Sinnlich muss es sein

In der Druckerbranche gibt es heute kaum noch Grenzen. Alles scheint möglich. Die Produkte sind vielfältig und können auf die jeweiligen Bedürfnisse und Wünsche des Kunden individuell zugeschnitten werden.

Samtweich, gestochen scharf, fantasievoll, spürbare Natur, hochwertig oder verspielt? Es gibt nahezu nichts, was Druckereien heute nicht bieten könnten. Für jeden Zweck und für jeden Anlass. Ganz persönlich oder in Massen. Neben dem klassischen Zeitungsdruck, Zeitschriften oder Werbebeilagen gibt es ungezählte Produkte, welche die Druckindustrie produziert und veredelt. Manche sind Evergreens, andere sind neu, wieder andere uralt und nun wiederentdeckt. Visitenkarten aus Holz zum Beispiel. Hauchdünn mit zarter Prägung – Augenweiden und Handschmeichler, beste Eigenwerbung für ein Designbüro. Oder der Bucheinband der Firmenchronik von Cotterell aus Hamburg: grobes Leinen, genau jenes Material, aus dem Säcke für die Kakaobohnen gemacht werden, die der Familienbetrieb seit 125 Jahren aus Übersee importiert. Toll fürs Image.

Individualismus statt Massenware hat sich auch Sven Winterstein auf die Fahne geschrieben. Der gelernte Druckvorlagenhersteller arbeitet mit Maschinen und Techniken aus den 60er Jahren. Produziert wird im Printstudio Letterjazz nicht in erster Linie billig, sondern im Sinne der Kunden „wirtschaftlich“. Denn Unternehmen wie Christian Dior, BMW, Red Bull oder Diesel setzen immer öfter auf den Effekt von visuell und haptisch ansprechenden Druckprodukten – Broschüren, Prospekte, Verpackungen oder Etiketten. Sie wissen, dass hochwertige Druckerzeugnisse als Teil ihrer Produkte wahrgenommen werden. Das ist ebenfalls gut für das Firmenimage und beflügelt den Verkauf. Unterm Strich also rechnet sich der Aufwand – die Firma Apple ist das beste Beispiel.

Die Kommunikation mit aufmerksamkeitsstarken Printprodukten spielt gerade bei leicht austauschbaren oder schwer erklärbaren Waren- und Dienstleistungsangeboten eine entscheidende Rolle. Einen hohen Erinnerungswert haben Druckprodukte, die parallel mehrere Sinne ansprechen, das heißt mehrere Hirnregionen aktivieren. Mit einem gut gestalteten Mailing „Should I stay or should I go“ wirbt daher die Firma Jones Lang LaSalle für ihre Dienstleistungen rund um Gewerbeimmobilien – ein eigentlich nüchternes Geschäftsfeld. Wenn aber beim Öffnen der Klappkarte der gleichnamige Song von „The Clash“ ertönt, reißt es einen förmlich vom Hocker. So etwas merkt man sich – und nicht nur das: Diese Karte wandert durch das gesamte Büro und aus jedem Zimmer kommt die gleiche Reaktion: Wow!

Ausgezeichnet wirken auch Kalender, ein Markt im Aufwind. Sie sind unverzichtbar im Berufs- und Privatleben und gehören deshalb zu den beliebtesten Werbeartikeln aus Papier. Größe, Form, Motive, Farben, visuelle Effekte, vielleicht sogar Geruchsapplikationen senden Signale und wecken unbewusst Emotionen. Zum Beispiel ein Timer mit Bundesliga-Terminen, dessen Einband wie Rasenfläche anmutet, oder ein Wandkalender mit ästhetisch fotografierten Gewürzen, die man bei Berührung der Seiten sogar riechen kann. Perfekt für den Lebensmittelhandel oder Hersteller von Küchenaccessoires. In einer Studie konnten mehr als zwei Drittel der Teilnehmer benennen, welchem Unternehmen sie ihren Werbekalender verdanken.

Zeitschriften gibt es heute mehr denn je – trotz umfassender Informationsangebote im Internet. Und auch, wenn der gute alte Otto-Katalog nicht mehr zwei Mal jährlich mit einer Auflage von 10 000 000 erscheint, so werden heute stattdessen 35 Einzelkataloge veröffentlicht, die Lust auf Mode, schönes Wohnen oder ein neues Garten-Konzept machen. Sogar die klassischen Onlinehändler wie Zalando und Amazon entdecken Printkataloge als ein wichtiges Instrument, um Kunden zu erreichen und zu binden. Zuhause oder auf dem Weg zur Arbeit wird in Ruhe geblättert – und dann online bestellt.

Die modernen Techniken ermöglichen Druck auf nahezu allen Materialien. Dazu gehören die fantasievoll bedruckbaren Folien von Papier Union, yupo (japanisch für Oktopus), die mit Mikrosaugnäpfen an nahezu allen Oberflächen rückstandslos haften. Schaufenster werden damit im Handumdrehen zu Magneten. Die Firma DeinDesign bietet online die individuelle Gestaltung und Bedruckung von nahezu allen Handycases an. Damit wird das Telefon zum stylischen, unverwechselbaren Einzelstück – oder vielleicht zum Bekenntnis als Star-Trek- oder FC-Union-Heilbronn-Fan. Und auch Teile einer besonders traditionellen Branche, die deutschen Winzer, entdecken Print neu. Mit coolen Etiketten setzen sie sich erfolgreich durch gegen „Sütterlinschrift auf beigem Grund“. Und es gibt sogar Etiketten, die über Farbcodes anzeigen, ob der Tropfen die empfohlene Trinktemperatur hat. Auch das kann Druck. Womit wir wieder beim Thema „mit allen Sinnen erleben“ wären.

Mit all diesen Leistungen erobert sich die Druckindustrie im öffentlichen Ansehen den Platz zurück, den manche ihr im Zeitalter der Digitalisierung nicht mehr zugestehen wollten. Sie ist eine absolut unverzichtbare Branche in unserer Kommunikationsgesellschaft.

Bettina Knape

Bettina Knape arbeitet als Pressesprecherin des Bundesverband Druck und Medien e.V. (bvdm). Der bvdm ist der Spitzen­verband der deutschen Druckindustrie. Als Arbeitgeberverband, politischer Wirtschaftsverband und technischer Fachverband vertritt er die Positionen und Ziele der Druck­industrie gegenüber Politik, Verwaltung, Gewerkschaften und Zulieferern.