Die neue Vorsitzende von pro Region

Heilbronn-Franken liegt ihr am Herzen: Friedlinde Gurr-Hirsch war Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und hat kürzlich den Vorsitz der Bürgerinitiative pro Region übernommen. Foto: MLR/Jan Potente

Als neue Vorsitzende der Bürgerinitiative pro Region will sich Friedlinde Gurr-Hirsch für die Belange von Heilbronn-Franken stark machen. Warum ihr Bezug zur Region so eng ist und welche Themen als erstes auf der Agenda stehen, erläutert sie im Interview.

Interview von Dirk Täuber

Was reizt Sie an der Aufgabe, der Sie sich künftig widmen werden?
Friedlinde Gurr-Hirsch: Ganz einfach die Liebe zu unserer Heimat und die Vertrautheit mit der Region, die ich bereits seit den 1980er Jahren habe. Ich war damals kommunalpolitisch aktiv. Später, in den 1990er Jahren, war ich im Planungsausschuss des Regionalverbands Heilbronn-Franken. Wir mussten damals einige Entscheidungen von großer Tragweite treffen. Da die wirtschaftliche Situation nicht die beste war, ging es darum, Arbeitsplätze in der Region zu schaffen. Ich erinnere mich noch gut an die große Ansiedlung von Bosch in Abstatt, wo ein regionaler Grünzug auf einem Hügel aufgegeben wurde. Unter Abwägung der Güter war es wichtig, Bosch nicht ziehen zu lassen, denn sie hatten andere Alternativen. Das waren sehr verantwortliche Entscheidungen, es ging schließlich um Zukunftsarbeitsplätze in Forschung und Entwicklung. So ist mir durch viele planerische Entscheidungen die Region sehr vertraut geworden. Und als Berufsschullehrerin hielt ich Kontakt zur regionalen Wirtschaft. Heilbronn-Franken ist eine starke und erfolgreiche Region, auf die wir sehr stolz sein können.

Wie stark identifizieren Sie sich mit den Zielen der Bürgerinitiative?
Gurr-Hirsch: Der Regionalverband ist ein Planungsverband, der ganz einfach den Nordosten des Landes abdeckt. Es fehlte an der Identifikation der Einwohner und am Zusammenhalt. Deshalb fand ich es ganz großartig, das sich Reinhold Würth vor 21 Jahren nicht nur Gedanken um seine eigene Firma machte, sondern auch darüber, wie diese Region zusammenwachsen und eine eigene Identität entwickeln kann. Als er gemeinsam mit Frank Stroh die Bürgerinitiative ins Leben rief, war für mich ganz klar, dass ich mitmache. Seither habe ich die Aktivitäten stets begleitet. Wichtig finde ich, dass es gelungen ist, die Überparteilichkeit zu wahren. Pro Region sollte ja kein zahnloser Tiger sein und so war es möglich, bei Vertretern unterschiedlicher Parteien Gehör zu finden und im besten Fall Unterstützung zu erhalten. Für mich ist es daher eine Ehre, dass ich gemeinsam mit allen, die bereits in der Verantwortung sind, weiter daran arbeiten darf.
Ist es in den vergangenen Jahren gelungen, dem Ziel näher zu kommen, die Region stärker zu verbinden?
Gurr-Hirsch: Ich finde ja, denn alle wichtigen Akteure in der Gesellschaft kennen pro Region. Die Initiative hat sich eine Seriosität und Ernsthaftigkeit erarbeitet, weil sie auch unangenehme Themen rechtzeitig bearbeitet hat. Wir haben Mitglieder, die Verantwortung tragen in der Wirtschaft, ob als Unternehmer oder als Arbeitnehmervertreter. Und ich bin sehr dankbar, dass sich beide Seiten gleichermaßen respektieren. Bereits bei der Gründung war beeindruckend, dass ein Unternehmer und ein Gewerkschafter gemeinsam ein Ziel anstreben. Das hat bei vielen für einen Aha-Effekt gesorgt.

Welche Themen stehen für Sie nun in nächster Zeit auf der Agenda?
Gurr-Hirsch: Ich bin sehr beeindruckt, dass es bereits eine Arbeitsgruppe zum Thema Transformation in der Automobilindustrie gibt. Wir wissen seit einigen Jahren, dass da etwas passieren muss, auch angesichts von Diesel-Skandal und Feinstaub-Diskussionen. Wir wissen aber auch, dass wir in Heilbronn-Franken sehr von der Automobilwirtschaft geprägt sind. Das war bislang ein Pluspunkt, aber es könnte sich künftig auch fatal auswirken. Um dem früh entgegenzuwirken, war es eine kluge Entscheidung, diese Arbeitsgruppe zu gründen und ich möchte dieses Thema unbedingt weiterverfolgen. Ich habe bereits Stefan Wolf, der als Gesamtmetall-Chef auf Bundesebene Verantwortung trägt, angeschrieben und ihn gefragt, ob er in die Region kommen könne, um mit ihm über die Herausforderungen zu diskutieren, die wir hier identifiziert haben.

Welche weiteren Themen möchten Sie gerne in den Fokus rücken?
Gurr-Hirsch: Ich möchte gerne den Blick auch auf andere wirtschaftliche Bereiche lenken, etwa auf die Urproduktion in der Landwirtschaft und die Ernährungswirtschaft. Es ist an der Zeit, sich als Verbraucher regional zu orientieren. Das ist die nachhaltigste Art, Akzente zu setzen. Hinzu kommt, dass fast die Hälfte der Menschen in Gemeinschaftseinrichtungen isst, in Kita, Schule, Mensa, Betriebsrestaurant, Seniorenheimen und Kliniken. Auch diese Verpflegung sollte regional ausgerichtet werden. Es gibt da bereits viele erfolgreiche Ansätze. Natürlich stehen wir auch durch Corona vor großen Herausforderungen und es gilt, die Betriebe in Gastronomie, Hotellerie, Tourismus, Kultur und Gewerbe durch die Krise zu bringen. Dabei müssen wir auch immer entlang der Werschöpfungsketten denken. Ohne Wirtschaft ist alles nichts. Nur wenn sie floriert und die Menschen Arbeit und Einkommen haben, kann sich auch die Region weiterhin positiv entwickeln.

Zur Person
Friedlinde Gurr-Hirsch (66) aus Untergruppenbach ist seit den 1970er Jahren politisch aktiv. Unter anderem war sie von 2011 bis 2016 stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg. Seit 2004 war sie Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Daneben bekleidet sie 
verschiedene Ehrenämter. Kürzlich wurde sie zur neuen Vorsitzenden der Bürgerinitiative pro Region Heilbronn-Franken e. V. gewählt.