Noch während der Krise an die Zeit danach zu denken, ist unerlässlich, um die Weichen für die Zukunft eines Unternehmens zu stellen. Das haben zwei Firmen aus Heilbronn-Franken – und zweifellos noch viele andere – getan. Hygienekonzept, mobiles Arbeiten und Digitalisierungsschub sind dabei Schritte auf dem Weg zum Neuanfang.
Als die Atemwegserkrankung Covid-19 vor mittlerweile einem Jahr und vier Monaten zur Pandemie erklärt wurde, war von Politik, Industrie und Gesundheitswesen schnelles Handeln erforderlich. Das hieß für viele Unternehmen, praktisch über Nacht Vorkehrungen zu treffen, um ihre Produktionen am Laufen zu halten. Denn eben nicht nur Not macht erfinderisch – auch eine Krise tut dies. In Heilbronn-Franken, das im Bundesland der Tüftler und Schaffer liegt, sind Kreativität und Erfindergeist alles andere als rar, weshalb die hiesigen Unternehmen die Herausforderungen durch Corona meist souverän bewältigt haben – wie zwei Beispiele zeigen.
Hotline eingerichtet
Der Ventilatoren- und Motorenhersteller Ebm-Papst mit Sitz im hohenlohischen Mulfingen hat im April 2020 für seine gesamte Unternehmensgruppe ein Hygienekonzept auf den Weg gebracht. Dieses bietet den Beschäftigten bis heute Sicherheit und gewährleistet den reibungslosen Betrieb. Neben einer umfangreichen Maskenpflicht werden Selbsttestungen und punktuelle Schnelltests durch unsere Betriebssanitäter vorgenommen. Darüber hinaus sind ein ausgeprägtes mobiles Arbeiten sowie eine Coronahotline für unsere Mitarbeitenden, für die unser Gesundheitsmanagement zuständig ist, Teil des Konzepts“, erläutert Hauke Hannig, Pressesprecher der Ebm-Papst-Gruppe sowie Leiter der Gruppenkommunikation und Politik.
Des Weiteren sei eine Corona-Krisen-Task-Force-Gruppe mit Mitgliedern aus Fachbereichen, Geschäftsführung und Betriebsrat ins Leben gerufen worden, in der Maßnahmen anhand der Gefährdungslage schnell und effektiv entwickelt und gesteuert werden. „Mit dem Konzept und durch den großen Zusammenhalt der Belegschaft ist es uns gelungen, Ausbrüche zu vermeiden“, fährt Hannig fort. Auch jetzt, wo die Fallzahlen und Inzidenzen sinken, halte der Ventilatorenexperte an dem etablierten Hygienekonzept fest. Zusätzlich kommen seit dem 10. Juni, mit Aufhebung der Priorisierung bei der Reihenfolge, Mitarbeiterimpfungen hinzu.
Mittlerweile ist es ja bei allen in Fleisch und Blut übergegangen, einen Mund-und-Nasenschutz bei der Arbeit aufzusetzen. Doch als das Tragen von Masken im Betrieb Pflicht wurde, musste man sich erst einmal daran gewöhnen. Deshalb hat Ebm-Papst vergangenes Jahr Plakate gestalten lassen, die Beschäftigte mit Mundschutz zeigen. Auf blauem Hintergrund ist in Weiß zu lesen: „Wir tragen Verantwortung. Maske auf!“ Sie hängen an allen Standorten des Unternehmens prominent aus. Und wie geht es nun weiter – nachdem der Lockdown zu Ende und Normalität absehbar ist? Was hat Ebm-Papst fit für einen Neustart gemacht? „Wir haben bereits von Beginn an die Pandemie sehr ernst genommen und kontinuierlich unsere Hygienemaßnahmen optimiert und den Gegebenheiten angepasst“, antwortet der Pressesprecher.
Arbeiten im Split-Team-Modus
Zudem habe das Unternehmen in den vergangenen Monaten bereits die Weichen für die Zeit nach den Einschränkungen gestellt und beispielsweise die Regelung für umfangreiches mobiles Arbeiten auch nach der Pandemie beschlossen, ebenso wie eine vorläufige Fortführung der Hygienemaßnahmen in verschiedenen Stufen bis hin zum Impfen der Belegschaft. „Bis zu 80 Prozent ihrer Arbeitszeit können Beschäftigte an einem Ort außerhalb des Unternehmens leisten“, informiert Hannig.
Knapp 40 Kilometer weiter südlich, in der Kreisstadt Schwäbisch Hall, hat die Bausparkasse Schwäbisch Hall AG ihren Sitz. Sehr frühzeitig wurde dort auf die steigenden Infektionszahlen im Frühjahr 2020 reagiert. „Mit Beginn der Pandemie galt es, die Mitarbeiter besonders zu schützen. Daher hat der interne Krisenstab sehr schnell klare Abstands- und Hygieneregeln innerhalb der Hauptverwaltung eingeführt und alle Mitarbeiter mit entsprechender Technik für mobiles Arbeiten ausgestattet, verbunden mit der Aufforderung, von zu Hause zu arbeiten, wo es möglich war“, erinnert sich Sebastian Flaith, Pressesprecher bei der Bausparkasse. Innerhalb weniger Tage wurden hunderte von Kollegen mit Laptops und sicherem Datentunnel zur Hauptverwaltung ausgestattet.
„Zusätzlich arbeiten Teams in geschäftskritischen Prozessen sicherheitshalber im Split-Team-Modus. Diese Kollegen sind also nur im Wechsel anwesend“, erklärt Flaith. Bereits vor Ausbruch der Coronakrise hat die mit sieben Millionen Kunden größte Bausparkasse Deutschlands ein Zielbild für das Arbeiten der Zukunft konzipiert. Die Erfahrungen durch die Pandemie hätten schließlich bestätigt, dass man mit diesem Zielbild auf dem richtigen Weg sei.
„Es wird nach der Pandemie zu einer Mischform von mobilem Arbeiten und Arbeiten im Büro kommen. Die Konzepte dazu und die individuelle Ausgestaltung für die Zeit nach Corona arbeiten wir derzeit aber erst aus – wie die allermeisten Unternehmen in Deutschland auch“, informiert der Pressesprecher. Fest steht jedoch schon zum jetzigen Zeitpunkt, dass neben mobilem Arbeiten und Desk- Sharing auch neue Arbeitszeitmodelle oder der gezielte Ausbau des agilen Arbeitens einzelner Einheiten etabliert werden sollen.
Schub bei Digitalisierung
Obwohl sich die Inzidenzen kreis-, landes- und bundesweit aktuell im Abwärtstrend befinden, gehen bei der Bausparkasse immer noch rund 80 Prozent der Beschäftigten ihren Aufgaben im Homeoffice nach. Im März vergangenen Jahres waren es wochenlang bis zu 90 Prozent, die ihre Arbeit fast ausschließlich vom heimischen Schreibtisch aus ausgeübt haben.
Dass jede Krise nicht nur negative Auswirkungen hat, sondern auch Chancen für Neues mit sich bringt, kann auch die Bausparkasse bestätigen. Denn dort wurde im Zuge von Corona das Thema Digitalisierung immens vorangetrieben. „Es gab definitiv einen Schub auf der sogenannten letzten Meile“, weiß Flaith. „Obwohl wir Videoberatung und Kundenbetreuungschats schon länger anbieten, ist auf Kundenseite die Akzeptanz für die digitale Beratung mit Beginn der Pandemie deutlich angestiegen.“ Nun sei sie selbstverständlich und bleibe fester Bestandteil des Beratungsangebots, versichert der Pressesprecher.
Olga Lechmann