Frank Stroh: Ein Blick zurück auf sein Amt bei pro Region

Frank Stroh bei der Abschlussveranstaltung der Demografischen Allianz, bei der das dreijährige Projekt offiziell beendet wurde. Foto: pro Region

Mit seiner Art verstand es Frank Stroh, wichtige Meilensteine in der Region Heilbronn-Franken zu setzen und auf deren Durchführung zu pochen. Ein Vierteljahrhundert, nachdem er gemeinsam mit Reinhold Würth die Bürgerinitiative pro Region gründete, legt er sein Amt als stellvertretender Vorsitzender des Beirats nieder und blickt auf die Veränderungen zurück, die er seit 1997 mit angestoßen hat.

Vor 25 Jahren haben Sie gemeinsam mit Reinhold Würth die Bürgerinitiative pro Region auf den Weg gebracht. Auch damals war die wirtschaftliche Lage angespannt. Braucht es Krisen, um Veränderungen anzustoßen?

Frank Stroh: Man kann die Situation der 90er Jahre nicht mit der heutigen Zeit vergleichen. Damals waren die Verhältnisse schon schlimm. Wir haben in einem Jahr über 10.000 Arbeitsplätze im Bereich Metall- und Elektroindustrie verloren und es herrschte keine gute Stimmung in der Region. In einer solchen Lage muss man den Menschen aufzeigen, dass es eine Perspektive gibt. Das war zum damaligen Zeitpunkt auch möglich. Im Moment sieht es allerdings etwas anders aus, denn die Entwicklung ist wesentlich dramatischer. Nirgendwo ist abzusehen, wo wir enden, und es gibt keine Leitlinien mehr, an denen man sich orientieren kann. Man hat ein wenig das Gefühl, dass man hilflos der Entwicklung ausgeliefert ist. In den 90er Jahren war dies nicht so, da hatte man das Gefühl, dass man etwas reißen kann, wenn man zusammensteht.

Und was war dann der entscheidende Impuls zur Gründung von pro Region? Warum brauchte es die Initiative?

Stroh: Heilbronn-Franken war seinerzeit eine Region, in der viel gejammert wurde. Und nur durchs Jammern alleine bewegt man nichts. Daher brauchte es Impulse in der Region, die den Menschen eine Zuversicht für ihre Zukunft aufzeigten. Ich denke, dass das in der Zusammenarbeit von Reinhold Würth und mir auch gelungen ist, weil wir sehr unterschiedlich gepolt sind – er als großer Unternehmer und ich damals noch als Bevollmächtigter der IG Metall.

Warum braucht die Region die Bürgerinitiative 25 Jahre später noch immer?

Stroh: Die Region befindet sich immer noch in einem Wandlungsprozess. Mit der laufenden Transformation und dem Digitalisierungsprozess sowieso. Pro Region kann eine Klammer für die Region Heilbronn-Franken sein, die sich dieser Themen annimmt, die Menschen einen Teil des Weges begleitet und versucht ihnen die Angst vor der bereits laufenden Veränderung ein Stück weit zu nehmen.

Die Bürgerinitiative hat im Laufe der Jahre zahlreiche Themen von regionaler Tragweite aufgegriffen. Welche ziehen sich wie ein roter Faden von damals bis heute?

Stroh: Die Frage war, wie wir ein Wir-Gefühl in der Region Heilbronn-Franken wecken können und wie wir es schaffen, dass die Menschen stolz darauf sind, aus der Region zu kommen. Daran haben wir von Anfang an gearbeitet. Das lief über die Regionaltafeln, um die Kirchtürme in der Region etwas schrumpfen zu lassen. Denn diese gab es und auch die dazugehörigen Besitzer, die peinlichst darauf geachtet haben, dass sich da nicht zu viel ändert.

Hat sich dieses Kirchturmdenken inzwischen geändert?

Stroh: Das hat sich in den vergangenen 25 Jahren sehr gewandelt. Und das hat auch etwas mit dem Generationenwechsel zu tun, der in den leitenden Funktionen in der Region stattgefunden hat. Die jüngere Generation geht ganz anders an die Führungsfunktion heran, ist offener und erkennt auch, dass Zusammenarbeit und Zusammenhalt wichtig sind. Das gibt gute Signale nach außen. Die Region ist weiter zusammengewachsen und das muss sie auch angesichts der Herausforderungen, die auf uns zukommen. Da muss man sich nur die Transformationsprozesse in der Automobilindustrie als einer der großen Arbeitgeber in der Region anschauen.

Welche Fortschritte hat pro Region noch bewirkt? Und was bleibt zu tun?

