Familienunternehmen gelten in der Bevölkerung als vertrauenswürdigste Organisationsform, doch dieser Vertrauensvorsprung schmilzt. Die aktuelle PwC-Studie „Family Business Survey“ zeigt, was für Betriebe jetzt wichtig ist.
Sie sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, oftmals Weltmarktführer und erwirtschaften Milliardenumsätze: Familienunternehmen prägen die Unternehmenslandschaft – insbesondere in der Region Heilbronn-Franken. Zu den größten Stärken von Familienunternehmen zählt das Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wird. Doch dieser Wettbewerbsvorteil schwindet, hat die Studie „Family Business Survey 2023“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland festgestellt. „Das Urvertrauen, das vielen Familienunternehmen in der Vergangenheit entgegenbracht wurde, gibt es nicht mehr“, erklärt Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC.
Konsumenten und Mitarbeitende seien auf der einen Seite kritischer geworden. Andererseits werde es ihnen schwerer gemacht, die Qualität ihrer Quellen zu beurteilen. „Das verunsichert und Verunsicherung ist nicht vertrauensbildend“, sagt Rittmann. Dabei stehen familienorientierte Betriebe im Vergleich noch gut da. Laut dem Edelman Trust Barometer 2023 der Kommunikationsagentur Edelman vertrauen 88 Prozent der Befragten in Deutschland Familienunternehmen, aber nur 30 Prozent der Bundesregierung und 15 Prozent international tätigen Konzernen. Dies sei laut Rittmann jedoch kein Grund, die Füße stillzuhalten. Denn auch Familienunternehmen haben in den vergangenen zehn Jahren an Vertrauen eingebüßt – insbesondere auf globaler Ebene. So liege der Vertrauensvorsprung, den Familienunternehmen gegenüber anderen Unternehmensformen haben, in Deutschland bei 13 Prozentpunkten, global seien es lediglich sechs Prozentpunkte.
Betriebe wollen Vertrauen stärken
Um das Vertrauen zu stärken, haben sich Betriebe laut der PwC-Studie vor allem das Ziel gesetzt, die Kundenzufriedenheit und die Bindung von Fachkräften zu steigern. Im Unternehmen selbst sehen sie die höchste Priorität darin, die digitalen Fähigkeiten zu verbessern und, an zweiter Stelle, das Vertrauen der eigenen Mitarbeiter zu steigern. Dies lasse sich mit dem Nachholbedarf deutscher Familienunternehmen bei der digitalen Transformation erklären.
Laut PwC-Studie behaupten lediglich 40 Prozent der deutschen Familienunternehmen, starke digitale
Fähigkeiten zu besitzen. Dabei spielt eine stärkere Digitalisierung, insbesondere der Schutz digitaler Identitäten und Daten, für das Vertrauen eine bedeutende Rolle. Für 79 Prozent der befragten Konsumenten ist die Sicherheit ihrer Daten die Voraussetzung, um Vertrauen zu generieren. Mehr als zwei Drittel erwarten von Unternehmen zudem Transparenz hinsichtlich der Handhabung ihrer privaten Daten.
„All das braucht natürlich eine solide Cybersecurity. Hier können die Unternehmen von gemeinsamen Clustern profitieren, da sie so nicht nur Ressourcen bündeln, sondern auch Erfahrungen austauschen können“, erklärt Marcus Nickel, Standortleiter von PwC in Suttgart. Konzerne haben beim Thema Digitalisierung häufig die Nase vorn, da sie bereits früh damit begonnen und in Datenschutz investiert haben.
Vieles läuft im Verborgenen ab
„Familienunternehmen müssen in vielen Bereichen technologieoffener werden, dazu zählt zum Beispiel der Einsatz von Künstlicher Intelligenz für die interne Prozessoptimierung oder auch die Digitalisierung von Vertrieb und Kundenkontakt“, sagt Marcus Nickel. Dies spreche auf den ersten Blick gegen die DNA von Familienunternehmen, die sich durch langjährige persönliche Beziehungen zu Mitarbeitern und Kunden auszeichne. „Hier müssen Familienunternehmen jedoch handeln, um nicht den Anschluss zu verlieren“, betont Nickel. Ein weiterer Vorteil von Konzernen liegt laut Studie darin, dass diese besser nach außen kommunizieren. Ein Punkt, den auch Familienunternehmen verstärkt angehen sollten. „In der Außenkommunikation sind viele Familienunternehmen einfach zu verschwiegen. Die Hidden Champions in Baden-Württemberg zeichnen sich zwar durch eine beeindruckend hohe Forschungs- und Entwicklungsquote aus. Das Problem besteht jedoch darin, dass vieles im Verborgenen abläuft“, analysiert Marcus Nickel.
Familienunternehmen sollten ihr soziales und ökologisches Engagement laut dem Experten sichtbar machen, wenn sie das Vertrauen wichtiger Stakeholder gewinnen und halten möchten. Zu wichtigen gesellschaftlichen und sozialen Fragen bezieht laut Studie aktuell nur ein kleiner Teil (15 Prozent) der befragten Familienunternehmen öffentlich Stellung. Dabei werde von Unternehmen mittlerweile erwartet,
sich klar zu positionieren. Nur so könne Vertrauen langfristig aufrechterhalten werden. „Vertrauen aufzubauen, ist ein langer Prozess. Es zu zerstören, geht dagegen schnell“, sagt Uwe Rittmann. Schlechter Kundenservice, Kommunikationsdefizite, fehlende Transparenz beim Umgang mit persönlichen Daten oder öffentlich gewordenes Fehlverhalten eines Unternehmens seien dabei nur Beispiele, wie das Vertrauen in Betriebe gedämpft werden kann.
Teresa Zwirner
Info
Für die „Family Business Survey 2023“ (Titel: „Transform to build trust“) hat die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC rund 2000 Familienunternehmen aus 82 Ländern befragt – 172 davon aus der DACH-Region, 115 davon aus Deutschland.