dieses aufmunternde Sprichwort prägt seit einigen Wochen besonders die Menschen aus dem Schwäbisch Haller Teilort Hessental. Als bekannt wurde, dass das Ringhotel Krone in Hessental, das die Familie Dürr jahrelang als Familienunternehmen geführt hat, zum 31. Juli schließt, war das Bedauern in der Bevölkerung groß. Nach dem plötzlichen Tod von Thomas Dürr, dem Eigentümer und Geschäftsführer des Gasthofes, hatte die Familie zusammen mit der Unterstützung der Mitarbeiter versucht, die Geschäfte weiterzuführen. Die Lücke, die der Wirt hinterließ, ist dennoch zu groß gewesen. Eine Lösung für die dauerhafte Weiterführung des Hotels konnte nicht gefunden werden. Schweren Herzens beschloss die Familie die Schließung.

Der Name – und auch das Leben, das in dem zum Teil unter Denkmalschutz stehenden Gebäude steckt – bleiben Hessental dennoch erhalten. Der Traditionsgasthof wird Anfang 2018 unter der neuen Bezeichnung „advita Haus Krone“, einem Zusammenspiel aus betreutem Wohnen, Tagesbetreuung und Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz, seine Pforten öffnen. Betrieben wird die zukünftige Senioreneinrichtung von der Zusammen Zuhause GmbH. Diese vermietet einerseits die Wohnungen an Senioren, die eine Wohnung beziehen wollen. Andererseits vergibt sie die Tagespflege und Betreuung an die advita Pflegedienst GmbH, dem fünftgrößten deutschen Anbieter für ambulanten Pflegedienst. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in Berlin.

Da fragt man sich doch: Wie sind die Berliner auf die Immobilie in dem überschaubaren 7.000-Einwohner-Ort Hessental aufmerksam geworden? „Durch einen persönlichen Kontakt zur Hoteliersfamilie Dürr erfuhren wir davon, dass sie sich Gedanken über die Zukunft ihres Hotels Krone machen. Wir schlugen ihr vor, das Haus und den Standort langfristig mit einem neuen Konzept zu sichern“, so Dr. Roland Schmitt, Geschäftsführer der Zusammen Zuhause GmbH. Hessental sei ein traditionelles Wohnviertel mit stabilen Nachbarschaftsbeziehungen, das zudem durch Zuzüge und Neubauten stetig wachse. Daher sei der idyllische Ortsteil ein geeigneter Standort für ein advita-Haus und dessen Konzept.

Doch wie soll das genau aussehen? Die Krone sei nicht das erste Hotel, das die Berliner Unternehmen zu einem advita-Haus umfunktionieren. Daher standen die Maßnahmen für den Umbau, der im August beginnen soll, relativ schnell fest. „Einige Zimmer sind groß genug und können direkt zu Apartments für das betreute Wohnen umgestaltet werden. Die kleineren Zimmer werden zu Zwei-Raum-Wohnungen zusammengefasst. Die Tagungsräume werden ebenfalls zu Wohnungen umgebaut“, erläutert Schmitt den Stand der Planungen. Die Lobby und der Frühstücksraum werden zukünftig die für 40 Gäste ausgerichtete Tagespflege bilden. Das Haus Kraft werde abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, in dem zwei Wohngemeinschaften für je zwölf Menschen mit Demenz entstehen sollen. Nach bisherigem Stand werden insgesamt 46 Wohnungen zur Verfügung stehen, die voraussichtlich Anfang 2018 bezogen werden können. Der Neubau soll dann Mitte 2019 fertiggestellt sein.