Stroh: Einen bleibenden Wert hat pro Region beim Thema demografischer Wandel in den 24 daran beteiligten Kommunen geschaffen. Durch die Pandemie ist das natürlich etwas in der Wahrnehmung zurückgetreten, aber es hat sich sehr viel getan, um den demografischen Wandel etwas zu verkleiden. Und ich denke, es war unser Anstoß, sich des Themas Transformation anzunehmen. Wir hatten 2019 eine Veranstaltung, bei der wir aufgezeigt haben, welche Entwicklungen kommen werden und bei der der Vorschlag von pro Region gekommen ist, einen Beirat mit allen wichtigen Entscheidungsträgern in der Region zu gründen, die diesen Transformationsprozess begleiten. Das hat hervorragend geklappt und der Beirat hat zwei gute Leute an der Spitze. Man muss sich nur ansehen, was die Wirtschaftsförderung jetzt gemeinsam hinbekommt und was es dort an Geld gibt – das sind mehrere Millionen Euro, die der Region in einem solchen Prozess guttun.

Ihre Funktion im Beirat von pro Region legen Sie ausgerechnet im Jubiläumsjahr nieder. Wieso ist das für Sie der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören?

Stroh: Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn man benötigt in einer solchen Funktion ein Netzwerk. Ich hatte ein gutes Netzwerk und habe es noch in Teilen. Das Problem ist nur, dass das Netzwerk mit mir gealtert ist. Das heißt, die jetzigen Entscheidungsträger sind nicht mein altes Netzwerk und von daher ist die Arbeit etwas schwierig. Und dann wird es Zeit aufzuhören.

Sie setzen sich seit Jahren beim Sozialverband VdK und in Ehrenämtern für die Belange sozial benachteiligter Menschen ein. Welchen besonderen Handlungsbedarf sehen Sie angesichts der aktuellen Situation in der Region?

Stroh: Beim Thema Pflege muss darauf geachtet werden, dass ausreichend qualifizierte Pflegeplätze für die Menschen aus der Region vorhanden sind. Und bei der Kurzzeitpflege ist es ein Mangel, wenn Menschen, die aus dem Krankenhaus kommen, diese benötigen und keine bekommen. Ein weiteres Thema ist der bezahlbare Wohnraum. Ich befürchte, dass uns das Thema in den nächsten Jahren um die Ohren fliegen wird, wenn die Nebenkosten weiter steigen und manche Menschen ihre Wohnungen nicht mehr halten können. Das sind Themen, an denen wir als Sozialverband VdK dran sind. Wir organisieren im Oktober eine größere Veranstaltung zum Thema Bestandsaufnahme: Wieviel bezahlbaren Wohnraum haben wir überhaupt und wo wird die Entwicklung hingehen? Dazu haben wir alle Bürgermeister des Landkreises Heilbronn eingeladen.

Gibt es Ansatzpunkte, bei denen pro Region hierbei unterstützen könnte? Bedarf es weiterer Projekte, wie das der Demografischen Allianz?

Stroh: Pro Region unterstützt beim laufenden Transformationsprozess. Mit diesem hängt auch die Demografische Allianz zusammen. Die Bürgerinitiative muss auch ältere Arbeitnehmer dazu bringen, dass sie sich für Dinge, die sich verändern, qualifizieren lassen. Das heißt, man muss in einem 50- oder 60-Jährigem die Bereitschaft wecken, sich an Qualifizierungs­maßnahmen zu beteiligen. Das ist ein dickes Brett, das gebohrt werden muss. Pro Region muss angesichts des Klimawandels auch andere Themen wie die Erzeugung regionaler Lebensmittel angehen. Es gibt ein breites Feld, das die Bürgerinitiative angehen kann. Das Problem dabei ist, dass sie ein gemeinnütziger Verein und somit auf Spenden angewiesen ist. Da sind die Firma Würth und die Person Reinhold Würth als Großspender zu nennen. Was die Zukunftsplanungen von pro Region betrifft, werde ich mich schön heraushalten und diese dem neuen Vorstand überlassen. Denn es gibt nichts Schlimmeres als die Alten, die nicht loslassen können.

Wie blicken Sie auf die weitere Zukunft der Region Heilbronn-Franken? Bleiben Sie optimistisch?

Stroh: Ich denke die Region hat durchaus eine gute Zukunft, wenn es uns gelingt den Transformationsprozess gemeinsam zu gestalten. Und wenn man sieht, was sich vor allen Dingen im Bereich Hochschulstudium, nicht nur in Heilbronn, sondern auch in Künzelsau, abspielt, dann gibt es hier einen Grundstock, auf dem die Region weiter gut aufbauen kann. Im sozialen Bereich müssen wir darauf achten, dass bei allem, was derzeit läuft, die Spaltung zwischen Arm und Reich in der Region nicht zu groß wird. Ich denke, das ist ganz wichtig. Und es kann gelingen, indem man sich der Menschen annimmt, die am Rande der Gesellschaft stehen, und ihnen auch deutlich sagt: Wir lassen euch nicht allein, wir unterstützen euch, wir helfen euch. Das machen wir beim VdK über die Sozialberatung. Wir zeigen, auf welche Leistungen die Menschen Anspruch haben und wo man welche Unterstützung bekommen kann.

Beatrix Drescher /Dirk Täuber