Wer braucht schon ein Bad?

Wer austesten möchte, wie viel seine Ehe verkraftet, kann ja mal ein Haus bauen oder renovieren. Denn dieses Vorhaben entpuppt sich unter Umständen als ziemliche Belastungsprobe für eine Beziehung. Ich habe sie erlebt – und bin zum Glück noch verheiratet.

 

Um gleich etwas vorwegzunehmen: Ja, es gibt größere Probleme auf dieser Welt – weitaus größere. Und ja, im Leben läuft nicht immer alles nach Plan. Und natürlich bin ich nicht die Erste und auch nicht die Letzte, die die folgenden Erfahrungen gemacht hat. Nachdem das klargestellt ist, zum Thema: Es lief super für mich. Ganz ehrlich. Große Hochzeit, Flitterwochen auf Bali, Traumjob, die Aussicht auf ein eigenes Haus. Was hätte dieses Bilderbuchleben ins Wanken bringen können? Ich verrate es Ihnen: eine Renovierung des besagten Hauses.

Aber von vorne. Es begann alles damit, dass mein Mann und ich beschlossen – nach wirklich langer und gründlicher Überlegung –, in das Haus seiner Eltern zu ziehen. Es schien die perfekte Lösung für unsere Situation zu sein: mehr Platz für eine Familie, die wir eines Tages gründen würden, näher bei den Schwiegereltern und meiner Mutter, keine Miete. Die Liste positiver Gesichtspunkte war nicht gerade kurz, Schwiegermama und -papa waren einverstanden. Aber die Doppelhaushälfte hatte bereits einige Jahre auf dem Buckel und vor allem innen entsprach sie nicht so ganz meinen Vorstellungen vom „Home, sweet home“-Ambiente. Also hieß es, die drei S aufzusuchen: Schreiner, Stuckateur, Sanitärprofi.

Die ersten Termine hatten wir im März. Eine Menge Zeit, dachten wir damals, bis Oktober. Denn zum Ersten dieses Monats wollten wir in das weißblaue Haus in der Nähe des Waldes einziehen. Rückblickend betrachtet, hätten wir die Dienstleister wohl im Januar kontaktieren sollen. Aber hinterher ist man ja bekanntlich immer schlauer. Ab Mitte August wurde es dann ernst. Um ein bisschen Bares zu sparen, versuchten wir, so viel wie möglich selbst vorzuarbeiten. So entkernten mein Mann und mein Schwiegervater das Bad im zweiten Stock in Eigenregie, verlegten unten und oben den Boden selbst und meine Mutter, Schwiegermutter und ich halfen dabei, die alten Tapeten zu entfernen. Und von da an ging es nur noch bergab … Als wäre uns eine schwarze Katze über den Weg gelaufen, die vorher unter einer Leiter durchgehuscht war, um uns eine Pechsträhne vor die Tür zu legen. Zuerst reichte der Vinylboden nicht aus. Irgendjemand hatte sich bei den Quadratmetern verrechnet. Dann wurden die falschen Dielen bestellt. Harmlos im Gegensatz zu dem, was noch folgen sollte. Mit der Küche verhielt es sich nicht besser: Ein Riss in der Granitarbeitsplatte, drei von drei gesprungene Glasfronten von Hängeschränken, falscher Wasserhahn. Selbst bei Kleinigkeiten wie Lampen fürs Wohnzimmer hatten wir einfach kein Glück. Zuerst wurden die falschen bestellt, dann war eine von dreien verkratzt.

Als dann auch noch eine Saite meines Flügels, dessen Anschaffung ein lange gehegter Traum von mir war und für den ich eine Weile zurückgelegt hatte, riss, riss mir der Geduldsfaden. Die Krönung dieser Horrorrenovierung war – und ist – das Badezimmer. Wenn ich nur darüber nachdenke, will ich meine mit verhornten Blasen übersäten Hände zu Fäusten ballen. Eigentlich hätte das Bad zum Einzugstermin fertig sein sollen – wie eben alles andere auch. So blauäugig waren mein Mann und ich, dass wir das glaubten! Dann wurde allerdings die falsche Duschrinne geliefert, weshalb sich die Fertigstellung um zwei Tage verzögerte. Die Höhe war aber, dass unser Stuckateur uns mehr als drei Wochen warten ließ, bis er endlich fertig wurde – das war Ende Oktober. Duschen mussten wir eben solange bei den Schwiegereltern. Nicht gerade komfortabel, aber besser, als es gar nicht tun zu können.

Nun schließt also noch der Sanitärdienstleister – voraussichtlich am 7. November – das Großprojekt Badezimmer, unseren persönlichen BER, wie mein Mann und ich mittlerweile scherzen (können!), ab. Zwar kann ich das Stand heute immer noch nicht glauben. Aber die Hoffnung stirbt ja, wie Sie wissen, immer zuletzt. Und was bleibt, ist eine wichtige Erkenntnis: einmal und nie wieder!

Olga Lechmann