Diversität spielt in der Arbeitswelt eine große Rolle

Diversity spielt in der Unternehmenswelt eine immer wichtigere Rolle. Foto: Adobe Stock/Rawpixel.com

Von Vielfalt ist in unterschiedlichen Lebensbereichen die Rede. Insbesondere in der Arbeitswelt spielt Diversität eine große Rolle. 
Stefan Kiefer, neuer Geschäftsführer der Charta der Vielfalt, erklärt, warum das Thema derart an Bedeutung gewonnen hat.

Herr Kiefer, Sie waren noch vor kurzem Vorstandsvorsitzender der DFL-Stiftung. Wo liegen für Sie die größten Unterschiede im Hinblick auf Diversity zwischen Profifußball und Wirtschaftsunternehmen?

Stefan Kiefer: Wenn Sie sich die 36 Proficlubs der Bundesliga und der Zweiten Bundesliga ansehen, werden Sie feststellen, dass es sich hierbei um mittelständische Unternehmen handelt. Insofern sind die Unterschiede zunächst sehr gering. Mit Blick auf Diversity & Inclusion gibt es auch schon eine Vielzahl von Vereinen und Kapitalgesellschaften, die hier eine vorbildliche Arbeit leisten. Aber wie in allen anderen Wirtschaftszweigen auch gibt es im Profifußball noch viel zu tun.

Seit Januar sind Sie nun Geschäftsführer im Verein Charta der Vielfalt. Was haben Sie seither angestoßen und was steht noch alles auf Ihrer Agenda?

Kiefer: Die ersten Wochen standen im Zeichen des Lernens und des Kennenlernens. Zwar konnte alles nur digital stattfinden, doch insgesamt ist es gut gelungen. Im nächsten Schritt wird es darum gehen, die Themen des Vereins nicht nur gemeinsam mit den Organisationen und deren Führungsebenen weiter zu bearbeiten, sondern auch deren Belegschaften zu erreichen. Hier einen viel stärkeren Wissenstransfer zu schaffen, ein Verständnis für Diversity zu bewirken und die Vorteile erlebbar zu machen, wird ein wichtiger Prozess sein, um auch in die Gesellschaft zu wirken.

Ihr Ziel ist ja, die Arbeitswelt dauerhaft auf Vielfalt einzustellen.
Wie gehen Sie konkret dabei vor?

Kiefer: Die Charta der Vielfalt bringt die Anerkennung, Wertschätzung und Einbeziehung von Diversity in der Arbeitswelt voran. Denn vielfältige Teams helfen den Fachkräftemangel auszugleichen, erschließen neue Zielgruppen und Märkte, bringen bessere Lösungen und innovativere Produkte. Vor allem aber stellen sie mit Diversity Management den Menschen in den Mittelpunkt Ihres Unternehmens. Diversity ist eine Haltung. Diese Erkenntnisse sind bereits in vielen Unternehmen und Institutionen tief verwurzelt. Nun muss man vom Denken und Reden ins Handeln kommen.

Wie stehen denn deutsche Unternehmen in Sachen vorurteilsfreiem Arbeitsumfeld da?

Kiefer: Diversity ist längst Realität im Selbstverständnis unserer Gesellschaft. Das haben auch deutsche Unternehmen und Institutionen erkannt. Immer mehr Arbeitgeber setzen auf eine vorurteilsfreie und wertschätzende Kultur. Das zeigt zum einen
unser stetig wachsendes Netzwerk mit mehr als 3900 Unterzeichner_innen mit mehr als 14 Millionen Beschäftigten. Es spiegelt sich aber auch in der Wahrnehmung von Diversity innerhalb der Organisationen wider, wie unsere Studie Diversity Trends belegt.

Diversity-Netzwerk Heilbronn-Franken

Gibt es eine Branche, die besonders dadurch hervorsticht, dass sie ihre Mitarbeiter unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Religion und sexueller Orientierung wertschätzt und Vielfalt fördert?

Kiefer: Jede Organisation und damit jede Branche ist anders und hat andere Schraubstellen, an denen angesetzt und gearbeitet werden muss. Das sieht man besonders an unseren Vereinsmitgliedern. Hier haben wir es mit DAX-Unternehmen und Organisationen aus sehr unterschiedlichen Sektoren und Bereichen zu tun, die gleichwertig Vielfalt fördern und trotzdem andere Themenschwerpunkte setzen müssen.

Haben Sie ein Beispiel für ein Unternehmen in der Region Heilbronn-Franken, das sich hier besonders hervortut?

Kiefer: Unter unseren Unterzeichnern ist unter anderem das Diversity-Netzwerk Heilbronn-Franken. Es wurde 2018 ins Leben gerufen und organisiert jährlich Schulungen, Veranstaltungen und Webinare, die von vielen Unternehmen und Institutionen in der Region wahrgenommen werden.

Sie sagten, die Zahl Ihrer Unterzeichner steigt kontinuierlich an. Wodurch hat Diversity derart an Bedeutung gewonnen?

Kiefer: Die Präsenz liegt zum einen an einem gesellschaftlichen Wandel, der durch spezifische Ereignisse rund um Bewegungen wie Black Lives Matter und MeToo an Dynamik gewinnt. Es liegt aber auch daran, dass sich Organisationen, die erfolgreich sein wollen, mit Diversity auseinandersetzen müssen. Der Anspruch zeigt sich zudem an der Beteiligung am Deutschen Diversity-Tag, die auch in diesem Jahr mit zahlreichen Organisationen, aber auch Privatpersonen enorm zugenommen hat.

Wie ist für Bewerber erkennbar, dass ein Unternehmen zu den Unterzeichnern der Charta der Vielfalt gehört?

Kiefer: Die meisten Unternehmen und Institutionen geben das bereits im Stellenausschreiben an. Es wird betont, dass als Unterzeichner_in der Charta der Vielfalt für eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur eingestanden wird und alle Interessierten willkommen sind. Manchmal hilft es auch, sich auf der Unternehmenswebseite oder unserer Unterzeichner-Datenbank umzusehen.

Aus welchen Gründen könnte es für potenzielle neue Mitarbeiter ein wichtiges Kriterium sein, dass ihr Wunschbetrieb sich dem Thema Diversity verschrieben hat?

Kiefer: Entwicklungen wie Digitalisierung, Globalisierung und der demografische Wandel kommen auch hier zum Tragen. Aktuell strömt die erste Generation der Digital Natives auf den Arbeitsmarkt. Und mit ihnen ein neues Bewusstsein wie auch ein steigender Anspruch an modernisierte Arbeitsmodelle. Vor allem aber wollen sich Mitarbeitende in einem Arbeitsumfeld bewegen, in dem sie sich auch persönlich voll ausleben können, um so ihr ganzes Potenzial auszuschöpfen.

Interview von Olga Lechmann

 

Zur Person:

Stefan Kiefer ist Geschäftsführer des Charta der Vielfalt e. V. in Berlin. Zuvor hatte er sechs Jahre lang die Position als Vorstandsvorsitzender der DFL-Stiftung inne. Von 2000 bis 2014 war er in verschiedenen Funktionen für die Evangelische Kirche in Deutschland tätig und hat in dieser Zeit nebenberuflich die erste ehrenamtliche Organisation im deutschen Profifußball bei Hannover 96, die Volunteer-Organisation, aufgebaut und zehn Jahre lang geleitet.