Wasserstoffantrieb für die Zukunft

Die „H2ORIZON“-Anlage auf dem Gelände des DLR in Lampoldshausen: Dort wird erprobt, wie mit erneuerbaren Energien grüner Wasserstoff produziert werden kann. Foto: DLR

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betreibt am Standort Lampoldshausen im Harthäuser Wald Wasserstoffforschung. Die beiden aktuellen Projekte „H2ORIZON“ und „Zero Emission“ kommen nicht nur dem DLR zugute, sondern der gesamten Region.

Am Standort Lampoldshausen testet das DLR Raketentriebwerke für die Raumfahrt. Als Treibstoff dient Wasserstoff – und dieser soll künftig möglichst umweltfreundlich vor Ort erzeugt werden, denn das Forschungszentrum des DLR zählt zu den größten Wasserstoffverbauchern Europas. Der Vorteil von Wasserstoff: Bei seiner Verbrennung entsteht kein umweltschädliches CO2, sondern nur Wasser.

Die aktuellen Forschungsprojekte „H2ORIZON“ und „Zero Emission“ dienen dazu, Wasserstofftechnologien und -verfahren in der Praxis zu erproben, insbesondere mit Blick auf Klimaneutralität der Anwendungen.

Windkraft aus der Region für „H2ORIZON“

2020 in Betrieb genommen, geht das Projekt „H2ORIZON“ derzeit in seine Endphase. Es soll aufzeigen, wie man Sektoren koppelt, sprich Infrastrukturen miteinander verbindet – konkret Windpark und Raketenprüfstände. Aus dem erneuerbaren Strom, den der Windpark des Heilbronner Unternehmens ZEAG im Harthäuser Wald liefert, soll mit innovativen Technologien Wasserstoff erzeugt werden. Ein Teil des Windstroms wird über eine Direktanbindung an den DLR-Standort geleitet. Dort dient er dazu, Wasser per Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten. Das Ergebnis: emissionsfreier, grüner Wasserstoff, der zu 100 Prozent klimaneutral ist.

Für die beteiligten Akteure ist das Projekt „H2ORIZON“ ein wichtiger Beitrag zur Energiewende. Es zeigt, wie Sektorenkopplung in der Praxis aussehen kann. In Lampoldshausen werden die Sektoren Erneuerbare Energien, Wasserstoff, Raumfahrt und Wärmeerzeugung miteinander verknüpft. Der Wasserstoff ist dabei zugleich Energieträger- und Energiespeichermedium.

Dr.-Ing. Daniela Lindner, Abteilungsleiterin für Angewandte Wasserstofftechnologien beim DLR, sagt: „Es funktioniert. Grüner Wasserstoff hat einen hohen Wirkungsgrad und wird neuerdings an den Prüfständen eingesetzt.“ Der Wasserstoff diene aber nicht nur als Raketentreibstoff, sondern werde auch als Alternative zu Erdgas für die Energie- und Wärmeversorgung des DLR-Standorts eingesetzt.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität

Das Projekt „Zero Emission“ erforscht das Einsatzpotenzial von regenerativ erzeugtem Wasserstoff in der Breite. Das energieintensive Testgelände in Lampoldshausen sei der erste DLR-Standort, der nachhaltig auf der Basis von grünem Wasserstoff mit Energie versorgt werde. „Zero Emission“ will auch dazu beitragen, die Marktfähigkeit von grünen Wasserstofftechnologien zu verbessern. Vor zwei Jahren wurde das DLR mit 16 Millionen Euro vom baden-württembergischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau für „Zero Emission“ bezuschusst. Das Projekt wurde kürzlich verlängert.
„Erste Erfolge sind schon sichtbar. Wir haben einen Fahrplan erarbeitet und konnten mittels einer Studie herausfinden, wie wir den Standort CO2-neutraler bekommen“, sagt Lindner. Dabei gehe es um Maßnahmen an Gebäude und Infrastruktur, die man in den nächsten Jahren umsetzen wolle. Im Mittelpunkt stehen die nachhaltige Versorgung mit Strom und Wärme sowie der Einsatz von Brennstoffzellen-fahrzeugen, die mit Wasserstoff betankt werden. „Die Baumaßnahmen für das Teilprojekt Wasserstofftechnikum beginnen jetzt“, erklärt Lindner.

Auch die sogenannte „grüne Raumfahrt“ spielt eine Rolle bei „Zero Emission“. Ziel sei der Ausbau von höheren Erzeugungskapazitäten für grünen Wasserstoff, der in erster Linie an den Raketenprüfständen des DLR genutzt werden soll.

Grüner Wasserstoff ist ein Medium, dass CO2-neutral ist und in vielen Bereichen eingesetzt werden kann. Man kann per Brennstoffzelle Strom produzieren, ihn direkt verbrennen oder als energetischen Zwischenspeicher nutzen. „Der besonders große Vorteil, zumindest im bodengebundenen Bereich, ist, dass der Wasserstoff eine sehr hohe Energiedichte pro Masse hat und universell einsetzbar ist“, erläutert Lindner. Seine Zukunft sehe sie in energieintensiven Anwendungen.

Als Technologie- und Entwicklungspartner für kleine und mittlere Unternehmen möchte das DLR in Zukunft auch mit Unternehmen aus Heilbronn-Franken stärker kooperieren, besonders auch im Hinblick auf die Umsetzung von Testreihen mit Demonstratoren. Bisher seien erste Testreihen im Wasserstofftechnikum von Entwicklungen regionaler Partnern an deren Finanzierung gescheitert. Ein assoziierter Projektpartner von „Zero Emission“, ein Brennstoffzellenhersteller, der von außerhalb der Region kommt, wird aber voraussichtlich nach Fertigstellung des Wasserstofftechnikums im nächsten Jahr testen.

Luftfahrt profitiert von Industrie und Raumfahrt

Momentan läuft ein Projekt mit einem finnischen Microgasturbinenhersteller, der einen vom DLR entwickelten Wasserstoff-Verbrenner nutzt. Der Demonstrator soll im Wasserstofftechnikum Lampoldshausen getestet werden. Dieser Microgasturbinendemonstrator arbeitet mit einer Mischung aus Erdgas und Wasserstoff, kann aber auch reinen Wasserstoff verbrennen. Nach erfolgreicher Testung soll das System in das Standortnetz integriert und unter Realbedingungen weiter getestet werden. „Die tiefgehenden Kenntnisse für den Einsatz von Wasserstoff in den Industriezweigen können auf die Luftfahrt übertragen werden“, meint Lindner. Das liege daran, dass die Luftfahrt ein Sektor sei, der in der Entwicklung von Wasserstofftechnologien noch hinterherhinke. Die Sicherheitsanforderungen seien hoch angesetzt. Dennoch versuche die Forschung die Erkenntnisse, die bezüglich der Anwendung von Wasserstoff in diversen Industriezweigen und der Raumfahrt vorliegen, auf die Luftfahrt zu übertragen.

Innerhalb des DLR-Verbunds gibt es weitere Projekte, die mit Wasserstoff in Verbindung stehen. „Wir unterstützen mit unserer Expertise in allen Bereichen, wo es geht. Im DLR sind wir vernetzt, gerade in Bezug auf Wasserstoff“, sagt Lindner.

Vor zwei Jahren wurde begonnen, ein Wasserstoffnetzwerk aufzubauen, um die Synergien und Kompetenzen der jeweiligen Institute optimal einzusetzen. Querschnittsprojekte des DLR befassen sich zum Beispiel auch mit der Zertifizierbarkeit von Flüssigwasserstofftanks für die Luftfahrt.

Yannis Gaukel