„Wir sind Großstadt“

Bei den Städten und Gemeinden in Heilbronn-Franken sticht eine durch ihre Einwohnerzahl hervor. Und zwar Heilbronn mit 119 841 Ortsansässigen. Bürgermeister Wilfried Hajek ist in der Stadt fürs Bauen, Planen und Wohnen zuständig und spricht im Interview über die Herausforderungen des Oberzentrums.

Herr Hajek, Heilbronn ist die Stadt mit den meisten Einwohnern in Heilbronn-Franken. Welche Herausforderungen bringt das mit sich?

Hajek: Ja, wir sind Großstadt. Das bedeutet hohe Zentralität und entsprechende Erwartungshaltung bezüglich der Infrastruktur und Erreichbarkeit auch im Nahverkehr (Stadtbahn). Neben Einkaufscentren wie ECE und Klosterhof sind auch kulturelle Einrichtungen (Theater, Kunsthalle) sowie entsprechende Betreuungs- und Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Schule und Hochschule) von besonderer Bedeutung.

Und die Stadt wächst weiter. Wie müssen Sie städtebaulich darauf reagieren?

Hajek: Unser Entwicklungsziel ist neben der Funktionserfüllung auch die Qualität des Gebauten. Gerade in Heilbronn mit dem Schicksal der schweren Zerstörung im Zweiten Weltkrieg spielt dies eine besondere Rolle. Wir legen ein großes Augenmerk auf die qualitätsvolle Innenentwicklung, nicht nur bei den Gebäuden, sondern auch bei den Grünräumen und Parkanlagen.

Wie gut lässt sich das Wachstum prognostizieren? Vor allem in Zeiten der Flüchtlingskrise?

Hajek: In der Vergangenheit war die Wachstumsprognose schwankend. Seit einigen Jahren zeichnet sich ein stetiges Wachstum ab, das mit dem Zuzug der Flüchtlinge jetzt rasant ansteigt. Mit dem „Handlungsprogramm Wohnen“ und einer forcierten Wohnbaupolitik wollen wir dieser Herausforderung begegnen.

In welchen Bereichen kann es in Heilbronn besonders eng werden?

Hajek: Im Bereich Bildung sind wir mit all den laufenden Investitionen in Sanierung und Neubau mit Schwerpunkt Hochschulentwicklung erfolgreich unterwegs. Der Prozess hat eine hohe Dynamik und wird uns auch die nächsten Jahre stark fordern. Das Thema Wohnraumschaffung ist in Heilbronn schon mehrere Jahre intensiv auf der Tagesordnung. Unsere Konversionsflächen Badener Hof, Krankenhausareal, Südbahnhof, Kennedy-Siedlung sind ein Beleg dafür. Und mit dem neuen Stadtteil Neckarbogen (3500 Einwohner) wird in naher Zukunft weiterer Miet- und Eigentumswohnraum geschaffen.

Der Mietraum in der Stadt ist begehrt, die Preise steigen. Was können Sie dafür tun, dass sich auch Ottonormalverbraucher eine Wohnung in der Stadt leisten kann?

Hajek: Mietraum in der Stadt ist in der Tat begehrt. Aber vielleicht sollte man die Frage eher gesamtheitlich betrachten. Günstiger Mietraum ist überall knapp, nicht nur in Heilbronn. Um hier gegenzusteuern hilft nur eins: bauen. Denn auch Bewohner, die in eine Eigentumswohnung einziehen, machen an einer anderen Stelle Wohnraum/Mietwohnraum frei. Die Herstellungskosten pro Quadratmeter Wohnraum sind im Wesentlichen über die inzwischen hohen gesetzlichen Anforderungen definiert. Günstiger neuer Mietwohnraum kann heute nur noch mit entsprechender Förderung entstehen.

In Heilbronn leben viele Menschen verschiedenster Herkunft. Wie schwer ist es, den unterschiedlichen Kulturen gerecht zu werden?

Hajek: Es ist eher leicht, weil die elementaren Grundbedürfnisse der Menschen prinzipiell die Gleichen sind: ein Dach über dem Kopf, Nahrungsversorgung, Arbeitsplätze. Mein Eindruck ist, dass die Menschen unterschiedlichster Kulturen gerade hier in Heilbronn gut und konfliktfrei zusammenleben. Schwerpunkt ist dabei die erfolgreiche Integration. Die ist umso wichtiger, je mehr Zuwanderung in den nächsten Monaten und Jahren stattfindet, und dies wird von der Stadt und ihren Bürgern im hohen Maße gefördert und gelebt.

Schafft Heilbronn das immer? Oder gibt es da auch schon mal Probleme?

Hajek: Bisher haben wir die Zuwanderung dank des großen Engagements gut bewältigt. Ich muss aber zugeben, „die Saugfähigkeit des Schwammes Großstadt“ ist nicht unbegrenzt.

Was wünschen Sie sich als Baubürgermeister für die Zukunft? Und was wird die größte Herausforderung für die Stadt sein?

Hajek: Ich wünsche mir, dass die begonnene dynamische Stadtentwicklung weiter anhält und den Bürgerstolz wachsen lässt. Die begonnenen Großprojekte wie BUGA, Neckarbogen, experimenta, Ausbau der Hochschule und andere verändern das Image der Stadt Heilbronn schon jetzt positiv und werden es noch stärker verändern. Die Herausforderung besteht darin, diese positive Dynamik zu halten.

Interview: Anja Gladisch

Zur Person
Wilfried Hajek ist seit 2006 Baubürgermeister der Stadt Heilbronn. Zuvor war Hajek Technischer Beigeordneter der Stadt Nürtingen.