Maschinenbauer und Zulieferer tagten in Schwäbisch Hall zu Themen wie Nachhaltigkeit, Chancen durch technologischen Wandel und künstliche Intelligenz.
Einschneidende Veränderungen prägen den Markt – neben dem Fachkräftemangel auch der technologische Fortschritt samt künstlicher Intelligenz: Ein Thema, auf das sich die Unternehmen einlassen müssen, meint Professor Dr. Pero Mićić, Professor für Foresight and Strategy an der Steinbeis-Hochschule Berlin. Die Realität sei jedoch meist eine andere: „Wir hassen Veränderung, wir hassen Innovation – außer, sie ist unsere eigene“, sagt er kürzlich vor 211 Teilnehmenden bei der vierten Auflage des Nexel-Symposiums. Es fand erstmals in der Fassfabrik in Schwäbisch Hall statt, wie Isabelle Mansoux, Geschäftsführerin der Qesar GmbH, mitteilt. Sie und ihr Team haben es unter dem Motto „Volle Zukunft voraus“ veranstaltet.
Zehn Sondermaschinen- und Anlagenbauer haben einst das „Netzwerk exzellenter Lieferanten“ (Nexel) gegründet, um Einkaufsvorteile zu erzielen und Wissen auszutauschen. Zu den großen Partnern gehören unter anderem Optima, Schubert und Rommelag. Inzwischen seien es laut Nexel 27 Konzerne samt Tochterunternehmen. Der Kreis der Lieferanten, der laut Jochen Latz von der Qesar GmbH bevorzugt behandelt wird, zählt mittlerweile 165 Betriebe. 15 von ihnen präsentierten sich beim Symposium in der Fassfabrik an Messeständen.
Das Netzwerk von Nexel umfasse 18 000 Mitarbeitende. Doch wie sollen diese gehalten werden? Referent Mićić ist überzeugt, dass die Unternehmer Zukunftsfreude entwickeln und diesen ihren Mitarbeitenden vermitteln müssen. Sonst fehle ein wichtiger Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit. „Es braucht Überzeugung im ganzen Team, dass es nicht nur darum geht, das Geld des Chefs zu vermehren.“ Mitarbeitende wollten etwas bewirken, die Welt verbessern, nachhaltiger agieren.
Zu ChatGPT und KI sagt Mićić: „Wir verpassen, dass es eine exponentielle Entwicklung ist. Und es ist lächerlich, wie sehr wir uns dagegen wehren.“ Er erwarte schon bald humanoide Roboter. „Was eine Maschine kann, ist die Zeit eines Menschen nicht wert.“ Maschinen und künstliche Intelligenz würden physische und kognitive Aufgaben übernehmen. „Wir müssen uns nur darauf konzentrieren, Mensch zu sein.“
Unternehmer „müssen lernen zu verlernen“
Die Veränderung als Chance sehen und nutzen – Möglichkeiten nicht verpassen. Dazu fordert auch Sven Göth auf. Er ist CEO und Gründer des Digital Competence Labs, hat unter anderem zahlreiche DAX-Unternehmen beraten. „Ohne Innovation ist jedes Geschäftsmodell endlich.“ Die Unternehmer müssten „lernen zu verlernen“. Heutzutage könne jeder rasend schnell erfolgreiche Firmen aufbauen und unaufmerksamen Platzhirschen Paroli bieten.
Göth nennt das Beispiel des Influencers „MrBeast“, der 157 Millionen Abonnenten zählt. Als dieser angekündigt habe, einen Burger zu vermarkten, sei er von Fastfood-Ketten belächelt worden. Alleine durch die enorme Reichweite habe der Influencer 1,9 Millionen Burger in den ersten drei Monaten verkauft, während die großen Konkurrenten nachgelassen hatten. Viele Branchen seien von solchen Marktverschiebungen betroffen. Online-Plattformen, Social Media und auch die digitale Welt „Metaverse“ dürften keinesfalls unterschätzt werden. Hugo Boss etwa habe in einer stagnierenden Phase auf Influencer gesetzt und sei „nach oben geschossen“. Gucci verkaufe im „Metaverse“ Taschen deutlich teurer als in realen Geschäften. Göth spricht von Marktsicherungsstrategien. Es sei wichtig, die Interessen der Kunden zu kennen – auch die der nächsten Generation.
Das beschäftigt auch Optima. Der Konzern hat neben Wachstum, Innovation und Qualitätssicherung die Strategien „We care for people“ und „We care for tomorow“ fest verankert, berichtet Geschäftsführer Dr. Stefan König. Die Wünsche der Verbraucher änderten sich. König zeigt als Beispiel eine Sprühflasche mit Reinigungsmittel. „Man will keinen halben Liter Wasser kaufen, worin eine Chemikalie aufgelöst ist, sondern die Chemikalie selbst.“ Tabletten zum Auflösen könnten eine ökologischere Alternative sein.
Mit Nachhaltigkeit betreibe der Abfüll- und Verpackungsmaschinen-Hersteller kein Greenwashing, meint Dominik Bröllochs, der bei Optima ein eigens für „Sustainable Solutions“ gegründetes Team leitet. Umfangreich werde der ökologische Fußabdruck bilanziert – selbst, was die Anfahrtswege der Mitarbeitenden betreffe sowie die Herstellung und Nutzung der Maschinen. Seit 2009 sei der CO2-Verbrauch um 40 Prozent gesenkt worden, bis 2050 soll die Dekarbonisierung 90 Prozent betragen. Das gehe nur mit innovativen Ideen und einer stetigen Weiterentwicklung.
red.