Heilbronn strebt in die Zukunft

Die Bundesgartenschau 2019 (Buga) wird immer greifbarer: Heilbronn befindet sich im Aufbruch – das spürt man an vielen Ecken der Stadt. Im Interview mit Buga-Geschäftsführer Hanspeter Faas werfen wir gemeinsam einen Blick in das Jahr 2019.

Herr Faas, die Bundesgartenschau wird in drei Jahren das Großereignis schlechthin in Heilbronn und der Region sein. Worauf können sich die Besucher schon heute freuen?

Faas: 2019 wird ein ereignisreiches Jahr werden, ein Jahr voller Veranstaltungen. Besucher können sich aber auch auf ein Format freuen, das es bisher noch nie als Bundesgartenschau gab: nämlich eine Mischung aus traditionellen Inhalten einer Gartenschau kombiniert mit Themen der Stadtentwicklung. Ich glaube, das ist etwas Besonderes. Denn unsere Städte und Rahmenbedingungen verändern sich, die Themen Wohnen und Leben nehmen in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert ein, damit muss sich auch eine Gartenschau auseinandersetzen, darauf muss sie eingehen. Unser Kernthema aber wird sein, dass sich die Menschen auf einen Besuch auf der Gartenschau freuen können, dass sie abends nachhause gehen und sagen können: Ich habe einen schönen Tag erlebt.

Die Buga verleiht der Stadt am Neckar ein neues Gesicht. Wie sieht dieses aus?

Faas: Die Frage stimmt so nicht ganz. Es wäre überheblich von uns zu behaupten, wir als Buga verändern die Stadt. Dass sich Heilbronn entwickelt, in die Zukunft strebt, ist ein Prozess, der schon länger in Gang ist – gedanklich und auch was die Identifikation der Menschen betrifft, die hier leben. Die Bundesgartenschau ist ein wichtiger Zwischenschritt dieser Veränderung, ein Kristallisationspunkt, um Bilanz zu ziehen, was gut gelaufen ist und wie positiv der Weg ist, auf dem sich die Stadt befindet. Diesen Entwicklungsprozess transportieren wir nach außen und bieten die passende Plattform, um auf die Stadt und uns aufmerksam zu machen.

Das Konzept will neu sein, will beeindrucken. Zum ersten Mal überhaupt, wird das Thema „Wohnen“ auf einem Bundesgartenschau-Gelände eine zentrale Rolle spielen. Warum passt gerade diese Idee besonders gut zu Heilbronn?

Faas: In der Regel wachsen Städte an den Rändern, weil im Zentrum kein Raum mehr verfügbar ist. Das führt dazu, dass immer neue Flächen versiegelt werden – was aber nicht den Nachhaltigkeitsstrategien entspricht, die eine Stadt haben müsste. In Heilbronn nutzen wir eine Gewerbebrache, die schon versiegelt war, um stadtnah Wohnraum zu schaffen. Die besondere Qualität dabei ist, dass es ein Stadtteil der kurzen Wege wird, von wo aus man mit dem Fahrrad oder zu Fuß in die Innenstadt kommt. Das entspricht sehr stark dem Nachhaltigkeitsgedanken. Es geht bei uns nicht nur um gute Architektur, wir haben auch viel Co2-neutralen Holzbau, gemischte Nutzung und innovative Konzepte mit Nachhaltigkeitsanspruch.

Inwiefern kann die Buga in Sachen Stadtentwicklung weiter unterstützen?

Faas: Ganz wichtig ist, dass eine Qualitätsdiskussion stattfindet – und das ist in Heilbronn auf hohem Niveau der Fall. Hierzu kann die Buga anregen und Gespräche führen, was wir auch tun. Veränderungen verursachen bei vielen Menschen Verunsicherungen. Das ist nachvollziehbar. Umso wichtiger ist es, diese Sorgen ernst zu nehmen und offen damit umzugehen. Die Bürger sollen sich in ihrer Umgebung wohlfühlen. Doch dafür müssen sie wissen, was um sie herum geschieht. Deshalb müssen sich Städte die Frage stellen, was ihre Bürger wollen und sie müssen darauf reagieren. Hinter geschlossener Tür geht das nicht. Man muss die Menschen mitnehmen. Und genau das wollen und tun wir.

