Für ein besseres „Standing“ der Region Heilbronn-Franken

Vor fast 30 Jahren forderte Reinhold Würth mehr Beachtung für Heilbronn-Franken. Daraus entstand die größte Bürgerinitiative zwischen Tauber und Neckar: Pro Region. Für die Ziele „mehr öffentliche Wahrnehmung und Wir-Gefühl“ setzt sich die Vorsitzende Friedlinde Gurr-Hirsch erfolgreich ein.

2020 übernahm Friedlinde Gurr-Hirsch den Pro-Region-Vorsitz von Öhringens Oberbürgermeister a.D. Jochen K. Kübler. Foto: Pro Region e.V.

In ihrem Leben musste Friedlinde Gurr-Hirsch schon viele Hände schütteln. Hände bekannter Persönlichkeiten, Hände von Bürgern aus der Region, Hände von Kindern und jungen Menschen. Ob als Lehrerin, als christdemokratische Kommunal- und später Landespolitikerin, in ihren insgesamt zwölf Jahren als Staatssekretärin in Baden-Württemberg, oder seit fünf Jahren als Vorsitzende von Pro Region, Heilbronn-Frankens größter Bürgerinitiative. „Aber ich schätze, die meisten Hände habe ich in meiner Zeit als Deutsche Weinkönigin geschüttelt“, erinnert sie sich.

22 Jahre alt war Gurr-Hirsch damals. Unwirklich kam ihr die Auszeichnung vor. Fast märchenhaft, während der anschließenden dreiwöchigen Reise in die USA als „German Queen“ hofiert zu werden. Ausgerechnet sie, die junge Frau vom Land, aus einfachen Verhältnissen, wie sie sich selbst beschreibt. „Niemand hat einen Pfifferling auf mich gegeben damals. Ich war immer eine Alleinkämpferin“, erinnert sie sich.

Friedlinde Gurr-Hirschs Talent – das Netzwerken

Auf sich selbst gestellt zu sein, weckte in Friedlinde Gurr-Hirsch früh den gewissen „Biss“, für den ihr später viele Menschen die Hände schütteln sollten. Und ihr Talent, Netzwerke zu knüpfen, mitzugestalten und Dinge zu verbessern. Auf Händeschütteln und Lächeln möchte Gurr-Hirsch aber nicht reduziert werden – schließlich gehört mehr dazu, wenn man, wie sie, 20 Jahre als CDU-Landtagsabgeordnete erfolgreich Politik für den ländlichen Raum gemacht hat. „Da konnte man ganz speziell Hohenlohe und Franken von Stuttgart aus mit wirksamen Programmen helfen“, erinnert sie sich.


„Mir macht netzwerken Spaß.“
Friedlinde Gurr-Hirsch


Durchsetzungsfähigkeit und diplomatisches Geschick entwickelte die heute 70-Jährige Stück für Stück: als Klassensprecherin, als Leiterin einer Kindergottesdienst-Gruppe, danach im Studium als Fachschaftssprecherin, später als Gemeinde- und Kreisrätin, dann in der Politik auf Landesebene: „Mir macht netzwerken Spaß. Wenn ein Thema oder ein Projekt ansteht, fallen mir immer sofort mögliche Ansprechpartner ein, auf die ich dann zugehen kann“, sagt sie.

Dieses „Standing“ und die Bekanntheit, die sich Friedlinde Gurr-Hirsch über Jahrzehnte erarbeitet hatte, waren nach ihrer Einschätzung möglicherweise ausschlaggebend dafür, dass sie 2020 bei Pro Region den Vorsitz von Jochen K. Kübler übernahm, dem ehemaligen Öhringer Oberbürgermeister. Sie verkörperte einerseits Heimatverbundenheit und gute Kenntnisse der Region, „schon als Regionalrätin bin ich damals im Auto von Ort zu Ort gefahren und war immer wieder bezaubert von der Landschaft und den Menschen“, erinnert sie sich. Andererseits war sie fast seit der ersten Stunde als Einzelmitglied bei Pro Region dabei, „schon ein Jahr nach der Gründung kam ich dazu“, sagt sie. Und sie kannte aus ihrer Zeit als Staatssekretärin viele Entscheider auf allen Ebenen.

