Starkes Rückgrat für die Wirtschaft

Familienunternehmen spielen in der deutschen Wirtschaft eine wichtige Rolle. Mit einem Anteil von 91 Prozent stellen sie laut einer Studie der Stiftung Familienunternehmen den Kern der deutschen Wirtschaft dar.

Über die Hälfte, 56 Prozent, der in der Privatwirtschaft beschäftigten Personen arbeiten in familienkontrollierten Unternehmen und erbringen einen Anteil von 48 Prozent am Gesamtumsatz. Es fällt auf, dass Familienunternehmen überproportional in der kleinsten Unternehmensgrößenklasse mit weniger als zehn Beschäftigten vertreten sind. Ihr Anteil an den Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten beträgt lediglich 23 Prozent.

Im Vergleich zu anderen Ländern hat Deutschland jedoch außergewöhnlich viele große Familienunternehmen. Mehr als 170 Unternehmen erzielen einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro, darunter namhafte Firmen aus der Region Heilbronn-Franken wie die Schwarz-Gruppe (Lidl/Kaufland) oder der Würth-Konzern.

Die Beschäftigungsentwicklung in Deutschland profitiert enorm von Familienunternehmen. Im Zeitraum von 2006 bis 2012 konnten die 500 beschäftigungsstärksten Familienunternehmen ihre Inlandsbeschäftigung um elf Prozent steigern. Im Gegensatz dazu reduzierten im selben Zeitraum die nicht-familiengeführten DAX-Unternehmen ihre Mitarbeiterzahl im Inland um sieben Prozent. Auch bei der Eigenkapitalausstattung stehen Familienunternehmen solide da. Bei den börsennotierten Unternehmen (ohne Finanzbranche) können sie mit 50 Prozent auf eine deutlich höhere Eigenkapitalquote als Nicht-Familienunternehmen mit 36 Prozent verweisen.

Regionale Identität

Zu den Erfolgsfaktoren von Familienunternehmen zählen die regionale Identität und die langfristige Verbundenheit zum Unternehmen. Vielfach sind die Eigentümer für die Mitarbeiter des Unternehmens im Betrieb sichtbar und schaffen ein Gemeinschaftsgefühl. Dies führt einerseits zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen, andererseits steigt die Hemmschwelle zur kurzfristigen Produktionsverlagerung ins Ausland.

Prägnant für viele Familienunternehmen ist ein organisches Wachstum. Das heißt, die Betriebe müssen von Anfang an sparsam mit ihren Ressourcen umgehen und sie sind an einer langfristigen Entwicklung von Technologien und Produkten interessiert. Durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse und das Ausnutzen von Lerneffekten haben sie das Potenzial, zum Hidden Champion aufzusteigen. Eine 2014 von der Stiftung Familienunternehmen veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass der Familienkontext eine positive Wirkung auf die Innovationsfähigkeit von Unternehmen ausübt. So führen beispielsweise interne Widerstände bei Nicht-Familienunternehmen häufiger zu einer Behinderung von Innovationsprojekten als bei Familienunternehmen.

Langjährige Expertise

Betrachtet man die verschiedenen Unternehmenstypen, fällt auf, dass Familienunternehmen auf Dauer angelegt sind. Sie basieren oft auf der langjährigen Expertise der Gründer, denen der Bestand des Unternehmens am Herzen liegt. Den Gegenpol liefern wagniskapitalfinanzierte Startup-Unternehmen. Sie versuchen, sich kurzfristig mit ihrer Idee am Markt durchzusetzen – was zum Teil erhebliche Scheiterrisiken birgt. Börsennotierte Unternehmen sind vom Blick auf die Quartalsbilanz getrieben. Sie können kapitalintensive Aufgaben wahrnehmen und streben nach hoher Effizienz.

Für Familienunternehmen ist dagegen charakteristisch, dass sie im Regelfall eine stärkere Verbundenheit zu ihren Mitarbeitern pflegen. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten würden viele Familienunternehmen nur Mitarbeiter entlassen, wenn es nicht anders geht. Diese Fürsorge wird von den Mitarbeitern mit einer starken Loyalität zum Unternehmen honoriert. Beim gesellschaftlichen Engagement – egal ob sozial, sportlich oder kulturell – legen Familienunternehmen Wert auf einen starken Bezug zum Unternehmensstandort.

Damit sind Familienunternehmen ein starkes Rückgrat für die deutsche Wirtschaft. Mit ihrer Innovationsstärke und der regionalen Verbundenheit prägen sie Strukturräume. Nicht nur heute, sondern auch morgen.

Elisabeth Müller

Zur Person:
Professor Dr. Elisabeth Müller ist Professorin für Entrepreneurship und Familienunternehmen an der German Graduate School of Management and Law (GGS) in Heilbronn.