Viele richtige Entscheidungen

Ist Heilbronn-Franken eine Region, die auch in Zukunft ihren Erfolg sichern kann? Der Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Heilbronn- Franken, Andreas Schumm, stellt sich den Fragen des PROMAGAZINs.

Herr Schumm, ist Heilbronn-Franken eine Zukunftsregion?

Schumm: Diese Frage mit einem eindeutigen „Ja“ zu beantworten, ist deshalb schwierig, weil an der Performance für eine Zukunftsregion getreu dem Motto „Stillstand ist Rückschritt“ ständig weiter gearbeitet werden muss. Das betrifft die Rahmenbedingungen wie die Infrastrukturen, die Bildungslandschaft oder die Demografie aber auch die wirtschaftliche Entwicklung in Industrie, Handwerk und Dienstleistungen. Betrachtet man die aktuelle Einschätzung anhand des vor Kurzem veröffentlichten Prognos-Zukunftsatlasses 2016, dann wird die Behauptung, dass die Region Heilbronn-Franken insgesamt ganz gute Zukunftschancen hat, von externen Gutachtern mit belastbarem Datenmaterial belegt. Dazu tragen gute bis sehr gute Bewertungen in den Teilindizes „Wohlstand und Soziale Lage“, „Wettbewerb und Innovation“ sowie „Wirtschaft und Arbeitsmarkt“ bei.

Welche Merkmale machen die Region heute so erfolgreich?

Schumm: Der heutige Erfolg baut auf den vielen richtigen Entscheidungen der Vergangenheit auf. Seien es die richtigen Entscheidungen bei der infrastrukturellen Entwicklung, vor allem der Straßeninfrastruktur, oder auch die technologischen Entscheidungen und Innovationen der Unternehmen, die maßgeblich zur positiven Entwicklung beigetragen haben. Daraus abgeleitet tragen der Branchenmix, die Standortverbundenheit der Unternehmen und die „Macher-Mentalität“ der Menschen maßgeblich zum Erfolg bei. Für die Zukunft ist wichtig, dass die Rahmenbedingungen den sich ständig veränderten Anforderungen angepasst werden. Dazu gehört die Etablierung von sogenannten Zukunftsbranchen, aber auch die Weiterentwicklung des Bestands. Mitentscheidend werden aus heutiger Sicht vor allem die Digitalisierung und die quantitative und qualitative Sicherung des Fachkräftebedarfs sein.

Welchen Herausforderungen muss sich die Region frühzeitig stellen, um den Anschluss nicht zu verlieren?

Schumm: Die zentrale Herausforderung ist die Digitalisierung. Hier sind unsere Ausgangsbedingungen als eher dünn besiedelte ländliche Region bekannterweise nicht die besten, andererseits sind die Anforderungen und Notwendigkeiten auf der Nachfrageseite mit denen in den Ballungsräumen vergleichbar. Diese Lücke muss geschlossen werden, da die Möglichkeiten zur globalen Vernetzung immer mehr über das Wohl und Wehe eines Standortes entscheiden. Gleichwohl dürfen die anderen Herausforderungen beispielsweise in den Bereichen Infrastrukturen, Bildung oder Lebensqualität nicht vernachlässigt werden.

Welche Veränderungen sind heute schon bei Unternehmen spürbar?

Schumm: Beim unternehmerischen Handeln gehören Veränderungen zum Alltag. Dies betrifft wettbewerbliche Veränderungen auf den Märkten oder technologische Veränderungen, die sich aber auch positiv im Zugang zu neuen Märkten zeigen können. Spürbar sind natürlich die globalere Vernetzung oder die Internationalisierung. Teilweise merkt man die Herausforderungen der Unternehmensnachfolge vor allem bei klein- und mittelständischen Unternehmen und die punktuell und branchenbezogene Problematik der Fachkräftesicherung, angefangen bei den Auszubildenden über qualifizierte Fachkräfte bis hin zum akademischen Nachwuchs.

