Volle Fahrt voraus

Wie wichtig eine gute Verkehrsinfrastruktur ist, zeigt sich vor allem zur Rushhour und in der Ferienzeit. Regelmäßig stockt es dann auf deutschen Straßen. Eine Alternative stellt hier der öffentliche Nahverkehr dar – auch in der Region.

Herr Gross, Heilbronn ist die einzige Großstadt in der Region Heilbronn-Franken. Wie in anderen Großstädten auch, kommt der Verkehr hier immer wieder einmal zum Erliegen. Wie wichtig ist vor diesem Hintergrund eine Alternative zum Auto?

Gross: Die Alternative ist auf jeden Fall da. Wichtig ist, dass sie als solche erkannt und auch genutzt wird. Die Stadt Heilbronn verfügt über ein gut ausgebautes innerstädtisches Busnetz. Dieses wird noch durch die Stadtbahn ergänzt, die die Innenstadt, den Heilbronner Osten und Westen und das Industriegebiet im Norden miteinander verbindet. Zur Sicherung der Bedienungsqualität sowie zur Beschleunigung des städtischen Busverkehrs sollten weitere Busspuren und Ampelbevorrechtigungen eingerichtet beziehungsweise über die Notwendigkeit von Pförtnerampeln nachgedacht werden.

Wie intensiv wird dieses Angebot genutzt?

Gross: Das Angebot wird schon rege genutzt, ein bisschen Steigerungspotenzial ist aber freilich noch vorhanden. Um möglichst viele Nutzergruppen anzusprechen, bietet der HNV für fast jeden Bedarf den passen Fahrschein an. Innerhalb der Stadt Heilbronn empfiehlt sich beispielsweise das ABO-TicketPLUS für die Zone A. Es ist frei übertragbar, beinhaltet abends und am Wochenende die Mitnahme von weiteren Personen und kostet derzeit 47 Euro pro Monat. So ein Ticket gehört eigentlich in jeden gut sortierten Heilbronner Haushalt. Für Gelegenheitsfahrer und Neukunden, die sich erst noch an das System herantasten wollen, empfiehlt sich unser eTicketHNV. Hierbei handelt es sich um einen elektronischen Fahrschein, der auf Antrag ausgestellt wird. Der Kunde meldet sich mit seiner Chipkarte an den entsprechenden Geräten im Bus oder am Bahnsteig einfach an und ab. Der Fahrpreis wird dann im Nachgang von dem zuvor eingerichteten Kundenkonto abgebucht. Damit hat man immer den richtigen Fahrschein in der Tasche und satte Prozente gibt es auch noch obendrauf.

Wo besteht Ihrer Meinung nach noch Handlungsbedarf?

Gross: Die überregionale Einbindung des Oberzentrums Heilbronn lässt noch zu wünschen übrig. Bekanntlich ist Heilbronn eine der wenigen, wenn nicht gar die einzige Großstadt in Deutschland ohne Anschluss an den Schienenfernverkehr. Die regionale Erreichbarkeit Heilbronns ist im Vergleich hierzu deutlich besser. Und diese wird nach den Plänen des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg ab 2019 noch weiter verbessert: Stundentakt auf der Hohenlohebahn, Stundentakt auf der Frankenbahn und zusätzliche Metropolexpresszüge in Richtung Stuttgart. Da drängt sich natürlich auch die Frage nach der Zukunft der Zabergäubahn auf.

Heilbronn-Franken ist flächenmäßig die größte Region in Baden-Württemberg. Wie wichtig ist es, dass hier ein gutes ÖPNV-Angebot besteht?

Gross: Ein gutes ÖPNV-Angebot ist generell sehr wichtig. Doch nicht allein die Fläche zählt bei dessen Ausgestaltung. Gewichtigere Kriterien noch sind beispielsweise die Einwohnerdichte und die Abgrenzung in städtische und ländliche Bereiche. Im städtischen Ballungsraum sind der Ausbau des Schienenverkehrs und gut getaktete, ergänzende Busverkehre notwendig. Das trifft gleichermaßen auf die Siedlungsachsen in ländlichen Gebieten zu. Abseits dieser Hauptverkehrsachsen muss zumindest ein Basisangebot bestehen, das gegebenenfalls auch mit Kleinbussen und Bedarfsverkehren gestaltet wird.

Soll dieses regional auf Sicht noch weiter ausgebaut werden?

Gross: Am Ausbau des Nahverkehrs führt letztendlich kein Weg vorbei. Die Mobilitätsbedürfnisse wachsen und wollen befriedigt werden. Allein auf das Auto zu setzen, ist nicht zielführend. Zu viele Schadstoffe belasten die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung. Das Zauberwort heißt nachhaltige und vernetzte Mobilität. Mit unserem neu konzipierten JobTicket können zum Beispiel auch Arbeitgeber die nachhaltige Mobilität ihrer Mitarbeiter aktiv unterstützen.

Interview: Lydia-Kathrin Hilpert

Zur Person
Gerhard Gross (59) ist seit der Gründung des Heilbronner Verkehrsverbundes 1997 und der Erweiterung zum Heilbronner-Hohenloher-Haller Nahverkehr im Jahr 2005 Geschäftsführer der HNV-Verbundgesellschaft. Nach dem Studium der Geografie war er zunächst freiberuflich tätig und trat 1987 die Stelle als Verkehrsplaner beim Landratsamt Heilbronn an.