„Die Maßnahmen lohnen sich“

Auch massive Ausbrüche des Coronavirus lassen sich eindämmen. Das zeigt das Beispiel Kupferzell. Der einstige Hotspot lieferte dem Robert-Koch-Institut wichtige Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung.

Mehr als 30 Millionen Menschen haben sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie weltweit mit dem Virus infiziert, Tendenz steigend. Auch in Deutschland steigt die Zahl der täglichen Neuinfektionen wieder an und ist Mitte September über die 2000er-Marke geklettert. Im einstigen Hotspot Kupferzell war die Lage zu diesem Zeitpunkt ruhig. Doch im März hatte die Gemeinde im Hohenlohekreis ein massives Ausbruchsgeschehen zu verzeichnen. Als Ursprung konnte ein Kirchenkonzert im Teilort Eschental identifiziert werden. „Wir hatten ein hochdynamisches Fallgeschehen“, berichtet Landrat Matthias Neth. Die Zahl der Infizierten kletterte schnell auf über 100. Dank konsequenter Kontaktverfolgung und weiteren Maßnahmen sei es gelungen, die Infektionsketten zu durchbrechen.

Corona-Studie

Die gelungene Eindämmung wurde durch das Robert-Koch-Institut (RKI) bestätigt, das Kupferzell als ersten Ort für seine Studie „Corona-Monitoring lokal“ auswählte. Untersucht wurden im Zeitraum vom 20. Mai bis 9. Juni 2203 erwachsene Probanden, gut ein Drittel der Bevölkerung Kupferzells. Dabei waren keine aktiven Infektionen mehr feststellbar. Durch lokale Erhebungen in Gemeinden mit hohem Infektionsgeschehen – weitere Studienorte sind Bad Feilnbach und Straubing – erhofft sich das RKI verbesserte Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung. Es wurden Rachenabstriche gemacht und Blutproben genommen, um Antikörper nachzuweisen. Darüber hinaus wurden Daten zum Gesundheitszustand, zu Vorerkrankungen, aber auch zum Verhalten sowie zu den Lebensverhältnissen der Menschen abgefragt. Die Auswertung der Befragungen steht noch aus. Erste Erkenntnisse aus Kupferzell stellte Projektleiterin Dr. Claudia Santos-Hövener Mitte August vor.

7,7 Prozent der Kupferzeller hatten sich mit Sars-CoV2 infiziert und Antikörper im Blut. Dabei lag der Anteil bei Frauen (8,7 Prozent) leicht höher als bei Männern (6,7 Prozent). 16,8 Prozent der Personen mit Antikörper-Nachweis hatten keine Symptome. 83,2 Prozent hatten mindestens ein Symptom. Mit Blick auf die Dunkelziffer wurden 3,9-mal mehr Fälle nachgewiesen als bislang bekannt. Bei 28,2 Prozent der Probanden mit positivem Sars-CoV2-Test konnten keine Antikörper im Blut nachgewiesen werden. „Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass keine Immunität besteht“, sagt Santos-Hövener.

Lehren aus Kupferzell

Für Prof. Lars Schaade, Vizepräsident des RKI, zeige das Beispiel Kupferzell, „dass man die Virusübertragung in der Bevölkerung durch geeignete Maßnahmen unterbrechen kann – und zwar selbst dann, wenn es noch viele empfängliche Personen gibt.“ Entsprechend bescheinigt Stefan Brockmann, Leiter des Referats Gesundheitsschutz und Epidemiologie beim Landesgesundheitsamt, dem Hohenlohekreis eine vorbildliche Arbeit bei der Eindämmung des Virus. Es sei an der Zeit, den Hohenlohekreis und Kupferzell als Hotspot zu vergessen.

Für Landrat Matthias Neth sind vor allem drei Erkenntnisse wichtig. Erstens: „Es gab keine Infektionsherde, die wir übersehen haben.“ Das zeige, dass die Maßnahmen gegriffen haben und auch die Strategie, symptomatisch zu testen, gut war. Zweitens liege die Dunkelziffer erfreulicherweise in einem Bereich, den man erwartet habe, und nicht deutlich höher. Drittens werde der Kreis angesichts der Zahl asymptomatischer Fälle weiterhin wachsam sein und überlegen, „wie massive Ausbruchsgeschehen auf Großveranstaltungen verhindert werden können.“

Christoph Spieles, Bürgermeister von Kupferzell, mahnt zur Wachsamkeit: „Abstand und Hygieneregeln sind weiterhin unabdingbar. Das Virus ist nicht aus der Welt.“ Auch Schaade betont angesichts weltweit steigender Fallzahlen, dass es sehr wichtig ist, die Regeln einzuhalten. „Die Maßnahmen lohnen sich. Sie schützen den überwiegenden Teil der Bevölkerung.“

Dirk Täuber