„Ernst nehmen“

Brandschutz ist derzeit in aller Munde. Auch die Nachrichten sind voll davon. Schließlich betrifft das Thema jeden von uns – nicht nur im Ernstfall. Im Interview erklärt Feuerwehrmann Jens Marquardt, was man beim Brandschutz falsch und was richtig machen kann.

Herr Marquardt, Sie sind seit 30 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. Können Sie uns schildern, welche Arten des Brandschutzes es eigentlich gibt?

Marquardt: Wir unterscheiden zwischen baulichem, auch vorbeugender Brandschutz genannt, und abwehrendem Brandschutz. Ersterer ist dabei durch die Landesbauordnung und Baunormen geregelt. Alle Maßnahmen, die im Vorfeld getroffen werden können, um einer Entstehung und Ausbreitung von Feuer durch bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen entgegenzuwirken, fallen darunter. Also beispielsweise wie viele Rettungswege es geben muss, welche Materialien verbaut werden, wie hoch ein Gebäude sein darf, und so weiter. Der abwehrende Brandschutz ist, ganz vereinfacht gesagt, all das, was die Feuerwehr macht (lacht). Also im Falle eines Brandes reagieren.

Inwiefern ist das Thema Brandschutz gesetzlich verankert?

Marquardt: Wie gesagt, das Thema ist in der Landesbauordnung und den dazugehörigen Normen festgehalten. Hier werden alle Richtlinien, die es zu beachten gilt, zusammengefasst – etwa die Installation der Elektrik, die Geschosshöhe, die Anzahl an Fluchtwege. Die Inhalte werden nicht von der Feuerwehr vorgegeben. Da muss man differenzieren, auch wenn das viele annehmen.

In den vergangenen Wochen und Monaten war die Thematik gefühlt in aller Munde – teils auch aufgrund dramatischer Vorkommnisse. Ist die Bedeutung und Wichtigkeit des Brandschutzes denn in den Köpfen der Menschen angekommen? Wie nehmen Sie das wahr?

Marquardt: Man hat manchmal das Gefühl, dass viele Menschen die Einstellung haben: ‚Es brennt überall, bloß nicht bei mir.‘ Man kann es zwar nicht verallgemeinern, aber das Thema wird teilweise etwas stiefmütterlich behandelt. Die vorgegebenen Maßnahmen werden oft als lästig empfunden. Denken Sie nur daran, was passiert, wenn im Supermarkt die Brandanlage auslöst. Die Hälfte der Kunden nimmt es nicht ernst, sondern bleibt im Laden. Das sollte natürlich alarmierend sein. Den Menschen muss klar sein, dass Sie, wenn sie das Thema Brandschutz ernst nehmen, nicht der Regierung oder der Feuerwehr einen Gefallen tut, sondern vor allem sich selbst. Man würde sich ja heutzutage auch kein Auto ohne Airbag mehr kaufen.

Wer ist in Sachen Brandschutz besser aufgestellt – Privatpersonen oder Unternehmen?

Marquardt: Vorschriften für öffentliche Bauten und Unternehmen sind durch die Vorgaben von Versicherungen, etwa dem Einbau einer Brandschutzanlage oder den Vorgaben im Arbeitsrecht, sehr viel strenger.

Was sind denn die am häufigsten gemachten Fehler?

Marquardt: Heute ist es gängig, viele Geräte im Standby-Modus zu haben. Die Geräte werden dauernd mit Strom versorgt. Da passiert es schnell, dass es zum technischen Defekt und letztlich zum Brand kommt. Dadurch, dass Elektrogeräte praktisch dauernd unter Strom stehen, ist das Gefahrenpotenzial sehr viel größer als früher. Hier kann man einfache Regeln einhalten, um einen Brand zu vermeiden. Erstens: Abschaltbare Steckdosen oder Steckdosenleisten mit Schalter installieren. Das spart nicht nur Strom, sondern reduziert auch das Brandrisiko. Zweitens: Geräte nicht unbeaufsichtigt laufen lassen, sondern achtsam damit umgehen. Drittens: Im Falle eines Brandes richtig reagieren. Viele warten zu lange, bis sie die Feuerwehr alarmieren. Dabei entwickelt sich ein Feuer nicht linear, sondern rasant. Da kommt es auf jede Sekunde an.

Welchen Mindeststandard sollte es beim Brandschutz mindestens geben?

Marquardt: Ein wesentlicher Grundstein wurde bereits mit der gesetzlichen Einführung der Installation von Rauchmeldern gelegt. Diese sind vor allem im Schlafbereich wichtig. Rauch riecht man während des Schlafens nicht. Entsprechend kann es im Brandfall auch tödlich enden. Ebenso empfiehlt es sich, ein Löschgerät zur Hand zu haben – sowohl im Haushalt als auch im Auto. In der Küche wäre eine Branddecke sinnvoll, ansonsten ein Schaum- oder Pulverlöscher.

Interview: Lydia-Kathrin Hilpert