Die Stadt Heilbronn im In- und Ausland zu repräsentieren, ist die Aufgabe des Käthchens. Mit ihren zwei Vertreterinnen nimmt sie an offiziellen Terminen und Eröffnungen teil. Wie das abläuft, erzählt sie uns im Gespräch selbst.
Der Deutschhof hat auf mich eine besondere Wirkung“, erzählt die 19-jährige Corinna Hotzy. „Wenn man dort ist, fühlt es sich ein wenig wie eine Zeitreise an.“ Seit April diesen Jahres ist sie für zwei Jahre das „Käthchen von Heilbronn“. Sie stellt fest: „Privat nimmt man die Stadt nun mit anderen Augen wahr. Bereits jetzt – nach drei Monaten – hat mich die Aufgabe geprägt und meinen Blick verändert. Man sieht, welche schönen Ecken Heilbronn hat.“
Von 2004 bis 2008 war Hotzy bei der Tanzgruppe Majoretten und schon damals eine Botschafterin der Stadt. Dabei stand sie bei Auftritten oft im Rampenlicht. Es war daher keine Frage, dass sie sich für das Amt des Käthchens bewirbt. Auf die Käthchenwahl hat sich Hotzy gut vorbereitet: Aus 40 Fragen besteht der schriftliche Einstellungstest. Hotzy schildert: „Ich habe viele Details über die Stadt erfahren und auch Wissen zu historischen Themen.“ Über die Geschichte Heilbronns und Heinrich von Kleist habe sie durch die Käthchenbewerbung viel gelernt. Sechs der 13 Bewerberinnen überzeugten bei den schriftlichen Fragen und präsentierten sich am 15. April einer Jury. Diese wählte unter Berücksichtigung der Bewerbervideos und des Auftretens das Käthchen mitsamt seinen zwei Vertreterinnen. So hat sich Hotzy gegen zwölf andere Bewerberinnen durchgesetzt. „Meine Familie und meine Freunde haben alle mitgebibbert und waren am Wahlabend dabei. Ich glaube fast, meine Mama war nervöser als ich“, erzählt die junge Frau.
Warum der Dramatiker Kleist Heilbronn als Handlungsort wählte, ist nicht bekannt. „Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe“ ist Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden und wurde 1810 in Wien uraufgeführt. Käthchen ist die Tochter eines Heilbronner Waffenschmieds. Laut Heilbronner Tourist-Information tritt das Käthchen „als Repräsentationsfigur in Form eines ‚realen‘, kostümierten Mädchens schon seit mindestens 1872 in Erscheinung.“ Seit 1950 fungiert es als Symbolfigur für die Stadt. Die Wahl zum Heilbronner Käthchen gibt es seit dem Jahr 1970.
Trotz der inzwischen fast 50-jährigen Tradition bleibt die Figur am Puls der Zeit. Dass das Käthchen im 21. Jahrhundert angekommen ist, zeigt ihr Facebook-Auftritt. Die drei jungen Frauen teilen dort Fotos und Eindrücke von ihren Terminen und veröffentlichen ihren Alltag als Repräsentantinnen. Bei Veranstaltungen ist das Käthchen aktiver und hält auch selbst Reden. Hotzy sieht in der „Modernisierung“ des Käthchens keinen Widerspruch, im Gegenteil: „Die Figur verbindet Moderne und Tradition sehr gut miteinander. Wenn man nach Heilbronn kommt, gibt es auch moderne und historische Aspekte, Projekte und Gebäude. Das Käthchen schlägt die Brücke zwischen Tradition und Moderne.“ Als Beispiele zählt sie den öffentlichen Nahverkehr, die Bundesgartenschau oder die experimenta auf. Die Art und Weise, wie man die jahrhundertealte Figur in die heutige Zeit holt, findet sie sehr gut.
Im normalen Leben macht Hotzy eine Ausbildung zur Finanzassistentin. An der Berufsschule stellen die Lehrer manchmal schmunzelnd fest: „Corinna, wir sehen dich öfter in der Zeitung als im Blockunterricht.“ Hotzy, die auch Klassensprecherin ist, betont: „Zeitmanagement ist alles und wenn man möchte, klappt das super. Mein Käthchenamt und meine Ausbildung lassen sich gut vereinen.“ Pro Käthchen stehen etwa zwei bis drei Termine in der Woche an. Als Ausgleich dazu reitet und kocht die junge Frau gerne mit Freunden. Die gebürtige Heilbronnerin erklärt: „Es ist ein neuer Lebensabschnitt mit vielen unterschiedlichen Terminen und Erfahrungen. Und auf jeden einzelnen Auftritt bin ich gespannt, weil keiner wie der andere ist. Für mich ist es eine Ehre, die Stadt, in der ich aufgewachsen bin und lebe, repräsentieren zu dürfen.“
Inzwischen sei „Käthchen“ auch ihr zweiter Vorname, denn die Leute erkennen sie als solches. Hotzy stellt fest: „Wenn ich im Käthchenmobil unterwegs bin, winken die Menschen mir zu.“ Und es sei schön, wenn die Menschen das machten.
Annika Wieland