Die vielen Gesichter des Nachhaltigen Bauens

Nachhaltiges Bauen
Die Baumaterialien selbst und ihre Herstellung sind ein wichtiger Aspekt des Nachhaltigen Bauens. Es gibt aber noch weitere - dazu gehört beispielsweise der soziale Aspekt. Foto: Adobe Stock/ Romolo Tavani

Nachhaltig Bauen“ liegt im Trend – und hat sich inzwischen zu einer Art Modebegriff entwickelt. Dabei geht es jedoch um weit mehr als die reine Betrachtung ökologischer Themen oder Aspekte der Energieeffizienz. Das zeigt ein Blick auf das Verständnis vom „Nachhaltigen Bauen“ der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. – DGNB e.V.

Die DGNB stellt ihren Nachhaltigkeitsansatz, den sie mit all ihren Aktivitäten verfolgt, auf drei Säulen: Ökonomie, Ökologie und Soziales. Auf die Bautätigkeit lässt sich dies wie folgt übertragen:

  • Ökonomisch werden Gebäude wirtschaftlich sinnvoll und über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet. Das bedeutet, dass sie so geplant, gebaut und benutzt werden, dass sie langfristig genutzt werden können.
  • Die Ökologie impliziert den ressourcen- und umweltschonenden Bau von Gebäuden. Ziel ist die Vermeidung von Schad- und Risikostoffen, eine klimafreundliche Bauweise und die Förderung von Biodiversität.
  • Im Fokus des Sozialen stehen die Nutzenden der Gebäude. Ihre Wünsche nach Gesundheit, Komfort und Wohlbefinden sollten hier bei der Planung im Mittelpunkt stehen.

Nachhaltiges Bauen muss aus Sicht des DGNB also unterschiedliche Dimensionen in Einklang bringen. Da die Gewichtungen allein der drei genannten Säulen je nach Objekt sehr verschieden sein können, gibt es keine allgemeingültigen Lösungen. Vielmehr müssen sie individuell gelöst werden. „Beim Nachhaltigen Bauen geht es darum, mit den vorhandenen Möglichkeiten das Maximale im Sinne einer ganzheitlichen Qualität herauszuholen. Oder anders gesagt: Um bessere Gebäude und Quartiere“, heißt es bei der DGNB.

Verschiedene Baustoffe und ihre Ökobilanz

Im Sinne der Nachhaltigkeit beim Erbauen eines Gebäudes lohnt sich ein Blick auf die verschiedenen Baustoffe. Neben Vorgaben von Behörden spielen hier auch eigene Wünsche natürlich eine Rolle.

Eine positive Ökobilanz – vor allem aufgrund ihrer langen Lebensdauer – erreichen Beton, Ziegelsteine sowie Porenbeton. Ein weiteres Plus: Mit dem entsprechenden Aufbau lässt sich mit Ziegeln und Porenbeton eine gute Wärmedämmung erreichen. Des Weiteren ist Beton teilweise recyclefähig. Der Nachteil aus ökologischer Sicht bei den drei genannten Baustoffen ist ihre energieintensive Produktion. Hinzu kommt beim Bau mit Beton eine schlechte Wärmedämmung.

Als nachhaltig gilt Holz – denn Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und lässt sich mit geringem Energieaufwand bearbeiten. Wichtig hierfür ist, dass das verwendete Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt und nicht mit Giften für die Schädlingsbekämpfung belastet ist.

Die Produktion von Verbundbaustoffen – beispielsweise Stahlbeton, Faserbeton oder Stahlfaserbeton – ist zum einen nicht nachhaltig und zum anderen sind diese Baustoffe oft nicht recyclingfähig. Je nach Aufbau positiv ist jedoch ihre gute Wärmedämmung.

Bei den nachhaltigen Dämmstoffen haben solche auf Holz-, Zellulose- sowie Hanf- und Strohbasis die Nase vorne, da es sich bei ihnen allen um nachwachsende Rohstoffe handelt. Wichtig beim Holz ist auch hier die Verwendung aus nachhaltiger Forstwirtschaft.

