Die Kreisreform von 1973 war ein Meilenstein in der Regionalentwicklung. Sie prägt Heilbronn-Franken bis heute – wie Bürgermeister und Landräte betonen.
Vor der Reform war die heutige Region Heilbronn-Franken von einer Vielzahl kleinerer Landkreise und Gemeinden geprägt, die oft isoliert voneinander handelten. Diese Zersplitterung erschwerte die Abstimmung und Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen, angefangen bei der Infrastrukturplanung bis hin zur Sozialpolitik.
Die Reform hatte somit ein klares Ziel vor Augen: die kleinteiligen Verwaltungsstrukturen vor dem Jahr 1973 sollten aufgebrochen werden. „Ziel war es, größere Verwaltungseinheiten zu generieren und die Leistungsfähigkeit der Gemeinden und Landkreise zu steigern“, erklärt Klaus Holaschke, Oberbürgermeister der Stadt Eppingen. Die Eindrücke der Kreisreform seien auch heute noch im Landkreis erkennbar.
„Das Miteinander und der Austausch sind auf vielen Ebenen ein wichtiges Instrument. Heute nutzen wir Synergien, stärken uns und treten gemeinschaftlich als Landkreiskommunen auf – das ist gut, um Themen voranzubringen und große Projekte zu stemmen“, sagt Holaschke.
Doch der Prozess verlief keineswegs reibungslos. „Ich weiß aus vielen persönlichen Erzählungen und Berichten, dass diese frühen 70er Jahre – in denen parallel auch die Gemeindereform diskutiert und durchgesetzt worden ist – die Menschen sehr stark emotionalisiert haben. Für Bad Mergentheim war das sicher ein besonderer Umbruch, denn im kleineren Altkreis Mergentheim waren wir die namensgebende Kreisstadt. Dieser Status fiel mit der Gründung des Main-Tauber-Kreises mit Sitz in Tauberbischofsheim plötzlich weg“, erklärt Udo Glatthaar, Oberbürgermeister der Stadt Bad Mergentheim.
Gleichzeitig war es laut dem Oberbürgermeister ein Aufbruch zu neuer Größe. „Mit dem Wachstum durch die Eingemeindung bisher eigenständiger Teilorte erreichte die Stadt eine Größe, die ihr zum 1. April 1975 die Erhebung zur Großen Kreisstadt brachte“, so Glatthaar.
Auch wenn mittlerweile wohl keiner mehr das Rad zurückdrehen möchte, sorgte die Aufteilung der Landkreise damals doch für hitzige Diskussionen. „Der Zusammenschluss war sicherlich nicht einfach für die Landkreise, die fusioniert wurden. Auch der Prozess des Zusammenwachsens war nicht immer einfach, insbesondere bei den Kreisen mit einem badischen und einem württembergischen Teil, zu denen auch der Main-Tauber-Kreis zählt“, sagt Christoph Schauder, Landrat im Main-Tauber-Kreis.
Die Hohenloher kämpften
Vor der Reform war Baden-Württemberg in 63 Landkreise unterteilt. Nach dem Vorschlag des Innenministeriums sollten nur noch 25 Landkreise bestehen bleiben. Dies führte auch in der Region Heilbronn-Franken, die aus den sieben Altkreisen Heilbronn, Öhringen, Künzelsau, Schwäbisch Hall, Crailsheim, Mergentheim und Tauberbischofsheim sowie der Stadt Heilbronn bestand, zu intensiven Debatten.
Ursprünglich plante man hier die Einrichtung von drei Landkreisen und einem Stadtkreis Heilbronn. Die Gemeinden rund um Forchtenberg sollten dem Landkreis Schwäbisch Hall zugeordnet werden, während der Raum um Öhringen dem Kreis Heilbronn zugeschlagen werden sollte. Doch die Menschen in Hohenlohe waren damit nicht einverstanden. Sie kämpften beharrlich und letztendlich entwickelte sich alles anders als geplant. Nach langem Ringen und intensiven Verhandlungen konnten die Befürworter des Hohenlohekreises in der letzten Nacht vor der Gesetzgebung schließlich durchsetzen, dass die Bildung des Hohenlohekreises beschlossen wurde.
„Am 1. Januar 1973 trat in Baden-Württemberg eine Gebietsreform in Kraft, die zur Geburtsstunde des heutigen Hohenlohekreises wurde. Unser Landkreis hat sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten von einem rein landwirtschaftlich geprägten Kreis zu einem dynamischen und sehr modernen Wirtschaftsraum und zu einem lebens- und überaus leistungsfähigen Landkreis entwickelt und ist heute in allen Bereichen hervorragend aufgestellt. Diese Entwicklung vom ‚Sündenfall der Kreisreform‘ zur Erfolgsgeschichte war nur durch den Zusammenschluss der Altkreise Künzelsau und Öhringen sowie dem Raum Krautheim möglich“, erklärt Matthias Neth, Landrat des Hohenlohekreises. Denn trotz seiner geringen Bevölkerungszahl hat der Landkreis nicht nur überlebt, sondern ist auch stark gewachsen und trägt heute maßgeblich zur Stärke der Region Heilbronn-Franken bei, wie auch Thilo Michler, Oberbürgermeister der Stadt Öhringen betont.
„Hohenlohe und Öhringen haben sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt. In Öhringen werden gerade 100 Millionen in das neue Krankenhaus investiert. Wir haben vier berufliche Gymnasien, die vom Kreis betrieben werden. Wichtige Highlights der Zusammenarbeit waren die Gartenschauen in Nordheim, Bad Rappenau, Öhringen, Heilbronn und Eppingen. Hier hat man gesehen, wie die Region aufblüht und zusammenhält“, so Michler. Dennoch müsse man immer wieder auch an Strukturen herangehen. In den 70er Jahren habe der Mut zur Veränderung dazu beigetragen, dass sich der Hohenlohekreis sehr positiv entwickelt habe.
„Die heutigen Herausforderungen liegen in der Personalgewinnung und bei Infrasturkturinvestitionen. Das sind Aufgaben, an die man nun nach 50 Jahren wieder ran muss“, sagt Michler – und zwar gemeinsam. „Die Vergangenheit hat klar gezeigt, dass uns Kirchturmdenken und Kleinstaaterei nicht weiterbringen“, ergänzt Landrat Schauder. Er ist sich sicher: Die Landkreise haben nun eine ideale Größe, die auch noch die notwendige Bürgernähe und Kenntnis der Verhältnisse vor Ort ermöglicht.
Teresa Zwirner