Landesgartenschau in Bad Mergentheim: „Machbarer Kraftakt“

So wird der Stadtstrand von Bad Mergentheim im Jahr 2034 nach den Veränderungen im Zuge der Landesgartenschau. Foto: Stadt Bad Mergentheim

Aller guten Dinge sind drei: Nun steht fest, dass Bad Mergentheim den Zuschlag für die Landesgartenschau (LGS) 2034 bekommt. Wir haben Oberbürgermeister Udo Glatthaar zu diesem Erfolg befragt.

Herr Glatthaar, drei Anläufe hat es für die Landesgartenschau in Bad Mergentheim gebraucht. Woran lag es?

Udo Glatthaar: In erster Linie an der großen Nachfrage. Und die wiederum gründet darauf, dass die Landesgartenschau in Baden-Württemberg das mit Abstand stärkste und wichtigste Entwicklungsprogramm ist. Kein anderes Projekt setzt für eine Stadt derartige Fördervolumen frei oder hat eine vergleichbare Strahlkraft. Entsprechend stark war in jeder Bewerbungsrunde die Konkurrenz. Wir sind aber nicht die einzige Kommune, die einen langen Atem gebraucht hat. Umso größer ist nun die Freude, dass wir Erfolg hatten und loslegen können. Und übrigens: Unser Landkreis war bisher noch nie Schauplatz einer Gartenschau.

Nun kommt sie endlich 2034. Wie geht es jetzt weiter hinsichtlich Planung und Organisation?

Glatthaar: Das Ausstellungsjahr ist noch weit weg, doch auf dem Weg dorthin liegt viel Arbeit vor uns. Deshalb werden wir keine Zeit verlieren. Der erste ganz konkrete Schritt ist die Erstellung eines sogenannten Rahmenplans, der die Projekte zeitlich strukturiert und auf Förderkulissen des Landes sowie auf die städtische Finanzplanung abstimmt. Hier geht es vor allem um die als Daueranlagen bezeichneten Entwicklungsschritte: Das sind Projekte, die für mindestens zwölf Jahre bestehen müssen, denn nur diese werden bezuschusst. Die Arbeit an diesem Rahmenplan hat begonnen.

Was wurde denn schon konkret erarbeitet?

Glatthaar: Ich kann verraten, dass trotz des dominierenden Themas Corona im April entsprechende Arbeitstermine mit dem Planungsbüro unserer Machbarkeitsstudie wie auch in der Runde unseres verwaltungsinternen Landesgartenschauteams stattgefunden haben. Auch mit der neuen Landesregierung werden wir uns baldmöglichst zusammensetzen, eine erste virtuelle Sondierung mit Vertretern des Wirtschaftsministeriums und Regierungspräsidiums hat es bereits gegeben. Konkret erarbeiten wir einen landschaftsarchitektonischen Ideen- und Realisierungswettbewerb, der in den kommenden zwei Jahren ausgeschrieben werden soll, sowie einen Projektstrukturplan, der uns als dynamisches Planungsinstrument hilft, in Absprache mit dem Regierungspräsidium und den Landesministerien die Projekte, die in der Machbarkeitsstudie zugrunde gelegt sind, quadratmetergenau den Förderprogrammen zuzuordnen.

Stellen wir uns Bad Mergentheim einmal in 13 Jahren, kurz vor der LGS vor: Wie sieht die Stadt bis dahin aus?

Glatthaar: Die Stadt und ihre Stadtteile werden nachhaltig weiterentwickelt und ihre ökologisch ausgerichtete höhere Lebensqualität sichtbar sein. Ihr Besuch könnte dann mit einer Ankunft am neu gestalteten Bahnhofsareal beginnen: ein modernes Stadtentree mit Platzcharakter. Hier steigen Sie um in den Stadtbus oder mieten sich ein E-Fahrzeug oder E-Bike. Mit Letzterem gelangen Sie auf neuen Radschnellwegen zum Beispiel in die nördliche Stadt und sehen dort, wo heute noch eine große Gewerbebrache ist, ein urbanes Quartier mit neuem Wohnraum, kleinen Start-ups, viel Grün und einem tollen Quartiersplatz rund um den zu Tage beförderten und in Terrassen erlebbaren Wachbach. Oder Sie fahren zum anderen Ende Bad Mergentheims, wo eine überbreite Straße zum Grünen Boulevard umgebaut wurde, der zu einem weiteren nachhaltigen und modernen Wohngebiet führt. Vielleicht genießen Sie auch den einzigartigen Panoramablick auf die Stadt vom wiederhergestellten Naturraum Ketterberg mit seinen historischen Weinbergen des Deutschen Ordens und dem angrenzenden klimastabilen ‚Wald der Zukunft‘. Oder es zieht Sie ins Zentrum, welches mit einer aufgewerteten Fußgängerzone auftrumpft, wo urbanes Leben in all seinen Facetten stattfindet.

