Klimakrise löst sich nicht nur durch Verzicht –Janna Ensthaler im Interview

Ensthaler
Janna Ensthaler begeistert sich für jede Gründungsidee, hinter der ein Team mit Herzblut, Fachwissen und Hingabe steht. Foto: THIS IS MARKETING

Janna Ensthaler leitet einen 100-Millionen-Euro-Fonds für grüne Investments und sitzt seit diesem Jahr als Investorin in der „Höhle der Löwen“. Im Interview erklärt sie, warum wir Technologien und Innovationen benötigen, um die globale Erderwärmung zu bekämpfen.

Mit dem GreenGenerationFund investieren Sie in Startups in den Bereichen Foodtech und Greentech. Wie wichtig ist es, als Unternehmen nachhaltig zu sein?

Janna Ensthaler: Ohne nachhaltiges Wirtschaften und Leben wird der Klimawandel voranschreiten und die Erderwärmung ihren Lauf nehmen. Das bedeutet, ob man es glauben will oder nicht, dass wir durch die Erderwärmung in große Probleme geraten werden: Abschmelzung der Pole, Anstieg des Meeresspiegels, Stürme, Fluten, Waldbrände, ausfallende Ernten, hunderte Millionen von Klimaflüchtlingen. Um das zu vermeiden, brauchen wir neue, oft technologische Lösungen. Beispiele hierfür sind erneuerbare Energien, elektrische Mobilität, alternative Proteine. Darin investieren wir mit unserem Green Generation Fund und bauen gleichzeitig eine 50-Milliarden-Dollar-Industrie bis 2050. Das hat auch wirtschaftlich für Deutschland und Europa einen hohen Stellenwert.

Sie binden sich auch selbst an besonders strenge Nachhaltigkeitsregeln …

Ensthaler: Unsere Philosophie ist es, Nachhaltigkeit nicht nur zu fördern, sondern sie in unserer Wirtschaft zu integrieren. Deshalb haben wir beschlossen, dass ein Drittel unseres Carried Interest direkt an die Erreichung von Impact-KPIs geknüpft ist. Das bedeutet, dass wir finanziell direkt davon betroffen sind, wenn unsere Portfoliounternehmen oder wir selbst die festgesetzten Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen.

Sie investieren hauptsächlich in Startups. Wie hat sich die Startup-Landschaft hinsichtlich Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren verändert?

Ensthaler: Sie hat sich enorm verändert. Wir sehen eine klare Tendenz: Ein Geschäftsmodell wird zukunftsfähiger sein, wenn es auf Nachhaltigkeit aufbaut. Das gilt für Startups ebenso wie für Investoren, deren Interessen sich in Richtung nachhaltige Investitionen entwickeln. Zehn Prozent der gesamten Venture Capital-/Private Equity Investments sind inzwischen Climate-Tech-Investments.

Ein Startup, in das Sie investieren, ist das Unternehmen Klim, das Bauern bei der Umstellung auf regenerative Landwirtschaft helfen soll. Wie beurteilen Sie die nachhaltige Entwicklung in der Lebensmittelindustrie?

Ensthaler: Dort bewegt sich derzeit unglaublich viel, vor allem in Richtung Food Resilience. Es geht darum, unser Ernährungssystem widerstandsfähiger, autarker und unabhängiger zu machen. Die regenerative Landwirtschaft spielt dabei eine Schlüsselrolle, da sie nicht nur die Bodenqualität und Biodi- versität verbessert, sondern auch mit effektiver CO2-Bindung einen enormen Hebel ansetzen kann und somit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. 25 Prozent des gesamten CO2-Problems kommen tatsächlich aus der Lebensmittelindustrie. Unternehmen wie Klim sind Pioniere in diesem Bereich und ermöglichen es Landwirten, diese wichtigen Praktiken der regenerativen Landwirtschaft effektiv um- und einzusetzen.

Sie starteten GreenGenerationFund mit einer Studienkollegin aus Oxford. Wie stehen wir beim Thema Nachhaltigkeit im internationalen Vergleich da?

Ensthaler: Ich betrachte Nachhaltigkeit durch die Brille der Technologie – wir Menschen werden es nicht schaffen, die Klimakrise nur durch Verzicht zu lösen. Wir benötigen Technologien und Innovationen, um dieses Mammutprojekt kollektiv in Angriff nehmen zu können. Eigentlich war Deutschland als Innovationsland im Bereich nachhaltige Technologien ganz vorne, jedoch fehlt hier der nötige Push der Regierung, solche Industrien mit anzukurbeln. Joe Biden hat mit dem Green Deal und dem Inflation Reduction Act (IRA) riesige Gelder freigesetzt, um die Zukunftsindustrie Greentech für die USA zu sichern. Das hätten wir hier in Europa auch längst machen sollen.

Seit diesem Jahr sind Sie als Investorin bei „Die Höhle der Löwen“ dabei. Welcher Pitch hat Sie am meisten begeistert?

Ensthaler: Es ist wirklich schwer, sich auf einen Pitch zu beschränken, da jeder einzelne seine eigene Faszination und Einzigartigkeit hat. In „Die Höhle der Löwen“ erleben wir eine Vielfalt an spannender und innovativer Ideen, die mich immer wieder aufs Neue positiv überraschen und begeistern. Was die Pitches besonders spannend macht, ist die Unvorhersehbarkeit. Man weiß nie, wer als Nächstes durch das Tor in die Höhle kommt und mit welcher Idee. Es gibt Pitches, die so emotional sind, dass sie einen tief berühren, und einige, die aus Investorensicht einfach begeistern.

Und bei welcher Gründungsidee würden Sie als Löwin begeistert vom Stuhl springen?

Ensthaler: Mich begeistert jede Gründungsidee, hinter der ein Team mit echtem Herzblut, fundiertem Fachwissen und absoluter Hingabe steht. Wenn die Gründerinnen und Gründer in der Lage sind, ihre Begeisterung und Leidenschaft für ihre nachhaltige Idee auf mich zu übertragen, dann schlägt mein eigenes Gründerherz höher. Als jemand, der selbst mehrfach gegründet hat, weiß ich, was es bedeutet, eine Idee zum Leben zu erwecken. Und wie sich die Gründer beim Pitch vor den Löwen fühlen.

Interview: Teresa Zwirner

Zur Person

Unternehmerin Janna Ensthaler ist seit 2021 Partnerin des von ihr gegründeten Green Generation Funds, eines Risikokapitalfonds mit Fokus auf Investments in Greentech und Foodtech. Seit April 2023 ist sie Investorin in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“. Das Manager Magazin zählt Janna Ensthaler zu den einflussreichsten Frauen der deutschen Wirtschaft.