Das Museum Würth zeigt bis März 2020 die Ausstellung „Zwischen Pathos und Pastos. Christopher Lehmpfuhl in der Sammlung Würth“. Mehr als 1200 Besucher haben bereits in der ersten Woche die rund 70 meist großformatigen Werke in Künzelsau gesehen.
Ein Klecks der dicken Ölfarbe gerät ins Rutschen. Christopher Lehmpfuhl zieht sich schnell einen dünnen Latexhandschuh über, packt den Klecks und verschmiert ihn auf der großen Leinwand. Was für eine Haptik, denkt der Berliner. Von nun an wird er nur noch mit den Fingern direkt auf die Leinwand malen, die dicken Farbaufträge werden sein Markenzeichen.
Christopher Lehmpfuhl erklärt beim Presserundgang im Museum Würth nicht nur seine außergewöhnliche Maltechnik, sondern auch seinen auffallenden Arbeitsort: Er malt draußen, en plein air. Wie die Impressionisten seinerzeit. Doch Lehmpfuhl ist eher Realist, er malt was er sieht. Malt Gebäude in seiner Geburtsstadt Berlin, bizarr geformte Felsen auf Helgoland, stimmungsvolle Szenerien in Norddeutschland. Doch Lehmpfuhl ist mehr als Realist. Er fasst die Dinge zusammen, wie es Kunsthistoriker Dr. Thomas Gädeke ausdrückt, „er schafft etwas Originäres, es liegt eine besondere Lebendigkeit in seinen Werken“.
Lehmpfuhl kehrt immer wieder zu den selben geschichtsträchtigen Orten zum Malen zurück und wird dadurch zum Chronist. Chronist der Wiedervereinigung, Chronist der Angst der Bundesrepublik vor den Überbleibseln der DDR, Chronist der stetigen Veränderung der Großstadt Berlin. Die Besucher können beim Betrachten von „Schlossplatz im Wandel“ oder „Die neue Mitte“ in die Verwandlung der deutschen Hauptstadt eintauchen.
Den Ausgleich zum wilden Gewusel des Urbanen sucht Lehmpfuhl draußen in der Natur. Er lässt sich dabei auch nicht schrecken von den Gewalten, die dort herrschen, von Sturm, Dauerregen und Kälte. „Ich brauche dieses Naturerlebnis, dieses Gefühl für die Temperatur“, so der Künstler. Erst dadurch entstehe die besondere farbliche Intensität seiner Bilder. „Ich will die Situation mit allen Sinnen erspüren.“
Die Ausstellung zeigt auch andere Facetten von Christopher Lehmpfuhl. „Auf Reisen nehme ich immer meine Aquarellfarben mit“, sagt der 47-Jährige. Dementsprechend hängen statt Polaroids oder Postkarten kleine gemalten Souvenirs an der Wand. Gleich daneben findet sich Lehmpfuhls Stammbaum, sein neuestes Projekt. „Es ist ganz gegen jede meiner Traditionen.“ Schwarz-weiß Bilder hat er von Fotografien abgemalt, die Ausschnitte aus seinem Leben zeigen: die Bäckerei des Großvaters, seine Eltern, Reisen in jungen Jahren. Mit dieser neuen Art des Schaffens habe er die Trauer über den Tod seiner Eltern 2018 versucht zu verarbeiten. „Dieser Zyklus erzählt mehr als das Jetzt. Wer bin ich, wo komme ich her?“
„Zwischen Pathos und Pastos. Christopher Lehmpfuhl in der Sammlung Würth“ nimmt die Besucher mit auf eine Reise zwischen urbanem Leben und facettenreichen Natureindrücken. Öffnungszeiten des Museum Würth in Künzelsau-Gaisbach sind täglich von 11 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt. Die nächsten Führungen finden am 8. und 17. November statt. Weiter Infos unter www.kunst.wuerth.com
Denise Fiedler