Heilbronn wird digitaler

Moderne hinter historischen Mauern: Die Heilbronner Stadtverwaltung treibt konsequent die Digitalisierung voran. Foto: Stadt Heilbronn/S. Popp

Die Vision der digitalen Stadt Heilbronn nimmt konkrete Gestalt an. 35 digitale Projekte – von Breitbandausbau über eAkte bis zur Schuldigitalisierung – werden bereits umgesetzt. Weitere sind in Planung.

Heilbronn hat eine Vision: Unter dem Titel „Digitale Stadt 2030“ wurde bereits 2019 eine Gesamtstrategie zur Digitalisierung verschiedener Felder vorgestellt. In diesem Jahr hat die Stadtverwaltung nun ihren ersten Digitalisierungsbericht vorgelegt, der aufzeigt, wie weit Heilbronn auf dem Weg zur digitalen Stadt bereits fortgeschritten ist. Der Bericht enthält 102 Digitalprojekte: Davon sind 20 Projekte bereits abgeschlossen, zum Beispiel das digitale Ratsinformationssystem, 35 befinden sich in der Umsetzung und 42 in Vorbereitung.
Hohe Relevanz haben der Breitbandausbau, die Schuldigitalisierung, Open Data sowie elektronische Bezahldienste für den Bürger, aber auch die elektronische Akte in der Verwaltung. „Digitalisierung ist eines der Top-Themen in unserer Arbeit, neben Klimaschutz, Mobilität und dem sozialen Zusammenleben. Digitalisierung zählt zu den größten Herausforderungen unserer Zeit und ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, der alle Bereiche unseres Lebens tangiert“, sagt Oberbürgermeister Harry Mergel. Allein die 35 Projekte, die sich derzeit in Umsetzung befinden, kosten rund 13,5 Millionen Euro. Der Löwenanteil entfällt dabei auf das Projekt Schuldigitalisierung.

„Wir wissen, dass Organisationen mit einem hohen Digitalisierungsgrad eine höhere Krisenresilienz haben“, sagt der städtische Digitalisierungsbeauftragte Thomas Laue, der den Bericht verantwortet. Daher sei es wichtig, intern wie auch extern Modelle der Zusammenarbeit zu entwickeln, die agil und standortunabhängig funktionieren. „Homeoffice und Videokonferenzen sind nur zwei Beispiele, die gerade in der Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen haben. Sie zeigen, wie sehr eine gute Ausgangslage für zukünftige Herausforderungen stärkt“, bekräftigt Laue.

Wichtigste Fortschritte

In Sachen Digitalisierung hat die Stadt Heilbronn bereits einige Meilensteine in verschiedenen Bereichen erreicht. So ist beispielsweise Künstliche Intelligenz (KI) in der Stadtverwaltung im Einsatz. Das Heilbronner Stadtarchiv nutzt ein KI-Programm zur Erkennung und Verwaltung von Mediendaten. Beim eGovernment Wettbewerb 2020 gewann dieses Förderprojekt des Landes Baden-Württemberg den zweiten Platz in der Kategorie „Bestes Projekt zum Einsatz innovativer Technologien“. In Sachen digitale Verwaltung wird die Elektronische Akte (eAkte) eingeführt. Prozesse wie Anfragen und Anträge von Mitgliedern des Gemeinderats, der Bezirksbeiräte und des Jugendgemeinderats konnten bereits erfolgreich digitalisiert und vollständig digital abgebildet werden. Zudem wurde ein digitaler Posteingang eingeführt, der es der Stadt Heilbronn ermöglicht, zukünftig durch den Einsatz digitaler Signaturen mit gerichtsverwertbaren Originalen zu arbeiten.

Auch dem Thema Open Data hat sich die Stadt bereits angenommen. Seit Ende vergangenen Jahres können Interessierte unter opendata.heilbronn.de alle relevanten Daten zu Themen wie Bevölkerung, Wirtschaft und Arbeit abrufen. Das Angebot werde kontinuierlich ausgebaut und solle auch in weiteren Projekten und Kooperationen mit eingebunden werden.
Zwei weitere Themenfelder, die von hoher Relevanz für die Bürger und die in Heilbronn ansässigen Unternehmen sind, befinden sich ebenfalls auf einem guten Weg: Breitbandausbau und Schuldigitalisierung.

Um letzte „weiße Flecken“, sprich unterversorgte Gebiete zu erschließen, hat der Heilbronner Gemeinderat bereits im Mai dieses Jahres eine Vergabeentscheidung für Glasfaser-Breitbandanschlüsse mit Geschwindigkeiten bis zu 1 GBit/s getroffen. Durch die Vergabe sollen nun etwa Aussiedlerhöfe in Horkheim, Randgebiete der Kernstadt sowie Adressen in Neckargartach mit schnellem Internet versorgt werden. Der Ausbau der Breitbandinfrastruktur soll 2022 fertiggestellt werden.

