Tech-Multimilliardär Elon Musk sucht per Wettbewerb nach neuen Ideen für eine Tunnelbohrmaschine. Studierende der DHBW Mosbach, die auch einen Campus in Bad Mergentheim betreibt, sind im Finale: Sie schicken den „Dirt Torpedo“ ins Rennen.
Eine Tunnelbohrmaschine zu entwickeln, die schneller ist als eine Schnecke – das klingt zunächst nicht nach einer großen Herausforderung. Für den Tunnelbau stellt es jedoch eine Revolution dar. Denn die Weinbergschnecke schlägt mit ihrer Geschwindigkeit von rund drei Metern pro Stunde den Geschwindigkeitsrekord der Tunnelbohrmaschinen. Nun wollen sechs Studierende der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach diese Revolution mit ihrem „Dirt-Torpedo“ im Rahmen von Elon Musks „Not-a-Boring Competition“, die ihr Finale in Las Vegas haben soll, Realität werden lassen.
Der Wettbewerb erfordert, einen 30 Meter langen und einen halben Meter breiten Tunnel so schnell und präzise wie möglich zu bohren. Neben der Geschwindigkeit geht es bei dem vom Tesla-Gründer ausgeschriebenen Contest auch darum, eine präzise Navigation zu gewährleisten sowie den entstehenden Abraum zügig zu beseitigen und den Tunnel bereits beim Bohren mit Beton auszukleiden. Zum Schluss soll ein kleiner ferngesteuerter Tesla durch den ausgehöhlten Tunnel fahren können. „Wir wollen mit unserem ,Dirt-Torpedo‘ fast doppelt so schnell sein wie die Weinbergschnecke“, verkündet Adrian Fleck, der aus Langenbieber bei Fulda stammende Initiator und Chef des Projektteams, voll Tatendrang. Um diese Bohrgeschwindigkeit zu erreichen, habe sich das Team an der Fortbewegungsweise des Regenwurms orientiert.
Tunnelbohrmaschine soll per Luftfracht in die USA
„Während andere Maschinen sich beim Bohren fortbewegen, indem sie sich an der Wand abstützen oder die Bohreinheit von hinten geschoben wird, verspannt sich unsere mit reifenartigen Segmenten und wird so voranbewegt,“ erklärt Heiko Otterbach, Teammitglied aus Schwäbisch Hall, die Technik des Bohrers. Mit 5,4 Metern pro Stunde soll sich der „Dirt-Torpedo“ so seinen Weg Segment für Segment wie ein Wurm durch den trockenen Boden der Mojave-Wüste bei Las Vegas bohren, also etwa 80 Prozent schneller als bisherige Maschinen. Zudem baue die Maschine von selbst einen Tunnel aus Beton, indem Düsen hinter dem Bohrer das Material direkt an die Wand spritzten.
„Wir haben einzelne Baugruppen bereits getestet und sind sehr zuversichtlich, dass die Maschine als Ganzes das gewünschte Ergebnis liefern wird“, zeigen sich die jungen Männer optimistisch. Allerdings müssen sie auf den finalen Testlauf der fertig montierten Tunnelbohrmaschine verzichten, der eigentlich für Ende Juli vorgesehen war. Das Team hatte dafür extra ein mit dem Wüstenboden des Finalorts vergleichbares Grundstück ausfindig gemacht. Doch nun drängt die Zeit. „Bereits Mitte August wird unsere Tunnelbohrmaschine per Luftfracht in die USA gebracht“, sagt der Teamchef. „Jetzt gilt es unter anderem die Montage des Bohrers fertigzustellen, daneben muss die Softwareprogrammierung für die unterirdische Navigation noch getestet und optimiert werden.“ Die gesamte Maschine existiert bislang nur als digitale Version.
Als Studienarbeit eingereicht
Die Idee für den „Dirt-Torpedo“ ist Fleck und Otterbach auf einer Verlobungsfeier gekommen. Letzterer hatte durch Zufall von dem Wettbewerb gehört. „Obwohl keiner der sechs Studenten vorher etwas mit dem Tunnelbau zu tun gehabt hat, reichten sie ihr Konzept schließlich als Studienarbeit ein“, erinnert sich Dr. Gangolf Kohnen, an die Anfänge des Projekts. „Die Jungs studieren entweder Maschinenbau, Elektrotechnik oder Informatik“, erzählt der Professor, der sie als Studiengangsleiter bei ihrem Vorhaben unterstützt. In Detailarbeit sei der „Dirt-Torpedo“ am virtuellen Reißbrett entstanden, die Abstimmung Corona-konform über Webkonferenzen erfolgt. Doch schon bald habe das virtuelle Konzept reale Gestalt annehmen müssen, da ja auch ein echter Tunnel gebohrt werden soll. „Hier begann die wirkliche Arbeit“, sagt Kohnen.
Glücklicherweise habe das Team schnell zahlreiche Unterstützer gefunden: Informatik-Studenten der DHBW Ravensburg Campus Friedrichshafen und ein Student und Absolvent der TU Darmstadt seien dazu gestoßen; auch die Stiftung Pro DHBW Mosbach habe sich eingeschaltet. „Zudem haben die dualen Partner, Arbeitgeber der Studenten, Freiräume gelassen, damit das Projekt wachsen kann“, freut sich Professor Kohnen. Teilweise seien sie auch selbst zu Sponsoren geworden wie Bausch und Ströbel, Ebm-Papst oder Würth.
So sei der „Dirt-Torpedo“ ein Paradebeispiel für die gelebte Dualität zwischen Hochschule und Unternehmen, meint Kohnen, der gemeinsam mit dem Team auf das Finale hinfiebert: Im Spätsommer soll es so weit sein. Dann stellt sich beim Wettbohren in Las Vegas die Frage: „Can you beat the snail?“, also: „Kannst du die Schnecke schlagen?“
Melanie Boujenoui