Der Main-Tauber-Kreis feiert 50-jähriges Bestehen. Wie sich der Landkreis in den vergangenen Jahren verändert hat und welchen Herausforderungen er sich aktuell stellen muss, analysiert Landrat Christoph Schauder im Gespräch.
Was waren die wichtigsten Meilensteine für den Main-Tauber-Kreis in den vergangenen 50 Jahren?
Christoph Schauder: Nach der Zusammenführung der Altkreise Mergentheim und Tauberbischofsheim sowie einiger Gemeinden aus dem Altkreis Buchen ging es zunächst darum, eine gemeinsame Kreisidentität zu schaffen. Der Zusammenschluss vieler Organisationen wie der Kreishandwerkerschaft oder des Kreisbauernverbands hat hier sicher einen Beitrag geleistet. Wichtige Themen für den Landkreis waren stets die Investitionen in die berufliche Bildung, die medizinische Versorgung, den Straßenbau, den Nahverkehr, die Kultur, den Tourismus und die Abfallentsorgung. Als besonderes, weil bundesweit wohl einmaliges Ereignis, sticht der Ankauf der früheren Klosteranlage Bronnbach durch den Landkreis im Jahr 1986 hervor. Ich stehe ohne Wenn und Aber hinter der damit einhergehenden Verantwortung, dieses kulturelle Kleinod zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Welche Bauprojekte wurden seit 1973 im Landkreis realisiert?
Schauder: Wenn wir von den Hochbauprojekten der Landkreisverwaltung sprechen, dann müssen wir besonders die Investitionen in unsere beruflichen und sonderpädagogischen Schulen hervorheben, die sich wie ein roter Faden durch die 50-jährige Geschichte des Main-Tauber-Kreises ziehen. In Bad Mergentheim wurden seit 2009 eine Werkstatt und ein Fachraumzentrum neu gebaut, daran schloss sich die Generalsanierung des Hauptgebäudes der Gewerblichen Schule und der Beruflichen Schule für Ernährung, Pflege und Erziehung an.
Und welche Bauprojekte sind aktuell geplant?
Schauder: Aktuell läuft in Wertheim die Generalsanierung des Beruflichen Schulzentrums. Auch hier wurde ein Werkstattneubau errichtet. Insgesamt investieren wir in Wertheim 46,5 Millionen Euro, die bisher größte Investition in der Geschichte des Main-Tauber-Kreises. Und als nächstes stehen eine Generalsanierung der beruflichen Schulen in Tauberbischofsheim und des Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums in Unterbalbach auf der Agenda.
Welche Herausforderungen sieht der Landkreis in den nächsten Jahren auf sich zukommen?
Schauder: Unser besonderes Augenmerk wird der Digitalisierung gelten, sowohl in der gesamten Gesellschaft als auch innerhalb der Kreisverwaltung. Hierzu gehört der umfassende Breitbandausbau als Grundlage. Starke Disziplin wird bei der Entwicklung der öffentlichen Haushalte notwendig sein. Dennoch dürfen wir die Investitionen in einen konsequenten Klimaschutz, den Ausbau der öffentlichen Mobilität und die Vermeidung sozialer Benachteiligung nicht vergessen.
Wie wird der Landkreis diese Herausforderungen bewältigen?
Schauder: Wir werden die Herausforderungen wie bisher strukturiert angehen und eine Aufgabe nach der anderen meistern. Dabei kommt es darauf an, stets Prioritäten zu setzen und das Wichtige vom vielleicht nur Wünschenswerten zu unterscheiden.
Wie sieht die wirtschaftliche Situation im Landkreis im Allgemeinen aus?
Schauder: Die wirtschaftliche Situation im Landkreis ist sehr gut, was sich beispielsweise in der dauerhaft niedrigen Arbeitslosigkeit widerspiegelt. Eine gesunde Wirtschaft ist die Basis eines breiten gesellschaftlichen Wohlstandes. Die hochwertige öffentliche Infrastruktur kann ebenfalls nur erhalten und ausgebaut werden, wenn es eine erfolgreiche, gesunde Wirtschaft und die damit verbundenen Steuerzahlungen gibt.
Gib es Branchen, die sich in den vergangenen Jahren besonders gut entwickelt haben?
Schauder: Wir sehen quer durch alle Branchen eine positive Entwicklung, ob im Handwerk, im produzierenden Gewerbe oder bei den Dienstleistungen. Zu den Herausforderungen gehört es, den Fachkräftebedarf und die Rohstoffversorgung zu sichern, die Wirtschaft klimaneutral umzubauen und den Wettbewerb mit Niedriglohnländern zu bestehen. Hier ist eine ständige Innovationsbereitschaft erforderlich.
Wie sind die Unternehmen im Main-Tauber-Kreis aktuell aufgestellt?
Schauder: Die Unternehmen sind sehr gut aufgestellt. Der breite Branchenmix, die rund 20 Weltmarktführer und der starke Mittelstand leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass wir uns über einen weiterhin prosperierenden Landkreis freuen können.
Stichwort Fachkräftemangel: Sie haben in diesem Jahr den Zukunftspreis mit dem Thema „Fach- und Arbeitskräfte“ ausgelobt. Wie wirkt sich der Fachkräftemangel auf die Region aus?
Schauder: Eine gute Versorgung mit Fachkräften ist einer der wichtigen Faktoren dafür, dass die Unternehmen in einem Landkreis auf Dauer erfolgreich sein können. Auch im Main-Tauber-Kreis spüren viele Betriebe, aber auch öffentliche Stellen, dass es immer schwieriger wird, frei werdende Stellen mit qualifiziertem Personal zu besetzen und dieses langfristig zu binden. Umso wichtiger ist es, mit kreativen Ideen Fach- und Arbeitskräfte für sich zu gewinnen und zu binden. Deshalb möchten wir die besten Ideen im Rahmen unseres Zukunftspreises würdigen.
Inwiefern unterstützen Sie Unternehmen dabei, den Fachkräftemangel im Main-Tauber-Kreis zu bekämpfen?
Schauder: Die Kreis-Wirtschaftsförderung setzt sich mit ihrer Initiative „Zukunft Main-Tauber“ dafür ein, dass Menschen in den Main-Tauber-Kreis ziehen und sich hier schnell willkommen fühlen. Dabei stellen wir die Karrierechancen, den bezahlbaren Wohnraum sowie die Familienfreundlichkeit in den Vordergrund. Unter dem Motto „Karriere daheim“ machen wir junge Menschen darauf aufmerksam, dass der Main-Tauber-Kreis hervorragende Möglichkeiten für eine Berufsausbildung oder ein Studium bietet – letzteres am Campus Bad Mergentheim der DHBW sowie an der SRH Fernhochschule Wertheim. Hinzu kommen die schnell erreichbaren, umliegenden Hochschulen beispielsweise in Würzburg, Künzelsau und Heilbronn. Niemand muss in die Ferne schweifen, um bei uns in der Region eine Karriere zu starten.
Interview: Teresa Zwirner
Zur Person
Christoph Schauder ist seit 1. Juni 2021 Landrat des Main-Tauber-Kreises.