Virtuelle Zwillinge proben Routinen

Autonomes Fahren mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz ist eines der vielen Forschungsfelder an der Hochschule Heilbronn. Foto: HHN

KI-Forschung wird an der Hochschule Heilbronn großgeschrieben. Prof. Oliver Lenzen, Rektor der HHN, ist überzeugt: Davon profitiert nicht nur die Lehre, sondern auch der regionale Mittelstand.

Kürzlich hat das KI-Labor im Zentrum für Maschinelles Lernen (ZML) einen Förderbescheid über knapp 200.000 Euro erhalten. Wie und wofür sollen die Mittel eingesetzt werden?

Oliver Lenzen: Das ZML hat die Künstliche Intelligenz nach Heilbronn gebracht und sich als erstes Institut mit diesem Thema auseinandergesetzt. Insofern freut uns dieser Förderbescheid besonders. Das Geld wollen wir in Personal investieren, um den Mittelbau zu stärken. Und wir haben vor, einen digitalen Zwilling, ein virtuelles Abbild von einem KI-Labor zu fertigen.

Welche Vorteile soll dieser digitale Zwilling mit sich bringen?

Lenzen: Digitale Zwillinge haben wir bereits an verschiedenen Stellen im Einsatz, auch was Maschinen angeht. Einfaches Beispiel: Stellen Sie sich eine Fertigungsanlage vor, die Sie parametrisieren können und die tatsächlich physisch läuft. Diese Anlage wird im virtuellen Raum 3D-realistisch abgebildet. Mit diesem virtuellen Zwilling können dann viel schneller neue Routinen erprobt werden als an der physischen Anlage. Im KI-Laborbetrieb ist es genauso. Es gibt einen physischen Part und einen virtuellen Part. Deren Beziehungen können wir untersuchen und bestimmte Dinge in jeweils einem von beiden besser erledigen und analysieren. Nutznießer wird neben der Lehre auch der Mittelstand sein.

Wie groß ist das Interesse der regionalen Wirtschaft an KI-Themen? Mit welchen Fragestellungen kommen Unternehmen auf die Hochschule zu?

Lenzen: Wir haben gemeinsam mit der IHK eine Studie durchgeführt, die zum Ergebnis kam, dass die Unternehmen der Region der Digitalisierung ihrer Wertschöpfungsketten eine sehr hohe Priorität beimessen. Zugleich sehen sie hier einen hohen Weiterbildungsbedarf, insbesondere im Bereich KI. Die Unternehmen stellen sich die Frage, welche Art von KI-Lösungen bereits vorhanden sind und eventuell einfach gekauft werden können, wie sich diese für ihre Zwecke und Bedürfnisse anpassen lassen und wie damit neue Wertschöpfung und Wettbewerbsvorteile generiert werden können. Hier gibt es großen Beratungsbedarf, insbesondere auch, was digitale Geschäftsmodelle angeht. Wir bieten beispielsweise einen Digitalisierungs-Check sowie weitere Informations- und Weiterbildungsangebote.

Was versprechen Sie sich vom geplanten KI-Innovationspark, der in Heilbronn entstehen soll?

Lenzen: Zunächst vor allem Aufmerksamkeit. Heilbronn hat sich in einem harten Wettbewerb gegen traditionsreiche Universitätsstädte durchgesetzt und den Zuschlag als Standort gewonnen. Das wird ein sehr spannendes Projekt für Heilbronn, für die Region, für das Land Baden-Württemberg. Seitens der Hochschule Heilbronn freuen wir uns sehr darauf, uns gemeinsam mit den weiteren Institutionen, die auf dem Bildungscampus angesiedelt sind, am KI-Innovationspark zu beteiligen und die Forschung an KI auf ein neues Level zu heben.

Interview: Dirk Täuber

Zur Person: 

Prof. Dr.-Ing. Oliver Lenzen ist Rektor der Hochschule Heilbronn (HHN).