Erdölbasierte Dämmung – beispielsweise Polystyrol – sowie Mineral- und Glaswolle haben zwar den Vorteil guter bis sehr guter Dämmeigenschaften. Diese gehen jedoch zum einen zu Lasten einer energieintensiven Produktion und bei der erdölbasierten Dämmung kommt außerdem die problematische Entsorgung hinzu. Im Falle eines Brandes können zudem Giftstoffe freigesetzt werden.

Zu den besonders vielseitigen Biobaustoffen zählt Hanf. Bei dem schnell nachwachsenden Rohstoff gibt es keine ökologischen Nachteile, aber häufig Mehrkosten beim Kauf und der Verarbeitung.

Nachhaltiges Bauen: Die Kunst des Weglassens

„Das umweltverträglichste Material ist dieses, welches ich zunächst gar nicht einbaue. Es stellt sich immer die Frage, wie viel brauche ich wirklich, was kann ich weglassen, kann ich Materialen einsparen?“, sagt Felix Jansen, Abteilungsleiter PR, Kommunikation und Marketing Director PR, Communications and Marketing der DGNB e.V. Aus seiner Sicht kann – etwa mit Blick auf die Herstellung von klimaneutralem Beton – „grundsätzlich kein Produkt klimaneutral sein“, trotzdem gibt er zu, dass „sehr viel getan wird in der Branche, um klimaschonender zu produzieren.“ Jansen: „Das Bewusstsein nachhaltiger zu bauen ist in den vergangenen zwei bis drei Jahren gestiegen. Dabei kommen ein paar Dinge zusammen: Im gewerblichen Bereich die EU-Richtlinien, dazu noch die Förderungen, die man erhalten kann, aber nur, wenn nachhaltig gebaut wird.“ Weniger gut sieht es im privaten Bereich aus. „Die vergangenen Jahre waren geprägt durch die Niedrigzinsphase und Bauen im privaten Bereich war eher ein Selbstläufer“, so Jansen.

Vier Schwerpunkte des Nachhaltigen Bauens

Im Rahmen des nachhaltigen Bauens unterschiedet die DNGB vier übergeordnete Sichtweisen, die unterschiedliche Schwerpunkte in den Fokus stellen:

  • Klimagerechtes Bauen stellt die CO2-Emissionen in den Mittelpunkt, welche bei der Produktion, durch die Transportwege und während der Lebensdauer insgesamt anfallen. Hier fällt beispielsweise die Bilanz von Beton, aufgrund seiner schlechten Bilanz bei der Herstellung, wesentlich schlechter aus als bei Holz als nachwachsendem Rohstoff.
  • Die Rolle des Zirkulierenden Bauens rückt zunehmend in den Fokus. Hierbei geht es darum, welche Materialien bereits vorrätig sind, welche wiederverwertet werden können, inwieweit diese am Ende recycelt werden können oder als Sondermüll deklariert werden müssen – wobei Letzteres natürlich zu einer erheblich schlechteren CO2-Bilanz führt, die es zu vermeiden gilt.
  • Gesundes Bauen setzt voraus, dass sich die künftigen Nutzer des Gebäudes darin wohlfühlen. Wichtig ist hierbei in erster Linie, dass keine Schadstoffe verbaut werden.          
  • Sozialverträgliches Bauen rückt die Schlagworte Lieferketten und bezahlbaren Wohnraum in den Mittelpunkt. Zum einen: Unter welchen Bedingungen sind die Materialien und die Gebäude entstanden? Und zum anderen: Sind sie bezahlbar, wer kann sie sich leisten und was müssen sie bieten, damit sich die Menschen darin wohlfühlen?

Felix Jansen ist sich sicher: „Nachhaltiges Bauen muss nicht teurer sein – es kommt nur auf die richtigen Materialien und Informationen an. Daher lohnt es, sich frühzeitig und umfassend mit dem Thema zu befassen.“ Aus eigenem Interesse, im Rahmen des Budgets und im Sinne der Nachhaltigkeit. 

Ralph Rolli