Traditionsunternehmen: Jede Krise ist eine Chance

Die Ziehl-Abegg SE setzt bei Krisen auf Innovationskraft und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden. Foto: Ziehl-Abegg

Beim Blick auf deutsche Traditionsunternehmen fällt auf, dass viele von ihnen ihren Sitz in Heilbronn-Franken haben. Wie überstehen erfolgreiche Unternehmen die aktuellen Krisensituationen und was macht gerade Familienunternehmen in der Region langfristig erfolgreich? Wir haben uns in der Region umgehört.

Zehn Jahre, 25 Jahre, 50, 100 oder sogar noch mehr: Manche Unternehmen erreichen ein hohes Alter – während andere schon nach kurzer Zeit die Segel streichen. Firmen, die sich über viele Jahre halten, werden gerne als „Traditionsunternehmen“ bezeichnet. Damit ist allerdings weitaus mehr gemeint als der Faktor Langlebigkeit.

Erfolgreiche Traditionsunternehmen zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie am Zahn der Zeit waren und auf gesellschaftliche Veränderungen gut reagiert haben, um zu überleben. Gerade in Hinblick auf aktuelle Krisen gehen Traditionsunternehmen voran und zeigen, wie diese überwunden werden können. Eines der Unternehmen ist die Leonhard Weiss GmbH, die bereits im Jahr 1900 gegründet wurde und mittlerweile zu den erfolgreichsten Bauunternehmen in Deutschland zählt.

Schwierigkeiten gut meistern

Das Unternehmen mit einem Standort in Satteldorf sieht dabei in jeder Krise auch eine Chance: „Um bestmöglich auf die aktuellen Herausforderungen sowie auf künftige Hürden vorbereitet zu sein, haben wir unternehmensinterne Task-Forces gegründet, die sich mit verschiedenen Schwerpunkten dieser Auswirkungen beschäftigen und entsprechende Handlungsempfehlungen bereitstellen. Mit dieser Einstellung hat Leonhard Weiss bisherige Schwierigkeiten gut gemeistert und sich als verlässlicher Arbeitgeber platziert”, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Alexander Weiss.

Für das ein oder andere Handlungsfeld haben sich dabei laut dem Traditionsunternehmen bereits in den letzten Jahren Herausforderungen angekündigt. Dazu zählt das Thema Fachkräftemangel, das auch die Ziehl-Abegg SE schon lange auf dem Schirm hat. „Der Fachkräftemangel ist kein plötzlich aufkommendes Thema, sondern zeichnete sich schon länger ab. Daher haben wir unsere Marke als attraktiver Arbeitgeber kontinuierlich aufgebaut und sind dabei auch innovative Wege gegangen, wie etwa die frühzeitige Ermöglichung von eSports und TikTok im Unternehmen”, erklärt Dr. Marc Wucherer, Vorstandsvorsitzender des Künzelsauer Unternehmens.

Herausforderungen haben sich abgezeichnet

Nicht nur der Fachkräftemangel, auch die Beschaffung und der neue Umgang mit Energie sind für die Traditionsunternehmen an sich nichts Neues. „Der Strukturwandel hin zu mehr erneuerbaren Energien stand in Deutschland schon lange weit oben auf der Agenda, wurde jedoch gerne zugunsten anderer Themen etwas nach hinten verschoben. Eine Energieknappheit in diesem Ausmaß und mit dieser monetären Härte, ausgelöst durch den Russland-Ukraine-Krieg, konnte jedoch kaum jemand vorhersagen”, erklärt Alexander Weiss.

Bewusstsein schaffen

Als energieintensives Produktionsunternehmen ist unter anderem die Reisser-Schraubentechnik GmbH aus Ingelfingen davon betroffen. „Die steigenden Energiekosten, allen voran der Strom- und Gaspreis, treffen uns im nächsten Jahr mit voller Wucht. Wir stehen daher im nächsten Jahr vor der großen Aufgabe, diese enormen Effekte auszugleichen”, sagt Geschäftsführer Alexander Kimmerle. Gelingen soll dies unter anderem, indem der Fokus auf das Wesentliche gelegt und die Belegschaft sensibilisiert werden soll, Energie einzusparen.

Auch die Wolpert-Gruppe mit einem Sitz in Bretzfeld wurde von der Härte der aktuellen Lage überrascht. „Es kam zu kurzfristig und mit großer Gewalt. Nur mit großem finanziellen Aufwand ist das Ganze zu stemmen”, erklärt Josef Wolpert. Dabei denkt der Geschäftsführer nicht nur an die finanzielle Herausforderung, sondern auch an die Belastung seiner Mitarbeiter. Um mit diesen Themen passend umzugehen, wurde gerade in der Führungsetage der Wolpert-Gruppe darauf geachtet, hier ein Bewusstsein für die Sorgen der Mitarbeiter zu schaffen.

Kontinuität und Verlässlichkeit

Traditions- und Familienunternehmen fühlen sich dabei häufig nicht nur ihren Mitarbeitern eng verbunden, sondern auch ihren Standorten. Eine große Anzahl übernimmt auf vielfältige Art gesellschaftliche Verantwortung. Viele unterstützen die Gemeinschaft mit sozialen und kulturellen Projekten, gerade auch in Krisenzeiten. Über 50 Prozent des Vermögens in gemeinnützigen Stiftungen stammt laut Bundesverband Deutscher Stiftungen aus unternehmerischer Tätigkeit.

Nicht nur bei der Unterstützung von sozialen Projekten sind Traditionsunternehmen in der Region wichtig, auch in Hinblick auf die Produktvielfalt zeichnen sich die Unternehmen aus. Viele davon werden seit mehr als einem Jahrhundert in gleichbleibend hoher Qualität produziert und verkauft.

Doch in Zeiten immer kürzerer Produktzyklen und vieler Innovationen müssen sich gerade Traditionsunternehmen anpassen – an eine flexible Unternehmensführung und eine digitalisierte und vernetzte Welt. Denn nur so bleiben sie am Zahn der Zeit und können weiterhin auf gesellschaftliche Veränderungen gut reagieren.

„Diese neue Dynamik müssen und wollen wir als Unternehmen akzeptieren und das Beste daraus machen. Die Politik kann hier begleiten und Anreize schaffen, und die Unternehmen können im Rahmen ihrer Möglichkeiten geschickt agieren. Das tun wir bei Leonhard Weiss, weil wir wissen, dass wir nur mit dieser Einstellung dauerhaft Bestand haben”, erklärt Alexander Weiss.

Und auch Dr. Marc Wucherer sieht der Zukunft positiv entgegen: „Wir setzen auf die Innovationskraft und die Leistungsbereitschaft unserer Mitarbeitenden. Eine klare Strategie, große Kontinuität und Verlässlichkeit zahlen sich aus!”

Teresa Zwirner