Wo muss die Region Maßnahmen ergreifen, um an der Spitze zu bleiben?

Schumm: Die Region muss weiterhin alles dafür tun, attraktive Standortbedingungen für die Unternehmen aber auch für die Menschen, die hier arbeiten sollen, zu schaffen und sicherzustellen. Dazu benötigt es den Zusammenschluss von Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Den Blick über den Tellerrand und den daraus abgeleiteten gemeinsamen Schulterschluss gilt es in Zukunft zu intensivieren.

Ist Heilbronn-Franken in puncto Digitalisierung und Vernetzung gut genug aufgestellt?

Schumm: Da sich die Anforderungen gerade in diesem Bereich permanent weiterentwickeln, ist man, glaube ich, niemals gut genug aufgestellt. Gleichwohl sind in der jüngeren Vergangenheit viele Überlegungen zur besseren Digitalisierung vorangetrieben worden. Häufig mangelt es noch an der konkreten Umsetzung. Aber auch da bin ich zuversichtlich, dass in naher Zukunft spürbare Verbesserungen zu erzielen sein werden, wenngleich sich die Anforderungen häufig schneller weiterentwickeln als die Umsetzung erfolgen kann. Man läuft Gefahr immer einen Schritt hinterher zu laufen. Andererseits wird es volkswirtschaftlich schwierig werden, jeden Winkel der Region mit dem höchsten Maß an Datengeschwindigkeit und Bandbreite zu versorgen. Das stellt möglicherweise einen Nutzer schlechter als den anderen. Jedoch muss es aktuell das erste Ziel sein, die Unternehmen in allen Gewerbegebieten mit ausreichenden Kapazitäten zu versorgen. Dass hier noch Nachholbedarf besteht, zeigt wiederum der Prognos-Zukunftsatlas. Im erhobenen Digitalisierungskompass landet die Region eher im Mittelfeld.

Wodurch wird sich die Region auch noch in zehn, 20 oder 50 Jahren auszeichnen?

Einerseits hoffe ich, dass es noch die ähnlichen Merkmale sind wie heute, also die wirtschaftliche Stärke, die Lebensqualität, die Sicherheit, die Offenheit oder der Unternehmergeist. Andererseits hoffe ich auch, dass neue Merkmale im Zuge des allgemeinen Wandels hinzukommen, die wenn möglich zu positiven Alleinstellungsmerkmalen entwickelt werden können.

Was kann die WHF machen, um die Region auf die Zukunft vorzubereiten?

Schumm: Wir versuchen, frühzeitig Trends zu erkennen und darauf aufbauend Plattformen, Netzwerke und Veranstaltungsformate zu initiieren. Darüber hinaus versuchen wir auf diese Art für bestimmte Themen zu sensibilisieren, um ihnen Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Ferner kümmern wir uns um die Generierung von Pilotprojekten in unseren Kernbereichen Standortmarketing und Fachkräfteakquise.

Warum ist eine gemeinsame Wirtschaftsförderung für die gesamte Region sinnvoll?

Weil es Themen gibt, die nur in größeren räumlichen Zusammenhängen wirkungsvoll und effizient umgesetzt werden können, beispielsweise wenn es darum geht, Aufmerksamkeit und damit eine höhere Bekanntheit außerhalb der Region zu erzielen. Gleichwohl gibt es auch Themen, die sehr viel besser auf der lokalen Ebene angegangen werden müssen. Im Ergebnis gilt es eine optimale Abstimmung zwischen allen Akteuren auf den unterschiedlichen Ebenen hinzubekommen. Dies schließt auch einen engen Austausch zwischen kommunaler Seite, der Wirtschaft und der Wissenschaft mit ein. Dies unter dem Dach einer regionalen Wirtschaftsförderung koordiniert und abgestimmt anzugehen, stellt einen Mehrwert für die gesamte Region Heilbronn-Franken dar.

Interview: Anja Gladisch