„Festanstellung ist Glücksfall“

Kulturschaffende haben es nicht immer einfach, Karriere zu machen. Die Branche ist hart und stark umkämpft. Festanstellungen sind eher die Ausnahme. Wir haben uns in den Kultureinrichtungen der Region umgehört, wie dieses Thema dort gehandhabt wird.

 

„Bei uns wäre es schwer, Karriere zu machen“, sagt Anne Weidler, Leiterin der Geschäftsstelle des Heilbronner Sinfonie Orchesters: „Wir sind kein Profi-Orchester.“ Die Musiker, die mitspielen, arbeiten dort nicht hauptberuflich. Es gibt eine Konzertreihe von sechs Auftritten von Herbst bis Frühjahr und ein Open-Air-Konzert. Hierfür werden alljährlich immer wieder neu Musiker engagiert. Es gibt einen festen Stamm und die bringen oft weitere, noch fehlende Musiker mit. „Wir haben keine zweite Besetzung, es reichen uns 60 bis 70 Musiker. Die haben wir“, so Anne Weidler. Leben könnten die Musiker nicht alleine durch ihr Engagement im Sinfonie Orchester. Die meisten sind nebenbei als Musiklehrer tätig oder machen etwas ganz anderes. „Eine Festanstellung als Musiker ist ein Glücksfall“, so die Geschäftsstellenleiterin.

Santiago Gomez arbeitet seit Kurzem als stellvertretender Kulturbeauftragter für die Stadt Schwäbisch Hall. Die Stelle ist auf ein Jahr befristet. Er ist Ansprechpartner für die Kulturschaffenden aller Sparten. Das Kulturbüro dient als zentrale Anlaufstelle für das vielfältige kulturelle Leben der Stadt. Außerdem koordiniert das Kulturbüro Projekte und Kooperationen mit den Akteuren und unterstützt sie mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit.

Der gebürtige Kolumbianer hat Italienische Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie auf Magister an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg studiert. Die erste Stelle nach dem Studium zu finden, habe knapp zwei Jahre gedauert. Dann hat er an einem kulturhistorischen Museum als wissenschaftlicher Volontär angefangen. „Die Idee des Volontariats unterstütze ich sehr, denn dadurch wird nicht nur der Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert, sondern man lernt tatsächlich viel für die Zukunft“, sagt er. Die Findung seines Berufsweges in den Kulturbereich hat sich während des Studiums angebahnt. Er arbeitete ehrenamtlich als Konzertveranstalter und Ausstellungskurator. „Das hat mich besser auf die Arbeitswelt vorbereitet als das trockene und hermetische akademische Studium“, sagt Gomez.

Über sein Gehalt sagt er, es reiche gut für seine Bedürfnisse. Nur zum Sparen komme man nicht immer. „Dass es so ist, war mir aber schon vorher klar und ich habe mich früh auf ein eher mageres Einkommen eingestellt. Dafür leiste ich meiner Meinung nach sinnvolle Arbeit für die Allgemeinheit und kann meine Leidenschaft ausüben.“

Die Varianten in der Ausübung der Jobs im Kulturbereich sind vielfach. Santiago Gomez kennt Leute, die seit Jahren von Projekt zu Projekt springen und solche, die sich mit mehreren Jobs gleichzeitig über Wasser halten. Es gäbe aber auch den einen oder anderen, der gleich eine unbefristete Festanstellung nach der Uni bekommen habe.

Er fügt hinzu, dass die Konkurrenz groß sei. Es gebe viele und gut ausgebildete Leute auf dem Markt und zu wenige Stellen, um alle unterzubringen. Das mache es nicht einfach. „Umso mehr bin ich stolz auf mich, vor allem nachdem ich mitbekommen habe, was für gute weitere Bewerber es für die Stelle gab“, schließt der 36-Jährige.

Um im Württembergischen Kammerorchester in Heilbronn Karriere zu machen, muss man sich gegen viele Bewerber durchsetzen. Aus der Vielzahl werden zirka sechs bis acht Kandidaten eingeladen zum Probenspiel. In drei Runden müssen sie Standartstücke, die ihnen vorher mitgeteilt wurden, vorspielen. Alle dasselbe. Teilweise versteckt hinter einem Vorhang geben sie ihr Bestes. In der dritten Runde spielen sie Orchesterstellen vor.

Das Durchschnittseinstiegsalter ist Mitte 20, nach Beendigung des Studiums. Einmal angenommen, gibt es durchaus Festanstellungen und auch unbefristete Verträge. Manche der Musiker arbeiten in Vollzeit, andere in Teilzeit. Die Konkurrenz sei sehr hoch, so Sophia Pick, die die Öffentlichkeitsarbeit betreut, sie werde immer größer, durch immer mehr sehr gut ausgebildete Musiker.

Sonja Alexa Schmitz