Ade, Türme an der Jagst

Die Zeichen stehen auf Veränderung, sagt Rudolf Michl und meint damit Baumaßnahmen und Infrastruktur. Doch auch eine andere essenzielle Konstante in Crailsheim wird sich verändern: Die Amtszeit Michls endet nächstes Jahr im Januar – für immer.

Wenn Rudolf Michl, amtierender Oberbürgermeister der Stadt Crailsheim, von „seiner“ Kommune erzählt, dann gerät er regelrecht ins Plaudern oder – und das ist vielleicht passender für den gebürtigen Hessen – ins Babbeln. Es ist authentisch, wenn er sagt, dass er sich kaum einen schöneren Job als den seinen vorstellen könne. Er selbst lässt daran keinen Zweifel zu.

Dennoch ist es, wie es ist: Nur noch wenige Monate, dann heißt es, Abschied nehmen. Denn im Januar 2018 endet die Amtszeit von Rudolf Michl. Für eine mögliche Wiederwahl lässt er sich nicht aufstellen. Wieso eigentlich nicht, wenn der Job doch so am Herzen liegt? „Diese Entscheidung hat ausschließlich persönliche Gründe“, erklärt er und ergänzt, wie schwer ihm der Entschluss gefallen sei.

Eines steht also schon einmal fest: Die zweitgrößte Stadt im Landkreis Schwäbisch Hall und die drittgrößte Stadt in Heilbronn-Franken muss sich ein neues Stadtoberhaupt suchen. Was kommt auf den künftigen OB zu? Mit welchen Themen wird er oder sie sich auseinandersetzen müssen? Wie ist Crailsheim überhaupt aufgestellt? Es gibt wohl kaum einen, der das besser weiß als Rudolf Michl.

„Langweilig wird es meinem Nachfolger sicher nicht werden“, sagt der Vater zweier Töchter lachend. Es stehe viel auf der Agenda. Crailsheim sei eine Stadt, die sich immer wieder anpasse und neu erfinde. Eine Stadt, in der die Zeit nicht still steht, sondern in der man sich der Herausforderungen der Zukunft annehme. „Vieles ist schon angestoßen oder in Planung“, berichtet Michl. Dass sich Crailsheim, das im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde, im Wandel befindet, war nicht nur in den vergangenen Jahren deutlich zu spüren.

Auch jetzt stehen die Zeichen auf Veränderung. Dies zeigt sich etwa am Sanierungsgebiet der östlichen Innenstadt, dessen Kern der große Volksfestplatz ist. Dieser präsentierte sich in der Vergangenheit eher trist und öde. „Wir wollen den Platz jetzt nicht nur etwas aufhübschen, sondern auch neuen öffentlichen Raum schaffen.“ Eine Stadthalle wird deshalb unter anderem gebaut, deren Kosten sich auf rund 15 Millionen Euro belaufen werden. „Das war ein leidiges Thema in der Vergangenheit,dem wir mit dem Neubau ein Ende setzen werden. Die Stadthalle hat viele Jahre gefehlt. Es wird Zeit, diese zu etablieren“, findet der Oberbürgermeister.

Ein anderer, ganz wesentlicher Punkt ist für Michl die Sicherung des Bahnhofs inklusive der IC-Anbindung. „Crailsheim ist in der Region Heilbronn-Franken die einzige Stadt mit IC-Halt“, betont er. Umso wichtiger sei es, diesen nicht nur zu halten, sondern sogar noch weiter auszubauen – für die Stadt selbst, aber auch für die Region. „Das ist ein schwieriges Thema, das viel Geduld abverlangt. Aber wir sind auf einem guten Weg.“

Die Liste an Themen, die Michl nennt, ist lang: Flüchtlingsunterbringung, Sanierung von Schulen, Substanz-erhalt von Straßen, sozialer Wohnbau, Personalgewinnung im Verwaltungsdienst, Entwicklung des ZOB-Areals, und, und, und. „Potenzielle OB-Kandidaten können jederzeit zu mir kommen und das Gespräch suchen, damit sie wissen, was auf sie zukommt“, bietet Michl an. Eines steht schon einmal fest: An seine Zeit in Crailsheim wird er gerne zurückdenken. Er wird seine Stadt und die Menschen darin vermissen. Und sicher wird er auch in seiner neuen, alten Heimat, in Gelnhausen, viel zu erzählen haben. Vielleicht gerät er dann auch ins Plaudern – oder besser gesagt ins Schwätzen – über die Stadt an der Jagst mit ihren zahlreichen Wacholderheiden, die er so zu schätzen gelernt hat.

Lydia-Kathrin Hilpert