Erfolgreich sein und Verantwortung für die Umwelt übernehmen

Paradebeispiel für digitale Transformation: Prof. Michael Otto hat den Versandhandel der Otto Group nachhaltig verändert. Foto: Otto Group

Ökonomisch erfolgreich sein, die Chancen der Digitalisierung nutzen und Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt übernehmen. Wie gelingt das? Drei Antworten von Prof. Michael Otto, Unternehmer und Aufsichtsratsvorsitzender der Otto Group.

Stichwort: Umweltschutz

Seit Jahrzehnten engagieren Sie sich für Umweltschutz und treten für unternehmerische Verantwortung in diesem Bereich ein. Anfangs wurden Sie dafür belächelt, heute steht das Thema gesellschaftlich ganz oben auf der Agenda – zu spät aus Ihrer Sicht?

Michael Otto: Ohne Frage müssen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft jetzt noch stärker als bisher einen aktiven Beitrag zu dringenden Themen wie Klimawandel, Umweltschutz, Menschenrechte und Digitalisierung leisten. Das steigende Nachhaltigkeitsbewusstsein in der Gesellschaft sollte hier als Chance gesehen werden. Zahlreiche Unternehmen in Deutschland haben verstanden, dass jetzt gehandelt werden muss, und sich bereits auf den Weg gemacht: Sie reduzieren ihre Emissionen, verankern in ihren Zukunftsstrategien konkrete Zielsetzungen, realisieren innovative Projekte und investieren in klimafreundliche Technologien.

Wichtige Vertreter der Wirtschaft stehen bereit, um Klimaschutz zum Geschäftsmodell und Klimaneutralität zum international beachteten und exportfähigen Markenzeichen des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu machen. Damit die Transformation Deutschlands zum klimaneutralen Industrieland bis 2045 gelingt, brauchen Unternehmen jedoch unbedingt politische Rahmenbedingungen, die klimafreundliche Technologien wirtschaftlich machen, nachhaltige Geschäftsmodelle auch durch beschleunigte Genehmigungsverfahren fördern und langfristige Planungssicherheit bieten.

Stichwort: Fairer Handel

Beim Import von Handelswaren legen Sie Wert darauf, in den Herkunftsländern und bei den Zulieferern soziale und ökologische Standards zu etablieren. Wie verträgt sich das Engagement für das Gemeinwohl mit harten unternehmerischen Entscheidungen?

Michael Otto: Ökonomie und Ökologie müssen sich nicht ausschließen. Wenn wir zum Beispiel unseren Dispositionsrhythmus für die Warenbeschaffung ändern und dadurch stärker von Luftfracht auf Seefracht umstellen, reduzieren wir nicht nur den CO2-Ausstoß, sondern sparen auch Kosten. Zulieferer mit den besten Umwelt- und Sozialstandards können häufig auch durch bessere Organisation und höhere Produktivität die höheren Kosten ausgleichen. Manche Maßnahmen erfordern allerdings erst einmal Investitionen, zahlen sich aber später aus.

Nicht zu unterschätzen ist auch, dass Konsumenten und Konsumentinnen zunehmend nachhaltig produzierte Waren einfordern. Sie wollen nicht zu Lasten von Kinderarbeit und Umwelt konsumieren. Auch bei dem „War of talents“ achten viele hervorragende Bewerber zunehmend auf eine nachhaltige Unternehmenskultur. Daher verfolgt die Otto Group den Ansatz eines werthaltigen Wachstums, mit dem wir Verantwortung für die Umwelt und Gesellschaft übernehmen, aber eben auch Geld verdienen.

Stichwort: Digital

Das Angebot von Jeff Bezos, in Amazon zu investieren, haben Sie einst abgelehnt. Den Versandhändler Otto haben Sie erfolgreich in ein Digitalunternehmen verwandelt. Worauf kommt es aus Ihrer Sicht an, um im E-Commerce nachhaltig Erfolg zu haben?

Michael Otto: Der Erfolg der Otto Group basiert auf Investitionen in einen inspirierenden Onlinehandel, in eine intelligente Vernetzung des Online- und Offline-Handels für perfekte Shoppingerlebnisse, in eine robuste Logistik, und in einen persönlichen und individuellen Service. Voraussetzung dafür war eine Weiterentwicklung unserer Unternehmenskultur. Die digitale Transformation hat unseren Erfolg der letzten Jahre erst möglich gemacht und uns gut durch die Pandemie gebracht. Digitale Technologie ist also ein essenzielles Asset auf unserem Weg hin zu einem voll digitalisierten Handels- und Dienstleistungskonzern.

Daneben wird es für Unternehmen aber zunehmend wichtiger, Werte zu haben und diese auch zu leben. Schon länger zeigen Umfragen, dass immer mehr, vor allem jüngere Käuferschichten, jene Unternehmen meiden oder sogar boykottieren, die sich ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl, und dazu gehören ganz entscheidend auch Umwelt- und Sozialstandards, entziehen. Bei der Otto Group sind unsere Werte von dem Bewusstsein geprägt, unseren Teil für die Gesellschaft beizutragen.

Interview: Dirk Täuber