„Ein halber Hohenloher steckt in mir“

Halbzeit für den Hohenloher Landrat Matthias Neth: Vier Jahre ist der Jurist inzwischen im Amt. Für uns ein Grund mehr, Zwischenbilanz zu ziehen und mit dem 37-Jährigen über den Hohenlohekreis – dessen Stärken und dessen Schwächen – zu sprechen.

Herr Neth, die erste Hälfte Ihrer Amtszeit ist vorüber. Wie beurteilen Sie selbst die zurückliegenden vier Jahre?

Neth: Die vergangenen Jahre waren sehr intensiv, ereignisreich und sind unglaublich schnell vergangen. Es ist vieles passiert. Wir hatten neben vielen schönen Erlebnissen auch Herausforderungen und Konflikte, die uns zum Teil auch heute noch beschäftigen – seien es die Neustrukturierung des öffentlichen Personennahverkehrs, das Thema Deponie oder die Frage nach dem Erhalt des Künzelsauer Krankenhauses. Diese Themen liefen oft parallel ab. Das war eine ziemliche Straffung an Inhalten, auch wenn mir klar war, dass diesbezüglich viel auf mich zukommen würde. Letztlich war die Zeit auch sehr lehrreich und positiv.

Würden Sie sagen, Sie sind in dieser Zeit – also in den zurückliegenden vier Jahren – zu einem waschechten Hohenloher geworden?

Neth: Ein halber Hohenloher steckt ja schon immer in mir (lacht). Meine Mutter stammt aus Pfedelbach. Mein Großvater, Erich Fritz, war dort viele Jahre lang Bürgermeister. Dementsprechend hatte ich schon immer einen besonderen Bezug zu Hohenlohe und seinen Bewohnern. Man kann inzwischen schon sagen, dass der Hohenlohekreis wirklich zu meiner Wahlheimat – und übrigens auch der meiner Ehefrau – geworden ist. Wir fühlen uns hier sehr wohl. Wir sind angekommen. Aber ich muss auch zugeben, dass ich immer noch nicht jede Passage aus den Liedern von Annâweech im Detail verstehe.

Was haben Sie an den Hohenlohern besonders zu schätzen gelernt?

Neth: Die Hohenloher halten zusammen. Sie identifizieren sich enorm mit dieser Raumschaft. Der Heimatsbegriff ist hier sehr stark ausgeprägt, die Menschen bekennen sich klar zu ihrer Heimat – das empfinde ich als außerordentlich positiv. Diese Mentalität muss sich – in Zeiten des demografischen Wandels und der Urbanisierung – auch in den Köpfen der jüngeren Generationen festsetzen, sodass unsere Region Heilbronn-Franken insgesamt auch in Zukunft attraktiv ist. Das Zitat von Annâweech „Hohâloher Land, `s will kôôner meh gehen“ muss auch in Zukunft gelten. Das zu schaffen, ist unser aller Aufgabe.

Was sind die positivsten Erfahrungen, die Sie machen durften? Was die negativsten?

Neth: Ein für mich sehr prägendes Erlebnis war der Starkregen im Mai vergangenen Jahres. Ich war sehr bestürzt, mit ansehen zu müssen, dass etwa 3000 Menschen im Landkreis von den teils enormen Auswirkungen betroffen waren. Dieses Unwetter hatte viel Leid verursacht. Die Zerstörung, die mancherorts vorherrschte, war katastrophal. Gleichzeitig resultierte daraus aber etwas sehr Positives: Tags darauf haben alle mit angepackt – ganz unabhängig davon, ob sie selbst von den Ereignissen betroffen waren oder nicht. Es war eine Welle der Hilfsbereitschaft, die losbrach. Das zeichnet die Menschen im Hohenlohekreis eben aus. Ein so kleiner Kreis, wie wir es sind, kann nur bestehen und zukunftsfähig sein, wenn die Menschen, die darin leben, zusammenhalten. Das hat mich sehr stolz gemacht.

Bei Ihrer Wahl zum Landrat im Juni 2013 waren Sie der jüngste Landrat in Baden-Württemberg. War das für Sie eine besondere Herausforderung? Inwiefern?

Neth: Ich bin auch jetzt noch der jüngste Landrat in Baden-Württemberg. Doch darüber habe ich mir damals wie heute gar keine Gedanken gemacht. Mir war und ist wichtig, dass der Kreistag und die Menschen in Hohenlohe von mir, meinen Ideen und meiner Arbeit überzeugt sind. Dass junge Menschen Verantwortung übernehmen, ist nicht ungewöhnlich. Auf sehr vielen Ebenen findet der Generationenwechsel statt.

Was würden Sie heute – vier Jahre älter und erfahrener – rückblickend anders machen?

Neth: Es gibt verschiedene Herausforderungen, an die wir heute anders herantreten würden als in der Vergangenheit. Ein Beispiel: wieder das Krankenhaus in Künzelsau. Uns ist es nicht ausreichend gelungen, den Künzelsauern zu erklären, dass wir eine gute Lösung finden möchten. Die Grundversorgung muss und wird gewährleistet bleiben. Hier würden wir anders, vielleicht sogar offensiver, kommunizieren und noch mehr versuchen, die Menschen abzuholen.

Zuletzt standen Sie wegen der möglichen Schließung des Krankenhauses in der Kritik. Können Sie diese nachempfinden?

Neth: Es handelt sich hierbei um ein hochemotionales Thema. Viele Menschen haben Angst davor, dass ihre gesundheitliche Grundversorgung nicht mehr gewährleistet ist. Diese Sorge verstehe ich natürlich und nehme ich auch sehr ernst. Es ist aber keinesfalls in unserem Sinne, die gesundheitliche Grundversorgung nicht mehr zu gewährleisten. Entsprechend muss aber auch die Kritik konstruktiv bleiben. Auch wenn es keine stationäre Versorgung mehr geben wird, so bleiben doch eine 24-Stunden-Notfallversorgung sowie eine ambulante Versorgung bestehen. Man darf den Wandel in diesem Bereich nicht außer Acht lassen. Die Bevölkerung hat eine Tendenz zu großen medizinischen Zentren. Mit diesen Bettengrößen können wir einfach nicht mithalten. Entsprechend müssen wir uns neu ausrichten, um eine gute Versorgung im Landkreis gewährleisten zu können. Das entgegne ich auch Kritikern.

Eine Frage zum Schluss: Wofür steht der Hohenlohekreis in Zukunft?

Neth: Der Hohenlohekreis wird auch in Zukunft für ein gelungenes Zusammenspiel aus Tradition und Zukunft stehen – in vielerlei Hinsicht: tolle Natur, großartige Unternehmen, außergewöhnliche Menschen. Die hohe Lebensqualität, die wir aktuell haben, werden wir auch künftig zu schätzen und bewahren wissen. Davon bin ich überzeugt.

Interview: Lydia-Kathrin Hilpert

Zur Person:
Dr. Matthias Neth ist seit Juli 2013 Landrat im Hohenlohekreis. Der 37-Jährige studierte Jura und Verwaltungswissenschaften in Tübingen und Speyer. Neth ist verheiratet und kommt gebürtig aus Stuttgart. Seine Mutter stammt aus Pfedelbach.