Zwei Seiten einer Medaille

Stecken die Bausparkassen in der Krise? In der heutigen Niedrigzinszeit fragen sich viele, die etwas auf die hohe Kante legen wollen, wie sie ihr Geld am besten anlegen sollen. Dabei rangieren Immobilien derzeit auf Platz eins. Bausparen lohnt sich also noch.

„Albtraum für Sparer“ schrieb kürzlich das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ über die Niedrigzins¬politik der Europäischen Zentralbank (EZB) und die steigende Inflation in Deutschland. In der Tat stehen Sparwillige vor einem Dilemma: Sparbücher, Tagesgeldkonten oder Bundesanleihen – jahrelang bewährte und sichere Renditebringer – werfen kaum noch Zinsen ab. Und die geringen Erträge, die sich damit noch erwirtschaften lassen, werden durch den Kaufkraftverlust aufgefressen. Während einige am Sinn des Sparens zweifeln und ihr Geld lieber ausgeben, investieren andere vermehrt in Sachwerte. Dabei steht das selbst genutzte Wohneigentum mit 53 Prozent mit deutlichem Abstand an erster Stelle auf der Beliebtheitsskala – Tendenz steigend. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Immobilien sind sicher, wertbeständig und der Immobilienbesitzer profitiert heute schon von seiner Altersvorsorge.

Kein Wunder, dass der Markt für Immobilien und für Baufinanzierungen derzeit boomt. Für viele Einkommensgruppen führt der Weg ins Eigenheim traditionell übers Bausparen. Es schafft eine klare Planungssicherheit und lohnt sich gerade in Zeiten niedriger Zinsen: Denn damit lassen sich die günstigen Konditionen für Finanzierungswünsche in fünf, zehn oder 15 Jahren festschreiben. Außerdem können jederzeit Sondertilgungen in beliebiger Höhe ohne Zusatzkosten geleistet werden und auf die Konditionen für eine Grundbuchabsicherung im zweiten Rang oder Kleinstdarlehen gibt es keinen Zuschlag, wie sonst in der Baufinanzierungsbranche üblich. Die anhaltende Beliebtheit des Bausparens zeigt sich in unseren stabilen Bausparabschlüssen auf hohem Niveau. Bereits seit Jahren sind mehr als sieben Millionen Bausparer Kunden bei Schwäbisch Hall.

Deshalb freuen wir uns als Bausparkasse und Baufinanzierer einerseits, dass die niedrigen Zinsen die Immobilie als Anlagealternative und Altersvorsorge-Instrument ins Blickfeld der Öffentlich¬keit rücken. Andererseits stellt uns die EZB-Politik – wie quasi die gesamte Finanzbranche – vor große betriebswirtschaftliche Herausforderungen. Der Zins ist kein Ergebnis mehr von Angebot und Nachfrage, sondern faktisch ein durch die Maßnahmen der EZB bestimmter Preis, der die Marktmechanismen außer Kraft setzt. Das belastet unsere Ertragssituation. Allerdings haben wir frühzeitig darauf reagiert. So haben wir unser Tarifangebot an die niedrigen Zinsen angepasst, unser zweites Standbein, die Sofort-Baufinanzierungen, ausgebaut und unsere Kosten reduziert. Gleichzeitig sparen wir aber nicht bei zukunftsgerichteten Investitionen. So investieren wir einen dreistelligen Millionenbetrag in die Runderneuerung unserer IT-Infrastruktur. Darüber hinaus treiben wir die Digitalisierung unseres Kerngeschäfts weiter voran, vom Auftragseingang über die gesamte Abwicklung bis hin zur Bestandsbetreuung. Über schnellere und automatisierte Abläufe werden wir dadurch den Kundennutzen spürbar verbessern.

Für das Thema Bauen und Wohnen gibt es ein unverändert hohes Interesse und das wird auch in absehbarer Zeit so bleiben. Denn der Bedarf bleibt größer als das Neubauvolumen und das Thema Energieeffizienz von Gebäuden wird im Rahmen der Energiewende noch stärker in den Fokus rücken. Zudem gewinnt das altersgerechtes Wohnen an Bedeutung. Ohne die starke Gemeinschaft der Bausparer sind diese Herausforderungen kaum zu lösen. Das wird unser Geschäft auch in der Zukunft beflügeln.

Reinhard Klein

Zur Person
Reinhard Klein ist seit 2014 Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch Hall und zuständig für die Bereiche Unternehmensstrategie, Vorstandsstab, Kommunikation/Politik/Gesellschaft, Personal, Interne Revision, Marketing und Auslandsmärkte.