Erfinderland Baden-Württemberg hat weiter die Nase vorn

Die Entwicklungen in den Bereichen Digitalisierung und Batterietechnik haben 2023 zu besonders vielen Patentanmeldungen geführt. Foto: Sufyan/AdobeStock

Ein ermutigendes Zeichen in schwierigen Zeiten: Deutsche Unternehmen haben 2023 wieder deutlich mehr Patente angemeldet. Klarer Spitzenreiter ist Baden-Württemberg.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr von Unternehmen, Forschungseinrichtungen sowie freien Erfindern 58.656 Erfindungen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zum Patent angemeldet. Das sind 2,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, heißt es in der Pressemitteilung des DPMA.

„Dass die Innovationstätigkeit deutscher Unternehmen merklich anzieht, ist ein ermutigendes Zeichen in wirtschaftlich schwieriger Zeit“, sagte DPMA-Präsidentin Eva Schewior. „Geschützte Innovationen stärken die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und sind ein Treiber für Wohlstand und Fortschritt in unserer Gesellschaft.“ Damit scheint der rückläufige Trend, der 2020 mit der Corona-Pandemie einsetzte gebrochen.

Neben den Patentanmeldungen steigt auch die Zahl der wirksamen Prüfungsanträge – ein weiterer wichtiger Indikator für die Innovationskraft. Anmelder haben beim DPMA sieben Jahre Zeit, für ihre Patentanmeldung einen Prüfungsantrag zu stellen und damit das Prüfungsverfahren in Gang zu setzen, um die betreffende Erfindung zum Patent zu führen. 2023 wurden beim DPMA 43.808 Prüfungsanträge wirksam.

Patentstatistik: Baden-Württemberg weit vor Bayern

Seinem Namen als Erfinderland Ehre macht Baden-Württemberg: Es führt inzwischen mit großem Abstand mit 14.648 Patentanmeldungen – das sind 9 Prozent mehr als noch 2022 – das Ranking der Länder an, gefolgt von Bayern mit 10.805 Anmeldungen (+2,4%) und Nordrhein-Westfalen mit 5.527 Anmeldungen (+4,4%).

Zuwächse bei Gebrauchsmustern und im Markenbereich

Bei den Gebrauchsmustern sind die Anmeldungen im Vergleich zu 2022 um 2,5 Prozent auf 9709 gestiegen. Die Zunahme ist auf die höhere Nachfrage aus dem Ausland, insbesondere aus China, zurückzuführen. Wie Patente schützen Gebrauchsmuster technische Erfindungen. Im Gegensatz zum Patent werden diese allerdings vor der Eintragung nicht auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit geprüft.

Einen Zuwachs an nationalen und internationalen Anmeldungen verzeichnete das DPMA zudem im Markenbereich. 78.695 Marken wurden 2023 neu angemeldet und damit 1,6 Prozent mehr als noch 2022. Mit 3774 waren die Designanmeldungen leicht rückläufig um 1,5 Prozent. In einer Designanmeldungen können bis zu 100 Einzeldesigns zusammen eingereicht werden. Auffällig war hier, dass in den Anmeldungen weniger Designs zusammengefasst wurden als im Vorjahr (28.934 Designs, -14,4%).

Innovationstreiber Digitalisierung und Batterietechnik

Im Patentbereich setzten sich mehrere Techniktrends der vergangenen Jahre fort: So ist der Anstieg im Sektor „Elektrotechnik“ mit 6,1 Prozent besonders stark. Deutlichen Zuwachs gab es auch im Sektor „Instrumente“, insbesondere in den Gebieten „Messtechnik“ und „Analyse biologischer Stoffe“, „Optik“ sowie „Steuerungs- und Regelungstechnik“. Leicht gestiegen sind zudem die Anmeldungen im „Maschinenbau“. Rückläufig war dagegen abermals der Sektor „Chemie“ und die Anmeldungen im Gebiet Bauwesen.

Der nach wie vor anmeldestärkste Sektor ist der Maschinenbau mit allein 40 Prozent aller 2023 beim DPMA eingereichten Erfindungen. Allerdings hat die Elektrotechnik stark aufgeholt und liegt nun bei 30,1 Prozent aller Patentanmeldungen. Ein Grund hierfür dürfte die Digitalisierung und die damit verbundenen Technologien sein – etwa Künstliche Intelligenz. So legte 2023 das Technologiefeld „Halbleiter“ mit einem Plus von 16,6 Prozent besonders deutlich zu. Hinzu kommt im Bereich „Elektrotechnik“ das Technologiefeld „Elektrische Maschinen und Geräte, elektrische Energie“ in dem die Anmeldezahlen 2023 um 9,9 Prozent zunahmen. Ein besonders starker Treiber ist hierbei die boomende Batterietechnik. Allein in der für die Batterietechnik relevanten Unterklasse H01M der Internationalen Patentklassifikation (IPC) beträgt der Zuwachs 2023 fast 20 Prozent.

Deutsche Autohersteller aktiv bei Batterieentwicklung

Zurückzuführen ist die immense Innovationstätigkeit vor allem auf das hohe Tempo beim Ausbau der Elektromobilität. Die anmeldestärksten Unternehmen sind hier Automobilbauer und Zulieferer. Neben den herkömmlichen IPC-Klassen für Fahrzeugbau gehört besagte Unterklasse H01M für die Batterietechnik bei allen großen deutschen Automobilherstellern zu den Top-3-Anmeldegebieten.

Dem entgegen steht ein deutlicher Rückgang im Bereich der Verbrennungsmotoren entgegen: So verzeichnete das Technologiefeld „Motoren, Pumpen, Turbinen“ 2023 insgesamt 4,6 Prozent weniger Erfindungen als im Vorjahr. In anderen Technologiefeldern des Maschinenbaus verzeichnete das DPMA ebenfalls deutliche Rückgänge, etwa im traditionell starken Bereich „Maschinenelemente“ um 6,8 Prozent. Dazu gehören beispielsweise hydraulische oder pneumatische Stellorgane, Wellen, Gelenke und Lager sowie Rohre und Speicher für Gase oder Flüssigkeiten. Im seit Jahren anmeldestärksten Technologiefeld „Transport“ legte die Anmeldezahl dagegen wieder um 2,5 Prozent zu.

„Die technologische Zeitenwende in der Mobilität ist ein wesentlicher Faktor beim Wandel der Innovationstätigkeit insgesamt“, sagte DPMA-Präsidentin Eva Schewior. „Was früher der Verbrennungsmotor war, ist heute die Batterie: Die Anmeldeentwicklung verdeutlicht, dass die deutschen Automobilhersteller sich darauf eingestellt haben.“

Die nach wie vor zentrale Bedeutung für die Innovationskraft Deutschlands hat die Automobilindustrie: So sind die zehn anmeldestärksten Unternehmen beim DPMA allesamt Automobilhersteller oder Zulieferer – mit der Robert Bosch GmbH an der Spitze, gefolgt von der Mercedes-Benz Group AG und der Bayerische Motoren Werke AG.

red