Cybersecurity: „Wir müssen uns da schützen, das Thema wird nicht mehr weggehen“

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Gerd Chrzanowski von der Schwarz-Gruppe im Gespräch mit Varinia Bernau, Wirtschaftswoche. Foto: Birgit Kalbacher

Unabhängigkeit, Sicherheit und Souveränität gehören zu den zentralen Beweggründen der Schwarz-Gruppe mit dem ipai in Heilbronn und der eigenen Cloud-Lösung STACKIT in Zukunft verstärkt in die Bereiche KI, IT und Digitalisierung einzusteigen. Auch auf die wichtige Rolle von Ökosystemen und Kooperationen geht Gerd Chrzanowski, Komplementär der Schwarz-Gruppe, beim Gipfeltreffen der Weltmarktführer ein.

„Für uns ist es relevant, dass wir auf uns schauen und die Dinge tun, die wir für richtig halten“, begründet Gerd Chrzanowski unter anderem den Ipai in Heilbronn und den Aufbau einer eigenen Cloud-Lösung. „Und wenn es um Künstliche Intelligenz geht, sehen wir mit dem Ipai unglaubliche Chancen. Sowohl für uns als Unternehmen, als auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Größere Unabhängigkeit von den USA

Ein Ziel, das die Schwarz-Gruppe mit ihren digitalen Projekten verfolgt, ist eine größere Unabhängigkeit von den USA: „Wir sind gerade unterwegs in eine Abhängigkeit bei der Digitalisierung Richtung USA. Als Unternehmen unserer Größe und mit der Schwungmasse, die wir auch haben, sind wir aber in der Lage, da eigene Wege zu gehen und entsprechend auch unabhängig zu sein“, führt Chrzanowski aus. „Das Thema Souveränität schwingt da mit. Wir wollen für uns entscheiden, wo liegen unsere Daten, was passiert mit unseren Daten, an wen werden die weitergegeben oder auch nicht.“

Aus diesem Grund hat die Schwarz-Gruppe mit STACKIT ursprünglich nur für das eigene Unternehmen ein eigenes Cloud-Angebot aufgebaut. Ein weiterer Aspekt waren die Kosten. „Als Discounter müssen wir unglaublich auf unsere Kosten achten, sonst können sie kein Geschäft machen“, so Chrzanowski. „Da brauchte es nur ab und zu eine Rechnung, die sie von den Dienstleistern kriegen und eine Preissteigerung, die am Ende des Jahres aufgerufen wird, um dann zu verstehen, was passiert, wenn sie in einer Abhängigkeit sind. Denn dann müssen sie halt bezahlen. Von daher war das die Initialzündung, wo wir gesagt haben, da müssen wir jetzt was machen.“

Verantwortung für die Daten von Kunden und Mitarbeitern

„Ein weiterer Aspekt ist das Thema Datenschutz. Uns wurde klar, dass wir eigentlich gar nicht so genau wissen, wo unsere Daten liegen, wenn wir sie einem Dienstleister geben. Mit der Datenschutzgrundverordnung haben wir auch eine Verantwortung für die Daten unserer Kunden und Mitarbeiter. Und wenn sie mit den amerikanischen Kollegen sprechen – so richtig befriedigend sind die Antworten, die wir da bekommen haben, eben nicht.“

Inzwischen würden, so Chrzanowski, auch zahlreiche mittelständische und große Unternehmen – darunter Dax-Konzerne – sowie die ein oder andere Behörde, bei ihnen anfragen und sich dafür interessieren, wo ihre Daten liegen.

Der Mittelstand braucht Cybersecurity

Echte Sorgen macht sich Chrzanowski um den Mittelstand mit Blick auf die Themen Digitalisierung und Bürokratisierung: „Beim Thema Digitalisierung gibt es drei Dinge, die entscheidend sein werden: Das eine ist Geld. Das andere ist Geld. Und das andere ist Geld. Das heißt, ich brauche Geld für die besten Leute, ich brauche Geld für die beste Software und ich brauche Geld für die beste Hardware.“ So seien etwa bei der Schwarz-Gruppe die Themen Cloud- und Cybersecurity sehr wichtige Themen. „Doch Cybersecurity-Spezialisten gibt es nicht am Markt wie Sand am Meer. Das geht über Benefits, Gehalt, Entwicklungsmöglichkeiten etc. Und der Mittelstand wird perspektivisch Probleme bekommen, diese Cybersecurity-Spezialisten für sich einsetzen zu können. Der Mittelstand wird aber Cybersecurity brauchen, denn die Angriffe sind massiv“, sagt Chrzanowski.

Als Beispiel nennt er eine Erfahrung der Schwarz-Gruppe am Anfang des Ukrainekriegs: Zu Beginn, als die Menschen an den Grenzen festsaßen und es kalt war, habe das Unternehmen humanitäre Hilfe im Wert von mehreren Millionen Euro an die Grenze geliefert, ohne es jemandem zu sagen. Nachdem es aber klein in einer bekannten Zeitung gestanden habe, seien die Cyberangriffe noch am gleichen Tag um mehr als das Hundertfache gestiegen, von sonst 2500 bis 3500 pro Tag auf 350.000. „Hätten wir diese Cybersecurity-Software nicht im Einsatz gehabt, wären wir hundertprozentig in die Knie gegangen“, so Chrzanowski. „Wir müssen uns da schützen, denn das Thema wird nicht mehr weggehen.“

Bausteine für die Zukunft: Ökosysteme und Kooperationen

In Ökosystemen und Kooperationen sieht Gerd Chrzanowski zwei wichtige Bausteine für die Zukunft: „Dass man miteinander spricht, dass man sich austauscht, dass man sich kennenlernt und dass man sich öffnet und bereit ist, jemand anderem die Hand zu reichen.“ Eine Richtung, die auch die Schwarz-Gruppe nun einschlagen wolle. „Für uns wird das Thema Ökosystem immer wichtiger. Deswegen die Partnerschaften mit den Bauern, aber auch die Partnerschaft mit Lieferanten.“

Diese Öffnung und Einladung, mitzumachen, verfolge das Unternehmen auch in den Bereichen Cybersecurity, Cloud und Künstlicher Intelligenz: „Die Tatsache, dass wir Mittelständlern die Möglichkeit geben, auf einem so hohen Niveau Cybersecurity, Cloud und KI mitdenken zu können, weil sie es allein auf diesem Niveau nie tun könnten, das ist der Weg, dass man sich gegenseitig die Hand reicht und sich öffnet. So entsteht ein Ökosystem, das uns alle stärker macht und das dem Mittelstand die Möglichkeit gibt, beständig zu bleiben. Denn ohne den Mittelstand, das muss man klar sagen, wird Deutschland definitiv in die Knie gehen“, ist Gerd Chrzanowski überzeugt.

Birgit Kalbacher