Jährliche Mehreinnahmen von rund 2,5 Milliarden Euro erhofft sich der Bund durch die Ausdehnung der Lkw-Maut auf den Straßen der Republik. Seit dem 1. Juli sind nun etwa 40.000 Kilometer Verkehrsweg mautpflichtig. Vor diesem Stichtag waren es lediglich 2300 – ein frappierender Unterschied, den die Spediteure deutlich spüren.
Aktuell ist Urlaubszeit. Familien, die heutzutage mit dem Auto in die Ferien aufbrechen, haben es deutlich einfacher als früher. Faltkarten, die häufig das gesamte Cockpit ausfüllten, die den ersten Streit schon auf der Hinfahrt provozierten und die ohnehin nur die wenigsten lesen konnten, gehören (glücklicherweise) längst der Vergangenheit an. Heute macht man den Rechner an, gibt sein Urlaubsziel ein und klickt auf Route – fertig. Dazu kann man sich noch angeben lassen, wo Mautstellen sind und auch, wie man diese – zumindest partiell – umfahren kann.
Wie aber verhält es sich bei Lastkraftwagen? Speditionen sind zumeist darauf angewiesen, dass ihre Transporte pünktlich beim Kunden ankommen, doch sie müssen natürlich in erster Linie wirtschaftlich denken. Ein Lkw kann Mautstrecken häufig kaum umfahren – zumal die Lkw-Maut zum 1. Juli auch auf das gesamte Bundesstraßennetz ausgeweitet wurde. Die Gebührenpflicht gilt dann auch für einspurig ausgebaute Strecken sowie Ortsdurchfahrten. Das mautpflichtige Bundesstraßennetz wächst dadurch auf etwa 40.000 Kilometer an.
Es bleibt bei den bekannten Ausnahmen: zum einen für die Bundesautobahn A6 von der deutsch-französischen Grenze bis zur Anschlussstelle Saarbrücken-Fechingen in beiden Fahrtrichtungen. Zum anderen für die Bundesautobahn A5 von der deutsch-schweizerischen Grenze und der deutsch-französischen Grenze bis zur Anschlussstelle Müllheim/Neuenburg in beiden Fahrtrichtungen. Dadurch ergibt sich künftig ein mautpflichtiges Streckennetz von 53.000 Kilometern. Alle Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht müssen die Abgabe zahlen. Der Bund erhofft sich durch die Ausdehnung jährliche Mehreinnahmen von rund 2,5 Milliarden Euro, die in die Straßeninfrastruktur investiert werden sollen. Waren vor dem 1. Juli gerade einmal 2300 Kilometer Bundesstraße kostenpflichtig für Laster, sind es fortan satte 39.000 Kilometer.
Automatische Erhebung bringt Vorteile
Kunden, die bereits bei Toll Collect registriert und deren Lkw mit einer On-Board-Unit (OBU) ausgerüstet sind, müssen für die Mauterweiterung nichts weiter unternehmen und sind bestens vorbereitet. Die automatische Mauterhebung mit der On-Board-Unit bietet für die Kunden eindeutige Vorteile. Zu jeder Zeit ist der Fahrer in der Lage, die Strecke zu ändern, ohne eine Stornierung oder Teilstornierung vornehmen zu müssen. Das verschafft Flexibilität und spart den Unternehmen im Alltag Zeit und damit Geld. So sagt es Toll Collect, das bundesweit 620 etwa vier Meter hohe Kontrollsäulen auf den deutschen Straßen aufgestellt hat. Diese Säulen sind übrigens in knalligem Blau gehalten, damit sie nicht mit Blitzern verwechselt werden und unkontrollierte Reaktionen hervorrufen können.
Doch was machen die Spediteure? Sie werden fast schon dazu gezwungen, die Kosten an ihre Kunden weiterzureichen. So beispielsweise ein Speditionsunternehmen in Lüttringhausen (Nordrhein-Westfalen). Der Seniorchef des Unternehmens spricht von zehn Prozent Aufschlag – pro Transport wohlgemerkt. Insgesamt erwarten Speditionen Mehrkosten von bis zu 30 Prozent – Kosten, die der Verbraucher spüren wird. Je nach Schadstoffklasse und Zahl der Achsen werden pro gefahrenem Kilometer auf Autobahnen und Bundesstraßen zwischen 8,1 und 21,8 Cent fällig, wie Toll Collect mitteilt.
„Transportunternehmen stehen unter enormem Zeit- und Kostendruck. Um rentabel arbeiten zu können, müssen die Unternehmen in der Lage sein, möglichst viele Aufträge auszuführen. Das können sie nur, wenn sie direkte Wege auf gut ausgebauten Straßen wählen“, sagt Claudia Steen, Pressesprecherin bei Toll Collect, in den Nürnberger Nachrichten. Das spült Geld in die Steuerkasse – zum Leidwesen vieler Spediteure, die sich teilweise ganz neu ausrichten müssen.
Timo Lämmerhirt