Kann man denn heute schon eine Wohnung mieten? „Momentan nehmen wir die Daten von Interessenten auf. Wir setzen uns mit ihnen in Verbindung, sobald wir weitere Details nennen können. Genaue Angaben zu Mietpreisen oder individuellen Wohnungen können wir aktuell noch nicht machen“, so Schmitt. Was bereits feststehe, ist, dass der Gasthof im historischen Stammhaus ab September von einem neuen Pächter übernommen und somit weitergeführt wird. Auch einige der Mitarbeiter des Krone-Teams hätten von dem Angebot, sich bei advita auf Stellen in Bereichen wie Hauswirtschaft und Verpflegung bewerben zu können, Gebrauch gemacht. Was die Planung für die Baumaßnahmen und die künftige Organisation angeht, nimmt die „neue Krone“ also Stück für Stück ihre Gestalt an.

Betreuung und Pflege

Auch im Bereich Betreuung und Pflege verfolgt die advita GmbH ein klares Konzept. Der Pflegedienstleister mit zirka 50 Einrichtungen in Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen übernimmt die Tagespflege sowie die Betreuung in der künftigen seniorengerechten Wohnanlage in Hessental – dem ersten und vermutlich auch nicht letzten advita-Haus in Baden-Württemberg. Das Credo des Pflegedienstleisters lautet: Selbstbestimmung. Der Herr in den eigenen vier Wänden sein. „Durch das betreute Wohnen und die Tagespflege wollen wir den Menschen die Möglichkeit bieten, ihren Lebensabend nach ihren eigenen Vorstellungen leben zu können“, erklärt Uli Schuppach, Marketingleiter von advita. Das Wort Tagespflege ist ihm eigentlich ein Dorn im Auge. „Wir bieten den Menschen einen strukturierten Tag in netter Gesellschaft“, beschreibt er. Das Angebot reiche von organisierten Ausflügen und Tanztee über Basteln bis hin zum Genießen von gemeinsam zubereiteten Essen. „Ein sinnvolles, kurzweiliges Tagesprogramm, diese Bezeichnung passt eigentlich besser“, sagt der Marketingleiter zufriedener. Es gewähre nicht nur den Senioren einen Tag lang Abwechslung, sondern auch den Angehörigen ein Stück Entlastung.

Viele würden sich am Anfang schuldig fühlen, wenn sie ihre Verwandten in die Obhut des Pflegepersonals geben. Meistens sehen die Angehörigen aber ein, dass die Betreuung für alle Beteiligten eine Win-win-Situation darstellt. Sie können sich einen Tag Zeit für sich nehmen und die Ruheständler haben die Gelegenheit, über alte Zeiten zu plaudern. „Da ist niemand gelangweilt, wenn zum dritten Mal vom Krieg erzählt wird“, sagt Schuppach unverblümt.

Auch das betreute Wohnen und die Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz sollen Möglichkeiten zeigen, wie der Lebensabend aussehen kann. In ihre neue Wohnung im „advita Haus Krone“ können die Mieter mitbringen, was sie wollen – egal, ob das alte Klavier aus Kindertagen oder die Standuhr aus antikem Holz. Pflege- und Hauswirtschaftsleistungen können variabel zur regulären Miete dazugebucht werden. „Wenn kein Personal gebraucht wird, ist es umso besser. Aber für die Bewohner ist es beruhigend zu wissen, dass rund um die Uhr jemand da ist, der bei Problemen oder in Notfällen helfen kann.“

Die Wohngemeinschaften könne man sich vorstellen wie ein Studentenwohnheim mit gemeinsamen Aufenthaltsräumen, Küchen, Badezimmern und separaten Schlafräumen. „Die Einrichtung in Hessental bietet eine Plattform, sich wieder ein soziales Umfeld, eine Art neues Leben aufzubauen und der tristen Einsamkeit zu entrinnen“, betont Schuppach. Und wenn es nur darum ginge, im Empfangsbereich das Treiben zu beobachten.

Sicher, die Krone, wie sie in der Region geschätzt wurde, wird sich verändern. Aber: Der Grundgedanke bleibt auch in Zukunft erhalten – den Menschen, die dort ein- und ausgehen, einen angenehmen Aufenthalt und einprägende Begegnungen zu er- möglichen.

Verena Köger