Auf dem Holzweg?

Es ist ein Vorzeigeprojekt, das Heilbronn auf seinem Weg in die Zukunft hin zu einer modernen und nachhaltigen Stadt unterstützen soll: das Holzhochhaus Skaio. Wir haben uns das Konzept einmal genauer angeschaut. Eine Übersicht.

Der Druck auf deutsche Städte und Gemeinden in Sachen Wohnungsbau ist groß. Oft wird den Kommunen hauptsächlich bei der Schaffung von kostengünstigem Wohnraum sowie dem nachhaltigen Bauen deutlicher Nachholbedarf attestiert. Aber wie sollen die Vorgaben umgesetzt werden, wenn es kaum freie Flächen gibt? Ist rund um ein Grundstück der Platz belegt, geht es nur in eine Richtung: nach oben. So auch beim Hochhaus Skaio in Heilbronn. Der Name ist ein Kunstbegriff, der das englische Wort für Himmel – Sky – mit dem Vokal O aus dem Wort Holz vereint.

Mit dem Projekt will die Stadtsiedlung Heilbronn GmbH – die kommunale Wohnbauchtochter der Neckarstadt – als Bauherr zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Sieht man das Konzept als Sensation an und rechnet die damit verbundene Aufmerksamkeit für Heilbronn mit ein, sind es gar drei Fliegen. Zum einen schafft die Stadtsiedlung im Hochhaus insgesamt 60 Wohnungen. Zum anderen wird das Gebäude in der Holz-Hybrid-Bauweise errichtet. Das heißt, das Hauptbaumaterial ist Holz. Nur das Sockelgeschoss und das Treppenhaus bestehen aus Beton. Damit erfüllt man die Erwartungen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein. Für den Wow-Effekt sorgt allerdings etwas ganz anderes. Mit zehn Geschossen und einer Gesamthöhe von 34 Metern soll das Gebäude das aktuell höchste Holzhochhaus in Deutschland werden. „Hier wird ein neuer Weg beschritten, ökologisch nachhaltigen Wohnungsbau zu entwickeln und zu standardisieren“, betont Wolf-Dieter Sprenger, Abteilungsleiter Projektmanagement und Prokurist bei der Stadtsiedlung.

Doch zurück auf den Boden der Tatsachen: Aktuell ist vom Holzhochhaus noch nicht viel zu sehen. Nur der Sockel ist bereits auf dem Grundstück zu erkennen. Allerdings können die Holzteile vorproduziert werden, was die eigentliche Bauzeit verkürzt. „Wir bauen ein Stockwerk pro Woche“, sagt Markus Brandl von Züblin Timper, dem zuständigen Bauunternehmen. Spätestens zur Bundesgartenschau im April 2019 muss der Neubau fertig sein, da er als Prestigeobjekt am Eingang der Stadtausstellung Neckarbogen die Besucher locken und als baulicher Wegweiser der Zukunft dienen soll, wie es von Seiten der Bauherren heißt.

Betrachtet man das Skaio als Modell, hat man ein Hochhaus mit einer optisch ansprechenden Hülle aus Aluminium vor Augen. Dass es sich um einen Holzbau handelt, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Anders sieht es innen aus: „Im Innern des Hauses wird viel von dem Holz sichtbar bleiben. Dadurch entsteht ein besonders natürliches Raumklima“, schildert Sprenger. Auf zwei Schlagworte kommt es den Verantwortlichen in Sachen Wohnkonzept an: gesund und modern. Schon beim Bau wird auf Innenraumhygiene geachtet. Alle Ausbaustoffe wie Kleber oder Farben werden genau getestet. Nach der Fertigstellung wird die Qualität der Raumluft gemessen und auf Unbedenklichkeit geprüft.

Durch die Modernität und die besonderen konzeptionellen Schwerpunkte könnte nun der Eindruck entstehen, das Haus sei auf eine spezielle Zielgruppe ausgelegt. Die Stadtsiedlung setzt aber bewusst auf eine gemischte Mieterschaft. Für einen Großteil der 60 Wohnungen, die überwiegend 40 bis 90 Quadratmeter Wohnfläche bieten, kann sich jeder wie auch bei anderen Immobilien der Stadtsiedlung bewerben. 25 der Einheiten werden öffentlich gefördert, weitere stehen für betreutes Wohnen oder Menschen in Problemlagen zur Verfügung.

Die wohl größte Herausforderung bei der Hybridkonstruktion aus Holz und Beton in dieser Größenordnung besteht beim Brandschutz. Der Prokurist erläutert, wie man hier vorgehen will: „Im Falle eines Brandes darf kein Rauch ins Treppenhaus dringen. Dafür wird mit speziellen Ventilatoren ein Überdruck erzeugt. Zum Brandschutzkonzept gehört eine Hochdrucksprinkleranlage, die nur Wassernebel produziert, der die Flammen sofort erstickt.“ Die Bewohner können also beruhigt in die Wohneinheit einziehen. „Man vergisst immer wieder, dass Holz brandresistenter ist, als man annimmt“, gibt Sprenger zu bedenken.

Alexander Liedtke