Abschaffen oder verbessern?

Das Arbeitslosengeld ALG II, besser bekannt als Hartz IV, steht seit Jahren immer wieder in der Kritik. Doch hat es wirklich ausgedient? Welche Ansichten Politiker aus der Region vertreten, lesen Sie hier.

Die SPD hat im Februar beschlossen, Hartz IV endlich abschaffen zu wollen. An dessen Stelle soll ein Bürgergeldmodell treten mit weniger Sanktionen und höheren Leistungen. Wer lange eingezahlt hat, soll bis zu drei Jahre Arbeitslosengeld bekommen statt heute nach zwölf oder 24 Monaten in die Sozialhilfe zu fallen.

An den Regelsätzen, die von Sozialverbänden immer wieder stark kritisiert werden, soll sich allerdings nichts ändern. Wenn es allein nach der SPD ginge, würde es bald „Ade Hartz IV“ heißen. Bundespolitiker aus der Region zeigen sich da zwiegespalten.

Michael Link, Heilbronner Bundestagsabgeordneter der FDP, denkt, dass sich das Prinzip Fördern und Fordern bewährt hat, sieht aber auch Verbesserungspotenzial.

„Schneller und konsequenter als bisher sollten Qualifizierungsmaßnahmen greifen. Auch mit Blick auf den Fachkräftemangel können wir in Zukunft auf niemanden mehr verzichten.“ Über die Umwandlung der Hartz-IV-Leistungen in Lohnkostenzuschüsse wäre ein Training-on-the-Job für alle möglich. Außerdem denkt Link, dass wer arbeitet, künftig mehr als bisher behalten dürfen sollte. „Wie bisher 80 Cent von einem verdienten Euro abzuziehen, ist ungerecht. Auch bereits erspartes Vermögen sollte weniger als bisher angerechnet werden.“ Er fordert außerdem einen stärkeren Fokus auf Kinder, damit Hartz IV nicht mehr vererbt wird.

Für Harald Ebner, Vertreter der Grünen für den Wahlkreis Hohenlohe/Schwäbisch Hall, ist die Schärfe der Sanktionierungen, vor allem bei unter 25-Jährigen, einer der Hauptkritikpunkte an Hartz IV. „Hartz IV sichert die Existenz, werden Kürzungen vorgenommen, wird das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum unterschritten und eine Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nicht befördert, sondern erschwert.“ Eine gute Mitwirkung der Betroffenen könne eher mit einer vertrauensvollen Beziehung als mit Strafen erreicht werden. Passgenaue Hilfen und einen Rechtsanspruch auf Qualifizierung und Weiterbildung sowie ein Wunsch- und Wahlrecht hinsichtlich der Maßnahmen und der Gestaltung des Integrationsprozesses sei da sinnvoll, wozu es allerdings einen höheren Betreuungsschlüssel bei den Jobcentern bräuchte.

Arbeitssuchende schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt integrieren

Josip Juratovic, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Heilbronn, findet gar nicht, dass das ALG II grundsätzlich ausgedient hat. „Rein wirtschaftlich hat es uns seinerzeit aus einer Talsohle geholt. Leider wird das System von beiden Seiten, der Nehmer- und der Geberseite, mitunter missbraucht.“ Seines Erachtens müsse das Arbeitslosengeld dahingehend reformiert werden, dass die Dauer der Beschäftigung im Falle der Arbeitslosigkeit besser berücksichtigt wird. Sprich: Wer lange gearbeitet hat muss auch länger ALG 1 beziehen können. „Außerdem muss das Prinzip des Forderns und Förderns geschärft werden. Speziell die Förderung der Arbeitslosen muss analog zu ihren Möglichkeiten, aber auch im Hinblick auf den Bedarf des Arbeitsmarktes verbessert werden.“

Für den CDU-Bundestagsabgeordneten Christian von Stetten war die Reform die Grundlage dafür, dass Deutschland vom „kranken Mann Europas“ zur Wachstumslokomotive wurde. „Die Halbierung der Arbeitslosen, die Rekordbeschäftigung und das stetige Wirtschaftswachstum der letzten Jahre sind damit auch ein Verdienst der SPD.“ Umso unverständlicher sei es, dass diese das Rad am liebsten zurück drehen wolle. Ludwig Erhard habe gesagt, „Sozial ist, was Arbeit schafft“. Das gelte auch heute. „Wir müssen alles daran setzten, Arbeitssuchende schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dazu gehört neben Qualifizierungsmöglichkeiten vor allem das Prinzip des Forderns und Förderns.“ Auch mit Blick auf den Fachkräftemangel verbiete sich das Setzen von neuen sozialstaatlichen Fehlanreizen. „Unser Fokus ist klar: Wir wollen Menschen in Arbeit bringen und keine Umgestaltung von Arbeitslosigkeit.“spf