Die Bundesgartenschauen München und Koblenz sowie diverse Landesgartenschauen haben Sie bereits als Geschäftsführer begleitet. Was macht für Sie den Reiz einer solchen Veranstaltung aus?

Faas: Meine Triebfeder ist das Projekt an sich. Mich reizt, dass es einen Anfang hat und ein Ende. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass ich mein Leben lang immer das Gleiche mache. Ich mag es, immer wieder neue Aufgaben zu haben und immer wieder mit anderen Menschen zu tun zu haben, sich auf neue Situationen, politische Rahmenbedingungen oder eine bis dahin unbekannte Stadt einzustellen. Diese Dynamik ist für mich unglaublich spannend. Es bedeutet eine totale Identifikation mit der Aufgabe. Wenn das Projekt dann vorbei ist, kann ich aber auch gut damit abschließen.

Was ist Ihr persönlicher Anspruch an diese Gartenschau? Was wollen Sie hinterlassen?

Faas: Ich hoffe, dass jeder versteht, dass es nicht allein um das Jahr 2019 geht, sondern die Bundesgartenschau Heilbronn Teil einer langfristigen Stadtentwicklung ist. Und dass über die Gartenschau das eine oder andere Pflänzchen gepflanzt wird, was Nachhaltigkeit, Zukunftsthemen, aber auch Identifikation mit der Stadt betrifft. Dass diese Pflänzchen weiterwachsen, das würde ich mir wünschen. Wir sind schon mitten drin in diesem Prozess. Zukunftsrankings zeigen ja, dass Heilbronn nach vorne schnellt. Damit das gelingt, braucht es neue Ideen, Strukturen, Einstellungen – und die Bereitschaft, dafür offen zu sein und sich darauf einzulassen.

Seit 2012 sind Sie Geschäftsführer der Buga Heilbronn 2019 GmbH. Was war Ihr erster Eindruck von der Stadt vor vier Jahren? Wie ist der Eindruck heute?

Faas: Ich habe 15 Gartenschauen hinter mir, Heilbronn ist die 16. In 36 Jahren ist es mir nur ein einziges Mal passiert, dass an meinem ersten Arbeitstag der Oberbürgermeister mit einem Glas Sekt in der Hand zu mir kam und wir gemeinsam angestoßen haben. In Heilbronn hat das der ehemalige OB Helmut Himmelsbach gemacht. Harry Mergel, sein Nachfolger, wäre da nicht anders. Man hat mir das Gefühl vermittelt, man freut sich, dass ich da bin. Das ist Willkommenskultur. Sie fasziniert mich und sie lässt sich auf die Heilbronner übertragen. Sie spiegelt das besondere Klima, das die Menschen hier prägen. Man erfährt und erlebt spannende Geschichten und Hintergründe, man trifft auf offene Leute, die sich aktiv an der Zukunftsgestaltung ihrer Stadt beteiligen. Sie sind bereit, Diskussionen zu führen – mit qualitätsvollen Ergebnissen.

Auf den Straßen von der und um die Kätchenstadt kommt der Verkehr derzeit regelmäßig zum Erliegen. Sie rechnen mit 2,2 Millionen Besuchen während der Buga-Laufzeit. Wie soll das realisierbar sein, ohne dass ein regelrechtes Verkehrschaos hereinbricht?

Faas: Ich sehe kein Verkehrschaos, die Stadt hat ein eher gut ausgebautes Verkehrsnetz. Heilbronn ist eine autoaffine Stadt. Berufs- und Bundesgartenschau-Verkehr werden sich kaum in die Quere kommen. Der Bugaverkehr wird nach dem Berufsverkehr sein. Dennoch brauchen wir natürlich ein gutes Verkehrskonzept – etwa ein Shuttleservice von Parkplätzen außerhalb zum Gelände und zurück. Da sind wir dran. Auch der öffentliche Nahverkehr wird eine wichtige Rolle spielen und muss eine echte Alternative darstellen. Es müssen gute Strukturen entstehen und das regionale ÖPNV-Angebot muss noch weiter gestärkt werden. Besucher sollen einen Vorteil haben, wenn sie den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Wir liegen ja direkt am Bahnhof.

