„Ohne euch müsste ich ins Heim“

Zuverlässig, kompetent und liebenswert – so beschreiben die Patienten die mobilen Pflegefachkräfte der Diakoniestation Schozach­-Bottwartal. Für viele Kunden sind sie der einzige Ansprechpartner am Tag. Wir haben Krankenschwester Ute Müller begleitet, die täglich im Dienst der Patienten arbeitet.

Sechs Uhr morgens in der Diakoniestation Schozach-Bottwartal: Krankenschwester Ute Müller ist bereits auf der Station – sie holt die Haustürschlüssel der Patienten, die ihre Türe nicht mehr selbst öffnen können. Müller packt auch ihr Diensthandy ein, auf dem die Tour zu den Patienten hinterlegt ist. Im Übergabebuch schaut sie nach, ob ihre Kollegen nach dem Abenddienst Infos notiert haben, die ihre Patienten betreffen. Ihre Tour erstreckt sich im Schozach-Bottwartal von Abstatt nach Unterheinriet und von Untergruppenbach nach Oberheinriet.

Wir begleiten die Schwester bei ihrem Einsatz in Donnbronn, einem Ortsteil von Untergruppenbach.Sobald Krankenschwester Ute Müller im Auto zu den Patienten sitzt, lässt sie ihr Privatleben hinter sich. Müller sagt: „Schlechte Tage gibt es nicht für mich, persönliche Sorgen hat ja jeder.“ 15 Patienten warten darauf, von der Krankenschwester unterstützt zu werden. Sie soll ihnen unter anderem helfen bei der Medikamentengabe, beim Gummistrümpfe anziehen,bei der Körperpflege sowie der Wundversorgung. Die Krankenschwester spricht mit ihnen auch über ihre Sorgen und Ängste.

Die erste Patientin für Schwester Ute an diesem Freitagmorgen ist Else Turba. Sie schläft noch, als die Schwester um 6.30 Uhr die Haustür aufschließt. Bevor sie die alte Dame weckt, brüht sie ihr Kaffee auf und macht ihr ein Müsli. Nach dem Aufstehen hilft die Krankenschwester der Seniorin beim Anziehen und bei der Körperpflege. Else Turba sagt: „Es ist herrlich, den Kaffee zu riechen, wenn die Schwester mich geweckt hat. Ich bin dankbar, wenn ich mich an den Tisch setze und schon alles vorbereitet ist.“

Ein paar Straßen weiter, am Donnbronner Ortseingang wohnt Elsbeth Klein, die nächste Patientin. Sie wartet bereits in ihrem Sessel im Wohnzimmer auf die Schwester. Für sie ist neben der professionellen Pflege der Austausch mit den Pflegefachkräften besonders wichtig. „Der Besuch der Pflegefachkräfte ist mein einziger Kontakt zur Außenwelt. Darauf freue ich mich jeden Morgen und jeden Abend. Dann wird auch mal ein Späßle gemacht und man fühlt sich nicht so einsam“, sagt Klein. Viele Familien von Pflegebedürftigen wohnen nicht in direkter Nähe. Die Pflegefachkräfte seien daher oft der einzige soziale Kontakt, sagt Müller. Die Familien wiederum seien dankbar für die zuverlässige Betreuung ihrer Angehörigen.

Wer außerdem Unterstützung im Haushalt und beim Putzen benötigt bekommt diese Hilfe auch bei der Diakonie. Darum kümmert sich die Haus-und Nachbarschaftshilfe. Den dritten Halt macht Krankenschwester Ute Müller bei Silvia Mayer am Ortsausgang. „Schön, dass Sie wieder da sind“, so wird die Krankenschwester häufig begrüßt. Die Patientin ist froh über die zuverlässige und regelmäßige Pflege im eigenen Zuhause: „Ich freue mich, wenn ich das Auto höre. Dann weiß ich, es kommt ein hilfsbereiter und liebenswerter Mensch und mein Tag beginnt positiver.“ Sie ergänzt: „Ich weiß, da ist jemand Kompetentes, der mir hilft.“

Die vierte Patientin ist nicht leicht zu erreichen, denn vor ihrem Haus ist eine Baustelle. Die Schwester läuft etwa 500 Meter zu Fuß zu Lore Hirsch. „Das gehört auch dazu. Mit äußeren Einflüssen wie Stau, Baustellen und Schnee werden wir täglich konfrontiert. Wir versuchen dennoch pünktlich zum Patienten zu kommen“, sagt Müller. Lore Hirsch ist nicht mehr gut zu Fuß. Sie wird im Bett gepflegt. „Wenn ihr nicht wärt, müsste ich ins Heim“, sagt sie zur Schwester. Um das zu verhindern, helfen alle mit. Die Familie und die Nachbarn unterstützen sie in Zusammenarbeit mit dem Pflegedienst. „Die Unterstützung geht Hand in Hand“, fügt Schwester Ute hinzu. Für Lore Hirschs Sohn Hagen zum Beispiel führt der erste Weg von der Nachtschicht direkt zu seiner Mutter. Dann bereitet er ihr das Frühstück zu. Im Anschluss führt die Pflegefachkraft der Diakonie die Hilfe fort. Lore Hirsch verdeutlicht, wie wichtig die Zusammenarbeit der Familie und der Diakoniestation ist: „Die Familie, ein gutes Umfeld und die individuelle Pflege sind wichtig, wenn man pflegebedürftig ist.“ Damit spricht sie vielen Patienten aus dem Herzen. Müller ergänzt: „In Notfällen gibt es einen Notrufknopf, den tragen die Patienten um den Hals. Wenn die Patienten ihn drücken, wird die Sozialstation alarmiert.“

Ute Müller hat 18 Jahre Berufserfahrung bei der Diakonie Schozach-Bottwartal. In all den Jahren haben ihr die tägliche Anerkennung und die Dankbarkeit der Patienten Kraft und Motivation für den Pflegeberuf gegeben. Denn dieser ist, wie sie sagt, nicht immer einfach. Dabei ist ihr wichtig, dass sie jeden Patienten genauso behandelt wie auch sie selbst behandelt werden möchte. „Auch wenn die Pflege der Patienten zeitlich durch den Tourenplan getaktet ist: Wenn ein Patient Sorgen hat, nehme ich mir Zeit für ein liebes Wort oder eine herzliche Umarmung“, sagt die Schwester. Sie fügt hinzu: „Das entspricht dem diakonischen Auftrag, denn die Patienten sollen mit ihren Sorgen und Ängsten gesehen werden.“

In Donnbronn ist Lore Hirsch die letzte Patientin. Ute Müllers Arbeitstag geht aber noch bis zwölf Uhr. Was sie noch erwartet, weiß sie nicht. Die Pflegefachkräfte haben täglich dieselben Aufgaben und doch ist die Tour jeden Tag anders. Dabei gibt es viele schöne Momente, in denen die Patienten den Pflegefachkräften ihre Wertschätzung zurückgeben möchten. Wie beispielsweise Lore Hirsch. Als kleines Dankeschön stellt sie täglich eine Pralinenschachtel bereit. Schwester Ute weiß dann genau, was Lore Hirsch gleich sagen wird: „Und jetzt greifen Sie noch in die Pralinenschachtel und nehmen sich eine Praline.“

Nadja Müller

Zur Person
Ute Müller arbeitet seit 2001 bei der Diakoniestation Schozach-Bottwartal. Sie ist Krankenschwester und zertifizierte Wundexpertin ICW (Initiative Chronische Wunden).