Auf zu klimaneutralem Strom

Bei der Einweihung des Bioenergiedorfs in Hesselbronn waren neben Peter Hauk (4. v. l.), Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, auch Landrat Matthias Neth (3. v. r.) und Kupferzells Bürgermeister Christoph Spieles (5. v. l.) dabei. Foto: Foto: Landratsamt Hohenlohekreis

6301 Solaranlagen, 14 Windräder, 41 Wasserkraftwerke und vier Bioenergiedörfer – das ist die aktuelle Bilanz des Hohenlohekreises in Sachen Erneuerbare Energien. Man ist auf einem guten Weg. Doch es sind noch längst nicht alle geplanten Maßnahmen umgesetzt.

„Der Hohenlohekreis hat sich selbst auf Diät gesetzt – auf eine CO2-Diät, um den Klimaschutz im Landkreis zu verankern.“ So steht es im sogenannten Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept des kleinsten Landkreises der Region Heilbronn-Franken, einem fast 180 Seiten starken Bericht, der im Jahr 2018 veröffentlicht wurde. An Aktualität hat das Konzept innerhalb der vergangenen drei Jahre nichts eingebüßt, da es laut Landratsamt keine neueren Erkenntnisse zu den Untersuchungen gibt. Insgesamt 42 Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern zur Emissionsminderung wurden entwickelt, die in den nächsten Jahren auf der Agenda von Landrat Matthias Neth und seinem Team stehen.

Ein gewichtiger Punkt ist dabei der Ausbau der Erneuerbaren Energien. Laut Definition zählen zu den alternativen Energiequellen neben der Windkraft und der Solarenergie ebenfalls die Wasserkraft, die Biomasse sowie die Erdwärme. Wie finden diese in den 16 Städten und Gemeinden des Kreises konkret Anwendung? In welchem Ausmaß werden sie genutzt? Beim Thema Biogas ist der Hohenlohekreis jedenfalls bereits seit 20 Jahren aktiv und braucht sich nicht zu verstecken. In der Kleinsiedlung Füßbach, die zur Gemeinde Kupferzell gehört, wurde 2001 eine Biogasanlage in Betrieb genommen. Sechs Jahre später entstand eine photovoltaikbetriebene Gärresttrocknungsanlage und 2009 wurden schließlich 15 Haushalte sowie ein Industriebetrieb an das Nahwärmenetz angeschlossen. Mehr als 80 Prozent der Strom- und Wärmemenge werden in Füßbach durch die Anlage aus regenerativer Energie produziert. Damit sparen die Einwohner jährlich etwa 80 000 Liter Heizöl ein.

Biomasse weit vorne

Auch der Ort Bretzfeld-Siebeneich darf sich Bioenergiedorf nennen. Er ist sogar das erste gläserne Bioenergiedorf in Deutschland. Strom und Wärme werden dort aus regionaler Biomasse erzeugt. Außerdem werden regionale Produkte selbstvermarktet. Zu 100 Prozent mit Erneuerbarer Energie vollkommen CO2-neutral heizt das Bioenergiedorf in Öhringen-Untermaßholderbach. Es startete im Jahr 2011 mit einer Biogasanlage und einem Holzhackschnitzelkessel und liefert mittlerweile für mehr als 1000 Haushalte Strom aus Biomasse und Photovoltaikanlagen.

Das vierte und neueste Bioenergiedorf ist seit 2020 Hesselbronn in Kupferzell. An das dortige Nahwärmeversorgungsnetz sind 21 Haushalte und zwei Stallungen angeschlossen. Die Wärme wird dabei in einem mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerk produziert, welches von einer landwirtschaftlichen Biogasanlage versorgt wird. Das Gas wird aus der Vergärung von Gülle und Festmist sowie mittels nachwachsender Rohstoffe gewonnen. Den Eigenstrombedarf für den Betrieb der Biogasanlage deckt eine Photovoltaikinstallation. Deutschlandweit gibt es übrigens insgesamt 163 Bioenergiedörfer, 47 davon liegen in Baden-Württemberg. Die Auszeichnung Bioenergiedorf vergibt die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