Glasfaser kommt

Der Breitbandausbau im Bereich Gewerbe wird von der Stabsstelle Wirtschaftsförderung begleitet. Bereits im Oktober 2020 wurde eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Deutsche Glasfaser Holding GmbH und der Stadt Heilbronn unterzeichnet. Die Deutsche Glasfaser wird fünf Heilbronner Gewerbegebiete (Böllinger Höfe, Industriegebiet Neckar (Salzstraße), Böckingen West, Böckingen Nord und Biberach) mit Glasfaser-Infrastruktur ertüchtigen. Das entstehende Glasfaser-Netz soll dann durch Vodafone übernommen und betrieben werden.

Funklöcher ade

Was die Mobilfunkinfrastruktur anbetrifft, stehe Heilbronn laut Digitalisierungsbericht gut da. Im Stadtgebiet ist flächendeckend 4G (LTE) über die Anbieter Vodafone, Telekom und Telefónica verfügbar. Die genaue Abdeckung hänge jedoch vom Standort der Mobilfunkmasten der jeweiligen Betreiber ab. Der Mobilfunkstandard 5G ist ebenfalls schon im Stadtgebiet Heilbronn verfügbar. Die größte Netzabdeckung erreicht hierbei die Telekom.

Digitale Schulen

Die Digitalisierung der 35 Schulen in städtischer Trägerschaft ist laut dem Digitalisierungsbericht bereits weit fortgeschritten. Alle Schulen verfügen über Breitbandanschlüsse. Und mit Fördermitteln aus dem „DigitalPakt Schule 2019-2024“, insbesondere mit einem Sofortprogramm aufgrund der Coronapandemie in Höhe von 2,4 Millionen Euro, erwarb die Stadt mehr als 3000 mobile Endgeräte für Schüler sowie rund 1100 digitale Endgeräte für die Lehrkräfte.

Da Schulen komplexe Aufgaben wie Wartung, Services und Betrieb der IT-Infrastruktur vielfach nicht selbst erbringen können, werden zukünftige Rahmenverträge mit externen Dienstleistern benötigt. Dazu werde an einer Lösung gearbeitet. Das Land unterstützt durch das Administratorenprogramm die Stadt Heilbronn mit über 800.000 Euro. Insgesamt stehen den 35 Schulen in städtischer Trägerschaft etwas mehr als 14,5 Millionen Euro für die Digitalisierung zur Verfügung.

Mehr Kooperationen

Die Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren will die Stadtverwaltung weiter vertiefen und durch Kooperationen mit Schulen, Hochschulen und Startups gemeinsame Projekte, Forschungs- und Beteiligungsvorhaben im Umfeld der Digitalen Stadt umsetzen. „Es lohnt sich als Organisation und Gesellschaft insgesamt konsequent in die digitale Transformation zu investieren“, unterstreicht Oberbürgermeister Harry Mergel. So sollen bis Ende 2022 beispielsweise online abrufbare Dienstleistungen für die Bürger über das Service-­BW-Portal des Landes ausgebaut und die Einführung der eAkte im Rathaus weiter vorangetrieben werden.

Um die digitale Transformation der Heilbronner Stadtverwaltung besser steuern zu können, hat die Stadt mit der Umsetzung eines sogenannten „digitalen Reifegradmodells“ begonnen. „Will man in der Digitalisierung wirklich vorankommen, ist es wichtig, eine Organisation ganzheitlich in den Blick zu nehmen. Neben dem Einsatz von Technologie sind Strukturen, die Prozesslandschaft sowie die Organisationskultur und die einzelnen Organisationsmitglieder selbst wichtige Bausteine, die es zu betrachten und zu entwickeln gilt. Dabei hilft uns das Reifegradmodell, in dem zu Beginn der Status quo erfasst und Maßnahmen auf deren Wirkung hin überprüft und angepasst werden können“, sagt der Digitalisierungsbeauftragte Laue.

Neuer Innovationspark

Ein weiteres zukunftweisendes Projekt, das eine hohe Strahkraft verspricht, ist die Ansiedlung des „Innovationspark Künstliche Intelligenz Baden-­Württemberg“. Das Vorhaben wird gemeinsam von der Stadt Heilbronn und der Dieter Schwarz Stiftung vorangetrieben. Der KI-Innovationspark soll auf mindestens 15 Hektar im Gewerbegebiet „Steinäcker“ in Neckargartach entstehen. „Die Entscheidung, den Innovationspark Künstliche Intelligenz Baden-Württemberg in Heilbronn anzusiedeln, bedeutet für uns einen Quantensprung in unserer weiteren Entwicklung zur Wissensstadt und zum starken Zukunftsstandort“, sagt Oberbürgermeister Harry Mergel. „Im zukünftigen KI-Innovationspark Heilbronn wird die Basis für das Leben und Arbeiten von morgen entwickelt – Zukunft made in Baden-Württemberg, Zukunft made in Heilbronn.“

Autor: Dirk Täuber