Wie viel muss Bad Mergentheim für das Projekt in die Hand nehmen?

Glatthaar: Eine grobe Kalkulation liegt vor. Derzufolge investieren wir in die großen Daueranlagen rund 23,4 Millionen Euro netto. Davon gehen fünf Millionen als feste Landesförderung ab, bei allen weiteren Investitionen haben wir einen privilegierten Zugriff auf die unterschiedlichsten Landesprogramme mit einer Förderkulisse zwischen 40 und 80 Prozent. Aufgrund unserer bekanntermaßen angespannten Haushaltslage wird das Land ohnehin wie bisher schon sehr genau auf die Machbarkeit der jeweiligen Projekte schauen. Was dann für die Stadt übrig bleibt, wird auf etwa zwölf Jahre gestreckt. Bricht man das herunter und setzt es ins Verhältnis zu unserem jährlichen Haushaltsvolumen von weit über 60 Millionen Euro, wird deutlich: Die Landesgartenschau ist ein Kraftakt, aber machbar, seriös zu finanzieren und vor allem, die entsprechenden Investitionen werden uns vom Land und unserer haushalterischen Aufsicht, dem Regierungspräsidium, zugetraut. Das Ausstellungsjahr wird uns weitere elf Millionen Euro kosten. Durch Eintritte und Sponsoring kann das aber fast vollständig refinanziert werden.

Was wird sich in Sachen Mobilität in Ihrer Stadt bis 2034 tun?

Glatthaar: Das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel in die Stadt wird weiterhin die Bahn sein. Entsprechend ist die Westfrankenbahn schon heute einer unserer wichtigsten Gesprächspartner. Wir haben uns erst kürzlich wieder zusammengeschaltet, da die Landesgartenschau- und Schienenthemen an vielen Stellen eng verwoben sind und hier noch große Herausforderungen warten. Aber auch der Busverkehr oder die Möglichkeit, moderne E-Autos beziehungsweise E-Bikes zu mieten, spielen in den Planungen für die Gartenschau natürlich eine große Rolle.

In Ihre Konzeption sind auch Wünsche der Bürger eingeflossen. Wie nützlich waren diese?

Glatthaar: Mit fast 600 Ideen von Bürgern sind nicht nur Wünsche eingeflossen. Sondern die Ideen und Vorstellungen unserer Bürgerschaft bilden das Fundament unserer Konzeption. Ohne diese Lust am Gestalten und auch den großen Rückhalt wäre es nicht gegangen. Dies ist von der Fachjury entsprechend positiv gewichtet worden. Sie finden in der Machbarkeitsstudie vielleicht nicht jede Pinnwandnotiz, die mal geschrieben wurde – aber alle großen Themen, die wir gemeinsam diskutiert und als wichtig definiert haben. Ein konkretes Beispiel: Der Jugendgemeinderat von Bad Mergentheim hat sich einen Stadtstrand an der Tauber gewünscht. Zusammen mit den notwendigen Maßnahmen zum Hochwasserschutz und ökologischem Handlungsbedarf, was das Thema Fischdurchgängigkeit betrifft, ist daraus eine ansprechende Gewässer-Gesamtkonzeption geworden. Ein naturnaher Aufenthaltsbereich mit Bio­topcharakter. Ich bin dankbar für diese Impulse.

Interview: Olga Lechmann

Zur Person

Udo Glatthaar ist seit 20. Mai 2011 Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Bad Mergentheim. Nach Abitur und Dienst bei der Bundeswehr studierte er Verwaltungs- und Wirtschaftswissenschaften. Der gebürtige Sigmaringer war früher unter anderem als Geschäftsführer einer Tochter des Beratungsunternehmens EMA Partners International tätig.
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