Der Startschuss fällt bereits in weniger als drei Jahren. Sind Sie zeitlich und finanziell im Plan?

Faas: Die Bundesgartenschau ist ein Großprojekt, das auf mehrere Jahre Planung hin ausgerichtet ist. Da kommen immer wieder unvorhersehbare Dinge dazwischen, mit denen man nicht gerechnet hat. Dennoch: Bislang hält sich alles nahezu die Waage. In manchen Bereichen sind wir unserer Zeit voraus, in anderen hinken wir etwas hinterher. Uns hat sicherlich in die Karten gespielt, dass die vergangenen zwei Winter relativ mild waren und wir unsere Baumaßnahmen weitgehend ohne Probleme fortsetzen konnten. Auch finanziell bewegen wir uns im Rahmen, obwohl die Lage im Baugewerbe derzeit etwas angespannt ist. Die Auftragsbücher sind voll, das lässt die Preise steigen. In manchen Bereichen bedeutet das, Alternativen zu schaffen, Dinge einfacher zu machen und gegebenenfalls mit einem Kompromiss zu leben. Dafür haben wir gute Leute, die das alles im Blick haben. Entsprechend zuversichtlich bin ich, dass auch alles weiterhin nach Plan verläuft.

Die Bundesgartenschau hat eine Vielzahl von Unterstützern und Befürwortern. Wäre ein solches Großprojekt ohne diesen Rückhalt in der Bevölkerung überhaupt denkbar?

Faas: Es ist schon möglich, dass man ein solches Projekt beginnen kann, auch wenn am Anfang die Zustimmung dazu fehlt. So war es vor der Bundesgartenschau Koblenz 2011. Die Bürger waren zunächst skeptisch, lehnten sie teilweise sogar ab. Das hat sich mit der Zeit gewandelt, danach waren Zustimmung und Identifikation riesig. Man kann aber so ein Projekt nicht realisieren, wenn die Menschen nicht dahinter stehen. Solche Projekte muss man mit den Menschen entwickeln. Die Heilbronner stehen hinter der Bundesgartenschau, weil sie 1985 bereits positive Erfahrungen mit einer Landesgartenschau gemacht haben. Der daraus entstandene Wertwiesenpark wird heute noch aktiv genutzt. Das Wissen, dass die Bundesgartenschau einen langfristigen Nutzen für die Menschen hier haben kann, ist deshalb da.

Sicher gibt es auch Buga-Kritiker. Wie sieht diese Kritik aus und was entgegnen Sie den Gegnern?

Faas: Kritik bezieht sich vor allem auf Einzelsegmente, auf einzelne Interessensgebiete, die wir vielleicht schneiden. Das sind individuelle Angelegenheiten und Fragen, die sich meist aus dem persönlichen Umfeld ergeben. Da müssen wir dann abwägen, was wichtig und machbar ist. Grundsätzlich nehmen wir jede Kritik und jede andere Meinung ernst und haben ein offenes Ohr dafür. Manche Dinge lassen sich dennoch nicht ändern, manche Kritiker auch nicht überzeugen, da müssen wir uns trotzdem treu bleiben. Wir sind transparent und ehrlich, gehen mit Kritik offen um und lassen uns von Alternativvorschlägen auch überzeugen. In der Vergangenheit haben wir auch schon viel von Bürgern und Interessensgruppen gelernt. Wir sind ja keine starre Institution, die Buga selbst ist ja auch im Wandel.

Interview: Lydia-Kathrin Hilpert

Zur Person
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eit Juli 2012 ist Hanspeter Faas Geschäftsführer der Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH. Er ist seit 36 Jahren Experte in Sachen Entwicklung, Organisation und Verwaltung von Gartenschauen auf regionaler und bundesweiter Ebene. Faas ist am 28. April 1954 im badischen Lörrach geboren. Er lebt in Memmingen, ist verheiratet und hat drei Kinder.