Ziemlich repräsentabel ist also die Bilanz des Hohenlohekreises in Sachen Biomasse. Doch wie sieht es mit den anderen Energiequellen aus? Durch seine Lage reicht der Landkreis in Teile der Hohenloher Ebene. Und diese ist als sogenannter windhöffiger Bereich einzustufen. Windhöffigkeit wird als durchschnittliches Windaufkommen an einem bestimmten Standort definiert. Laut Potenzialatlas des Landes Baden-Württemberg lässt sich im Hohenlohekreis ein Potenzial von 2159 Hektar geeigneter Flächen für Windkraftanlagen identifizieren. Geht man dabei von zehn Hektar pro Anlage aus, könnten rein theoretisch 216 Anlagen im gesamten Kreisgebiet stehen. Ganz aktuell sind es 14, fünf weitere sind genehmigt. Laut einer Prognose für 2025 soll die Zahl auf 25 steigen. Das Thema Windkraft ist jedoch aufgrund naturschutzrechtlicher Aspekte grundsätzlich umstritten.

Solarenergie am stärksten vertreten

Auch wenn man es an manchen trüben Tagen kaum glauben mag – die Sonneneinstrahlung in Baden-Württemberg ist laut Messungen intensiver als in der Mitte oder im Norden Deutschlands. Aus diesem Grund ist die Solarenergie auch die am stärksten im Kreis vertretene Form der erneuerbaren Energieproduktion. Insbesondere der Einsatz von Photovoltaik und Solarthermie – speziell auf Dachflächen – bietet sich im Hohenlohekreis an. 6301 Solaranlagen sind Stand März 2021 installiert, mit einer Stromleistung von 135 Megawatt. In vier Jahren sollen es 8000 sein. Solarthermische Anlagen finden heutzutage überwiegend Einsatz in den Bereichen Trinkwassererwärmung und Heizungsunterstützung.

Während von Wind und Sonne nachweisbar profitiert wird, werden sowohl die Wasserkraft als auch die Erdwärme respektive Geothermie im Klimaschutzkonzept des Kreises lediglich marginal behandelt. Dennoch lässt sich so viel sagen: 41 Wasserkraftanlagen werden nach aktuellem Stand betrieben und liefern eine Stromleistung von fünf Megawatt. Für die Geothermie besteht im Hohenlohekreis ein hohes Potenzial, wobei die Eignung von der Beschaffenheit des Bodens beziehungsweise der Temperaturen im Untergrund abhängt. Bislang sind weite Teile des Landstrichs geothermisch nicht erschlossen. Neben den zahlreichen Maßnahmen ist überdies in dem Zukunftspapier verankert, einen Klimaschutzmanager für den Hohenlohekreis einzusetzen. Dieser sollte eigentlich bereits im Jahr 2020 eingestellt werden.

Auf einem guten Weg

„Leider kam uns vergangenes Jahr die Corona-Pandemie dazwischen, weshalb wir die Aufgabe, jemand Geeignetes zu finden, zunächst einmal verschieben mussten“, erklärt Sebastian Damm, Geschäftsführer der Abfallwirtschaft des Hohenlohekreises, der auch die Ressorts Klima und Energie koordiniert. „Wir sind aber an dem Thema dran – und wir befinden uns auch auf einem guten Weg, die in unserem Klimaschutzkonzept gesetzten Ziele zu erreichen.“ Einzelne Regelungen seien in den vergangenen drei Jahren bereits von verschiedenen Stellen im Landratsamt umgesetzt worden.

Als Beispiele führt Damm hier die Abfallwirtschaft sowie die Wirtschaftsförderung an. „Auch ein Mobilitätsmanager wurde beim Landratsamt geschaffen, der Themen aus dem Klimaschutzkonzept aufgreift“, informiert Damm. Die Diät, die seinerzeit begonnen wurde, trägt zwar bereits Früchte. Bis die Ziele erreicht sind, ist jedoch noch viel Disziplin nötig.

Olga Lechmann