Kulturelles Kleinod

Lesungen, Vorträge, Theater: Im Kulturhaus Würth mit Bibliothek Frau Holle in Künzelsau kommen Leseratten und Kulturliebhaber jeden Alters auf ihre Kosten – und das kostenlos.

Hohe Holzregale voller Bücher, dazwischen gemütliche Sitzecken wie kleine Leseinseln, dazu dieser spezielle Duft alter Bücher: Man erwartet kaum so einen Charme, wenn man vor dem Gebäude in der engen Künzelsauer Schnurgasse steht. Doch die Bibliothek Frau Holle scheint ein magischer Ort zu sein, nicht nur wegen ihres Namens.

In der Privatbibliothek von Carmen Würth, Ehefrau von Unternehmer und Kulturförderer Reinhold Würth, liegt ihr Bücherschatz, den sie über Jahre zusammengetragen hat und den sie vor drei Jahren der ganzen Region zugänglich gemacht hat.

Die für jedermann geöffnete Bibliothek befindet sich im Obergeschoss des Kulturhauses Würth, einem mit moderner Technik und viel Liebe zum Detail ausgestatteten Veranstaltungs- und Begegnungszentrum in der Künzelsauer Innenstadt. „Es ist mir ein Herzensanliegen, dazu beizutragen, das Interesse für unsere reiche Sprache neu zu wecken. Da geht gerade so viel verloren, verlagert sich Schrift- zur Bildsprache“, erläutert Carmen Würth ihre Intention. „Mir ist das Wichtigste, dass wir die Schönheit unserer Sprache wiederentdecken und hören, wie ausdrucksstark sie klingt.“

Besonderer Ort

Über 8000 Bücher umfasst die Sammlung derzeit. Der Bestand werde kontinuierlich erweitert, erklärt Tobias Frank-Fleck, Leiter des Hauses. Mit nach Hause nehmen darf man keines der Bücher. Dafür bekommt jeder, der will, ein beschriftbares Lesezeichen und darf gern wiederkommen. Die regelmäßigen Besucher der Bibliothek nehmen das Angebot gerne wahr.

Rund 28.000 Besucher wurden seit der Eröffnung gezählt, darunter circa zehn Prozent Kinder. „Wir haben immer mal wieder Besucher, die reinkommen und meinen, hier gehe es nur um Kinderbücher, wegen des Namens. Das sind dann die, die am längsten bleiben“, erzählt Frank-Fleck schmunzelnd.

Wieso eigentlich eine Frau Holle und keine Carmen-Würth-Bibliothek? Das wollte die Ehrenbürgerin der Stadt und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes nicht. Lieber war ihr die Assoziation mit der bekannten Geschichte, in der das fleißige Mädchen für ihren Einsatz mit Gold überschüttet wird.

„Die Gäste sollen sich gern ein bisschen wie im Märchen fühlen“, sagt Carmen Würth. „Die Bibliothek Frau Holle soll ihnen in Zeiten von Hektik ein Ort der Achtsamkeit sein, ein ruhiges, behagliches Örtchen für ein Buch, eine Geschichte, eine Auszeit. Ein Ort, an dem sich das Herz und die Seele erfreuen dürfen.“

Im vergangenen November ist das Kulturhaus mit dem Deutschen Kulturförderpreis 2019 in der Kategorie „Große Unternehmen bis 50.000 Mitarbeiter“ ausgezeichnet worden. Das Buch in den Mittelpunkt zu stellen, heißt es in der Laudatio, sei besonders auszeichnungswürdig. Dazu komme das vielfältige Programm für alle Generationen. „Ich freue mich sehr über die Auszeichnung, vor allem mit und für Frau Würth. Sie hat enormes Vertrauen in das Projekt gelegt“, resümiert Frank-Fleck.

Besondere Vielfalt

Viele verschiedene Veranstaltungen für unterschiedlichste Zielgruppen finden das Jahr über statt: vom Kindertheater über das Vortragsangebot für Erwachsene bis zur Vorlesestunde für Senioren. „Die Veranstaltungen sind eine Einladung für Inspiration, Wissen und schöne Unterhaltung mit guten Gesprächen“, erläutert Carmen Würth. Tobias Frank-Fleck kümmert sich um die Organisation und die Programmgestaltung. Neben der Qualität spiele das besondere Ambiente im Kulturhaus eine Hauptrolle, findet er. Dabei dürfen sich Formate auch gern wiederholen. „Es muss nicht immer eins on top sein, das Megaspektakel.“

Dennoch tauchen im Programm regelmäßig bekannte Namen auf, wie TV-Journalistin Dunja Hayali oder Schauspielerin Hannelore Hoger. Im März wird der kultige Tatort-Kommissar Jan Josef Liefers vor ausgebuchten Rängen im Carmen-Würth-Forum lesen. „Das Forum bietet Raum für so etwas Großes“, sagt Tobias Frank-Fleck. Durch die Möglichkeiten der eng verbundenen kulturellen Einrichtungen der Würth-Gruppe ist ein Ausweichen bei besonders beliebten Veranstaltungen gut machbar. „Hier im Kulturhaus sind die Zuschauer dagegen ganz eng mit den Autoren oder Schauspielern verbunden.“ Und können so die Besonderheit dieses magischen Ortes genießen.

Denise Fiedler