Alter Schultes ist auch neuer

Es war ein klarer Sieg für Stefan Neumann Anfang Juni – auch wenn er beinahe zu erwarten war. Die Bürger von Künzelsau wollten ihr Stadtoberhaupt auch für die nächsten acht Jahre behalten. Was sich der Familienvater vorgenommen hat? So einiges.

Eine sensationelle Überraschung war es ja nun nicht gerade, dass Stefan Neumann am 3. Juni in seinem Amt als Bürgermeister von Künzelsau bestätigt worden ist. Dennoch hätte es natürlich auch anders kommen können – hätte Gegenkandidatin Ruth Hildegard Henrich, Unternehmensberaterin aus Zweiflingen, mehr beziehungsweise überhaupt Wahlkampf gemacht. Mal abgesehen vom Wahlforum etwa eine Woche vor dem Urnengang hatte man ja kaum etwas von der Konkurrentin mitbekommen.

Schnee von gestern. Jetzt ist jedenfalls der alte Schultes auch der neue, was diesen selbstverständlich freut. „Es ist sehr schön, dass ich wiedergewählt worden bin und ich bin zufrieden mit dem Ergebnis“, sagt Neumann knappe zwei Wochen nach der Wahl in einem Besprechungszimmer des Künzelsauer Rathauses sitzend. Und das kann der Bürgermeister auch, denn dieses fiel mit 87,4 Prozent ziemlich hoch aus. Von der Wahlbeteiligung kann man das hingegen nicht behaupten. Die lag nämlich bei gerade mal 35,5 Prozent. Wie bewertet denn Neumann diese Zahl? „Natürlich würde ich mir mehr Beteiligung wünschen“, räumt der 35-Jährige ein, „aber leider geht der Trend generell zu niedrigen Wahlbeteiligungen – besonders in Städten.

In kleineren Orten, auch in den Künzelsauer Ortsteilen, ist die Wahlbeteiligung besser.“ Nichtsdestotrotz müsse man – gerade im Hinblick auf die Kommunalwahlen im Frühjahr 2019 – das Thema heben und Interesse bei den Bürgern wecken. Und wie? Mit mehr Pressemitteilungen, Berichterstattung in den Künzelsauer Nachrichten und Social Media, so die Antwort. „Wir müssen mehrere Kanäle bespielen sowie Geschichten und Hintergründe zur Kommunalpolitik erzählen“, findet der dreifache Vater. Auch die Schulen müssten stärker involviert werden. Stichwort: Politikverdrossenheit bei Jugendlichen.

Und welche Pläne und Ziele stehen bei dem gebürtigen Brandenburger für die nächsten acht Jahre sonst noch auf der Agenda – außer die Kommunalwahl in den Fokus der Bevölkerung der Kreisstadt des Hohenlohekreises zu rücken? „Infrastruktur, Bildung und schnelles Internet werden große Themen sein“, gibt Neumann einen Einblick. „Wir haben zwar bereits 3,2 Millionen Euro für Glasfaserkabel investiert und sind in den Ortsteilen relativ weit. Doch wir werden das Ganze noch weiterspinnen.“ Nach Möglichkeit sollten die Glasfasern von den Verteilerkästen in die Häuser führen. Bis dieses Vorhaben komplett abgeschlossen ist, werde es allerdings sicherlich noch zehn, fünfzehn Jahre dauern.

Digitale Bürgertheke

In diesem Kontext spielt auch die Digitalisierung eine große Rolle. „Wir möchten zum Beispiel, dass mehr Vorgänge für den Bürger online möglich sind“, erklärt der Master of Public Administration. Hierfür werde die sogenannte digitale Bürgertheke den Weg ebnen. Damit verbunden ist auch ein Umbau der aktuellen Bürgerinfo im Rathaus. „Diese soll freundlich und offen, mit einem dem Bürger zugewandten Charakter gestaltet werden“, kündigt Neumann an. Schließlich solle die persönliche Komponente wichtig bleiben. „Wir wollen eine Verzahnung zwischen der analogen und der digitalen Welt erreichen.“

Was dem Bürgermeister auch noch – nicht zuletzt aus persönlichen Gründen – am Herzen liegt, ist das Thema Familienstadt. Zwar hat Künzelsau in dieser Kategorie schon einiges vorzuweisen, etwa die gebührenfreien Kindergärten, die breite Palette an Bildungseinrichtungen von Grundschulen über Gymnasien bis hin zur Hochschule und ganz besonders die zahlreichen attraktiven Arbeitsplätze. Doch es kommt Neumann und seinem Team ebenso auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, auf die Ganztagesbetreuung von Kindern und die Pflege von Angehörigen an. Hier stellt sich die Rathausmannschaft die Frage: Wie kann man die vorhandenen Angebote weiter verbessern? Und natürlich auch neue schaffen.

„Wenn meine Familie und ich uns hier nicht wohlfühlen würden, wäre ich nicht Bürgermeister von Künzelsau“, räumt der ehemalige Kämmerer ein. Doch das tut er – offenkundig. Und die restlichen rund 15 000 Menschen sollen sich genauso in der Kocherstadt wohlfühlen.

Olga Lechmann

Zur Person
Stefan Neumann ist seit 2010 Bürgermeister von Künzelsau, der Kreisstadt des Hohenlohekreises. Am 3. Juni 2018 ist er mit 87,4 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden und bleibt daher weitere acht Jahre im Amt. Neumann ist in der Uckermark in Brandenburg geboren, hat in Kehl studiert und war zunächst Kämmerer in Forchtenberg sowie in Putzbrunn bei München. 2012 absolvierte er ein berufsbegleitendes Studium zum Master of Public Administration in Kassel.Der 35-Jährige ist verheiratet und hat drei Kinder.