„Wir Spinnen seit 20 Jahren“

Jedes Jahr kann man bei Faschingsumzügen in der Region aufwendige Festwagen und Kostüme bestaunen. Rund um das Thema der kleinen Insekten dreht sich die Gestaltung des diesjährigen Festwagens des Faschingsklubs Tüngental. Das PROMAGAZIN hat den Machern des Wagens über die Schultern geschaut.

Kalt ist es auf dem Aussiedlerhof nahe der Gemeinde Tüngental, als der Uhrzeiger halb zehn anzeigt – eisigkalt. Der Weg zum Hof ist stark mit Schnee und Eis bedeckt. Dennoch haben sich dort schon einige Leute eingefunden. In einer großen Halle, vergleichbar mit einem Flugzeughangar, steigt einem sofort der Geruch von Stroh und Holz in die Nase. Normalerweise sind hier allerlei landwirtschaftliche Fahrzeuge und Geräte untergebracht. Aber nicht heute, heute steht ein Kreis von rund zehn Personen vor einem langen Lkw-Anhänger mitten in der Halle. Auf dem Anhänger ist rundum ein hohes Gerüst aufgebaut. Eine Holzumrahmung sowie ein großer Kasten aus Holz sind schon zu erkennen. „Ziel heute ist, mit der Holzverblankung fertig zu werden“, erklärt der Mann in der Mitte der Menschentraube.

Der Mann ist Florian Frey, der Vorsitzende des Faschingklubs Tüngental. Jedes Jahr nimmt der Verein am großen Faschingsumzug im Februar in Bühlertann teil. Dazu bauen die Mitglieder im Vorfeld einen Wagen, mit dem sie am Umzug durch die Straßen fahren – so auch in diesem Jahr. Kaum ist die Besprechung zu Ende, verteilen sich die Leute voller Tatendrang rund um den Wagen und es beginnt an allen Enden zu hämmern, zu klopfen und zu sägen. Aus teilweise schwindelerregender Höhe schallen Rufe nach neuem Material und Werkzeug durch die Halle. Trotz der Eiseskälte ist den fleißigen Arbeitern ihre Leidenschaft am Projekt deutlich anzusehen.

„Dieses Jahr haben wir ein Jubiläum: Wir nehmen zum 20. Mal am Umzug in Bühlertann teil“, erzählt der Vorsitzende stolz. Das Ganze habe sich aus einer Wette ergeben: 1997 wetteten die Bühlertanner, dass es die Tüngentaler nicht schaffen würden, einen Wagen für den Umzug im darauffolgenden Jahr zu bauen. Der Wetteinsatz belief sich auf 20 Kästen Bier. „Natürlich haben die Tüngentaler das hinbekommen“, berichtet der 26-Jährige. Seitdem nehmen sie immer an der Veranstaltung teil. Im Jahr 2000 wurde dann der Faschingsklub Tüngental e.V. gegründet. Frey erklärt: „Das ist etwas Besonderes in der Faschingstradition: Normalerweise gibt es Faschingsvereine eher in katholischen Dörfern, Tüngental ist aber evangelisch geprägt.“ Heute zählt der Klub rund 120 Mitglieder.

Die sogenannte fünfte Jahreszeit beginnt für die Narren im kleinen Ort nahe Schwäbisch Hall schon im November. Mit den Einnahmen aus der Auftaktveranstaltung wird die aufwendige Herstellung des Festwagens finanziert. Dazu kommt lokale Unterstützung: Die Firma Gaukel aus Tüngental stellt das gesamte Gerüst für die Unterkonstruktion zur Verfügung, der Malertrieb Daniel Preiß unterstützt durch Material bei der Gestaltung. Bei der Hauptversammlung im Oktober wird jedes Jahr das Motto des Wagens festgelegt, im Dezember konkret die Umsetzung geplant. Zwischen Weihnachten und Neujahr ist dann offizieller Baubeginn. Bis zur Fertigstellung treffen sich die freiwilligen Helfer an jedem Samstag und bauen den Wagen auf.

Zum Anlass des Jubiläums präsentiert sich der Faschingsklub in diesem Jahr unter dem Motto „Wir Spinnen seit 20 Jahren“. Wie der Wagen dann genau aussieht, bleibt eine Überraschung. Aber so viel sei verraten: Eine zerfallene Burgruine wird auf dem Anhänger errichtet. Auf der Burg dreht sich alles um das Thema der achtbeinigen Insekten.

Mit das Wichtigste beim Aufbau sind die strengen Sicherheitsbestimmungen. Sogar der TÜV überprüft den Wagen vorab auf Mängel und mögliche Risiken. Auch die Überfahrt nach Bühlertann stellt eine große organisatorische Herausforderung dar. „Das ist von Jahr zu Jahr nicht einfach“, stellt Frey fest. Von Tüngental geht es erst einige Tage vor der Veranstaltung des Fastnachtskomitees Bühlertann mit Polizeischutz auf die Überfahrt Richtung der Faschingshochburg. Erst danach werden die letzten Schliffe am Festwagen getätigt, bevor 40 bis 50 Personen auf dem Wagen am Umzug durch die Straßen ziehen, Süßigkeiten verteilen und so vielleicht auch die kalten Wintergeister vertreiben.

Alexander Liedtke

Info
Den Wagen in Aktion kann man am Sonntag, 26. Februar, beim Umzug des FKB Bühlertann erleben.