Nachhaltigkeit in der Baubranche

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Umweltpreisträgerin Dagmar Fritz-Kramer setzt beim Bau auf den Rohstoff Holz. Foto: Baufritz

Nachwachsende Rohstoffe, Recyclingfähigkeit, Dämmstoffe: Dagmar Fritz-Kramer, Trägerin des Deutschen Umweltpreises, erklärt, wieso Nachhaltigkeit in der Baubranche so wichtig wird.

Ihr Unternehmen Baufritz setzt fast ausschließlich auf Holz. Welche Vorteile bietet der Baustoff?

Dagmar Fritz-Kramer: Holz speichert CO² ein. Das ist wichtig für die Dekarbonisierung unserer Produkte. Wir arbeiten ressourceneffizient mit nachwachsenden Rohstoffen, um eine Alternative zu bieten zu Baustoffen, die mit viel Energie und CO² Verbrauch produziert werden. Darüber hinaus ist Holz leicht, statisch extrem belastbar und schön.

Es gibt doch sicher auch Nachteile …

Fritz-Kramer: Auch der Rohstoff Holz steht nicht unendlich zur Verfügung. Wir müssen sorgsam mit diesem Hightech-Baustoff umgehen. Der Wald in seiner heutigen Form mit vielen Monokulturen wird den Klimawandel so nicht überleben. Der Forstwirtschaft muss beim nachhaltigen Umbau der Wälder dringend geholfen werden. Das Stichwort hier heißt „Carbon Farming“.

Das bedeutet?

Fritz-Kramer: Carbon Farming zielt darauf ab, die Kohlenstoffanreicherung in landwirtschaftlichen Böden zu fördern. Die Konzeption besteht darin, den Kohlenstoff, der durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre freigesetzt wird, zurück in den Boden zu bringen. Dieser Ansatz trägt dazu bei, den Kohlenstoffkreislauf zu schließen.

Etwa 40 Prozent der CO²-Emissionen gehen auf das Konto des Gebäude- und Bausektors. In welcher Größenordnung muss sich das Bauen mit Holz durch- setzen, um die Emissionen zu senken?

Fritz-Kramer: Es wird immer wichtiger, das Bauen mit Holz für alle Gebäudearten zu forcieren. Beim Gewerbebau liegt der Holzbauanteil bei nur einem Prozent, beim Bau von Einfamilienhäusern immerhin bei 25 Prozent. Darüber hinaus sollte das Segment der Recycling-Baustoffe, zum Beispiel Recycling-Beton, schnell den Weg in den Markt finden.

Stichwort Recyclingfähigkeit von Baustoffen. Hat sich hier in den letzten Jahren etwas verbessert?

Fritz-Kramer: Aktuell spielt die Recyclingfähigkeit in den bestehenden Zertifizierungen noch eine untergeordnete Rolle. Um unsere Ressourcen im Bestand besser nutzen zu können, muss man hier noch deutlicher ran. Die Recyclingfähigkeit eines Gebäudes sollte vor Abriss geprüft werden müssen.

Für engergieeffizientes Bauen spielen auch Dämmstoffe eine zentrale Rolle. Doch nachhaltige Rohstoffe wie Holz, Stroh, Hanf oder Seegras kommen noch wenig zum Einsatz. Woran liegt das?

Fritz-Kramer: Die nachhaltigen Rohstoffe waren bisher teurer als die konventionellen Rohstoffe wie Steinwolle, Glaswolle und Styropor. Aktuell werden nur acht Prozent der Gebäude in Deutschland mit nachwachsenden Rohstoffen gedämmt. Auch bei der Energieberechnung hatten sie das Nachsehen.

Was muss getan werden, damit es für Bauherren attraktiver wird, nachhaltige Baustoffe zu wählen?

Fritz-Kramer: Die seit 2023 gültigen Fördermittel für nachhaltige Gebäude würdigen nun erstmals die niedrige CO²-Bilanz dieser Rohstoffe über den Lebenszyklus. Leider sind die Fördermittel selbst Profis noch recht fremd.

Sie haben vorhin aufgezeigt, dass Holz beim Gewerbebau mit einem Prozent noch eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Was muss sich hier ändern?

Fritz-Kramer: Hier besteht ein großer Bedarf, die Gebäude klimaneutral umzubauen und sie zukunftsfähig zu machen. Mit attraktiven Abschreibungsmöglichkeiten für diese Maßnahmen würde sich hier schnell was bewegen.

Zurück zu Ihnen: Sie wurden mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Kurz und knapp: Warum haben Sie diese Auszeichnung erhalten?

Fritz-Kramer: Weil der nachhaltige Holzbau seit vier Generationen unsere Leidenschaft ist. Mit viel Innovationskraft, Pioniergeist und Mut haben wir als Unternehmen mit mittlerweile 40 Patenten und Schutzrechten einige Akzente für die Bauwende zum Klimaschutz setzen können.

Baufritz stand also schon für Nachhaltigkeit, bevor der Begriff in aller Munde war. Warum sind Sie so früh diesen Weg gegangen?

Fritz-Kramer: Ausschlaggebend war ein persönlicher Schicksalsschlag Ende der 70er Jahre. Meine Mama erkrankte an Krebs, der auf Gifte in unserem Wohnumfeld zurückzuführen war. Das änderte unser Denken darüber, wieviel Verantwortung wir für Mensch und Umwelt mit unserem Bauen haben.

Und in welchen Bereichen möchten Sie künftig noch nachhaltiger werden?

Fritz-Kramer: Wir möchten bis 2025 Zero-Waste-Betrieb werden. Auf unseren Baustellen entsteht leider immer noch viel zu viel Verpackungsmüll. Jeder Wasserhahn kommt mit aufwändiger Verpackung. Parallel müssen wir auch noch unser Logistiksystem überprüfen. Leider verbringen unsere Mitarbeiter und alle Bauteile immer noch viel Zeit auf der Straße. Es gibt also viel zu tun.

Interview: Teresa Zwirner