Friedlinde Gurr-Hirsch - Gründung Pro Region
Am 14. Juni 1996 wurde beim STIMME Forum unter der Pyramide der Grundstein für Pro Region gelegt. Foto:Pro Region e.V.

Offizielle Gründung von Pro Region 1997

Mehr „Standing“ für die Region, das war auch der Wunsch von Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth, als er am 14. Juni 1996 beim „Stimme Forum unter der Pyramide“ in einer Diskussionsrunde dazu aufforderte, „sich zu wehren und laut Lärm zu machen“. Worum es ihm damals gegangen sei – nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Bürger der Region, formuliert Friedlinde Gurr-Hirsch so: „Wir waren immer in allen möglichen Rankings eine der dynamischten Regionen, aber fanden trotzdem viel weniger Beachtung als zum Beispiel der Großraum Stuttgart.“

Das sollte sich ändern: In Frank Stroh von der IG Metall Heilbronn-Neckarsulm fand Prof. Würth schon während der Diskussionsrunde einen Mitstreiter, am 30. September 1997 traf sich der fünfköpfige Vorstand unter Vorsitz von Prof. Würth und seinem Vize Frank Stroh zur offiziellen Gründung von Pro Region in der Ballei in Neckarsulm. Bis 2010 stand er selbst an der Spitze der Initiative, führte danach noch lange den Vorsitz des Beirats. Inzwischen hat Johannes Schmalzl diesen Posten übernommen, der auch die Stiftung Würth leitet.

Prof. Würths Plädoyer für mehr „Standing“ und „Wir-Gefühl“ hat seit den Anfängen von „Pro Region“ vor fast 30 Jahren viel bewegt: Schon 1998 etablierten sich die Regionaltage, vier Jahre später trafen sich Meinungsbildner aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft zur ersten  „Regionaltafel“ in Neuenstein am Kocher. Viele der Pro-Region-Aktionen tragen bis heute Früchte, hat Friedlinde Gurr-Hirsch festgestellt: Etwa das dreijährige Projekt „Demografische Allianz Heilbronn-Franken“. 26 Kommunen seien 2018 einbezogen worden, um sich mit dem immer drängenderen Problem des demografischen Wandels im ländlichen Raum zu befassen. „Die Erkenntnisse daraus wirken heute noch in den Köpfen der  Kommunalpolitiker nach“, ist Gurr-Hirsch überzeugt – etwa wenn es bei öffentlichen Neubauten wie Kitas um alternative Nutzungsmöglichkeiten in der Zukunft gehe oder um die Attraktivität kleiner Orte, die aber dank Home-Office einen Schub verzeichnet habe.

Größte Bürgerinitiative Heilbronn-Frankens

Ein anderes Musterbeispiel ist aus ihrer Sicht das „Bündnis für Transformation“, das bei einem Pro Region-Regionalabend angestoßen wurde, um Transformationsprozesse im Branchencluster der Automobilbauer und Zulieferer zu unterstützen – und damit auch die regionale Wirtschaft. Unter dem Namen „Transformotive“ ist das Netzwerk längst etabliert.

Unbestritten sichtbar und einflussreich ist die größte Bürgerinitiative Heilbronn-Frankens jedenfalls: annähernd 500 Mitglieder zählt Pro Region, die  Verbundenheit großer Teile der Bevölkerung geht weit über diese Zahl hinaus. „Unseren Erfolg sieht man daran, dass man uns in Stuttgart kennt, dass die Minister kommen, wenn wir einladen, dass wir dank Reinhold Würth Kontakt nach Brüssel und Berlin haben“, sagt die Vorsitzende nicht ohne einen gewissen Stolz. „Unser Erfolgsgeheimnis ist, dass wir schonungslos sagen, was wir für defizitär halten und was in unserer Region ein  Problem werden könnte“. Eine Kämpferin für die Heimat und die Ziele der ersten Stunde von „Pro Region“ ist Friedlinde Gurr-Hirsch seit mehr als einem Vierteljahrhundert. Allerdings kämpft sie schon lange nicht mehr allein, wie damals in ihrer Jugend.                  

Natalie Kotowski

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