Drei Unternehmen in Heilbronn-Franken wurden dieses Jahr beim Großen Preis des Mittelstandes geehrt. Die Oskar-Patzelt-Stiftung würdigt damit wirtschaftliche Leistung und regionales Engagement. Die Wettbewerbsunterlagen beleuchten Stärken und Schwächen.
„Es ist jedes Jahr eine positive Überraschung, zu sehen, wie viele tolle Unternehmen es gibt“, sagt Prof. Dr. Roland Alter. Der Heilbronner Hochschulprofessor ist Juror für Baden-Württemberg beim Großen Preis des Mittelstandes. Auch sein Kollege, Christian Wewezow, der zusätzlich in der Bundesjury sitzt, ist gern bereit, Zeit in die Bewerbungsunterlagen zu stecken, „wenn sich die Unternehmen Mühe gegeben haben“.
Was ist den beiden Juroren bei der Bewertung wichtig, wenn sie die mehrseitigen Unternehmens-Unterlagen nach Vorauswahl durch die veranstaltende Oskar-Patzelt-Stiftung erhalten? Ein einfaches Copy-und-Paste reicht in den Augen von Christian Wewezow nicht aus, ebenso wenig wie standardisierte Werbefloskeln. „Das liest kein Juror gerne, da stehen die Karten schon schlecht.“ In seinen Augen ist der Aufwand für die teilnehmenden Firmen nicht übertrieben, in einigen Stunden sei das Ausfüllen der Unterlagen durchaus machbar. „Sie haben als Unternehmer ihre Zahlen im Kopf, wie viele Mitarbeiter, wie viele Messen und so weiter.“
Das Wichtigste an der Bewerbung: Die Teilnahme beim Großen Preis des Mittelstandes muss dem Unternehmen wichtig sein. Der Unternehmer muss bereit sein, Zeit in die Reflexion des letzten Jahres zu investieren. „Das ist auch ein tolles Lenkungsinstrument“, findet Wewezow. Roland Alter sieht an oberster Stelle die Ehrlichkeit bei der Selbsteinschätzung: „Nur wer ehrlich gegenüber sich und Anderen ist, wird am Ende die richtigen Entscheidungen treffen.“
Realistische Bestandsaufnahme und konkrete Maßnahmen
Viele der Unternehmen sind bereits zum wiederholten Mal nominiert, bevor sie den Preis erhalten. Eine Bewerbung auf eigene Initiative hin gibt es nicht. Was sollte bei der zweiten, der dritten Teilnahme anders sein, als bei der ersten? „Im Vordergrund muss die Frage nach echter Veränderung, nach Verbesserung, stehen“, findet Roland Alter. „Es muss um eine realistische Bestandsaufnahme und nachfolgend konkrete Maßnahmen gehen.“
Die Kriterien für den Großen Preis des Mittelstandes bestehen aus harten und weichen Faktoren, wie Alter erläutert. Die Entwicklung des Unternehmens sowie Arbeits- und Ausbildungsplätze auf der einen Seite, Innovation, Service, Modernisierung und Engagement für die Region auf der anderen Seite. Dabei sind kleine Unternehmen keinesfalls abgehängt. Für Wewezow bietet ein schlüssiges Konzept, eine Konzentration auf die Besonderheiten des Unternehmens, eine Fokussierung auf den Kunden oder ein engagierter Umgang mit den Mitarbeitern eine gute Grundlage für eine positive Bewertung. Dabei haben auch kleine Nischenunternehmen gute Chancen. „Speziell bei den kleineren Unternehmen ist es wichtig, dass persönliches Streben nach Verbesserung deutlich wird, erkennbare Emotion ist besonders wichtig“, so Roland Alter.
Die drei Gewinner aus der Region
Drei Unternehmen aus Heilbronn-Franken konnten dieses Jahr punkten: Die Sparkasse Tauberfranken hat den Sonderpreis als Bank des Jahres in Baden-Württemberg gewonnen, Fertighaus Weiss aus Oberrot hat den Landessieg in Baden-Württemberg geholt, die Spedition Rüdinger aus Krautheim wurde als Finalist geehrt.
„Der Preis ist für uns eine Motivation, den eingeschlagenen Weg als familiengeführtes Unternehmen in vierter und fünfter Generation weiter- zugehen“, erklärt die Geschäftsführung von Fertighaus Weiss, das Ehepaar Hans Volker und Christel Noller sowie ihr Sohn Michael. Das Unternehmen war bereits mehrfach nominiert, erreichte 2017 schon einmal die Jurystufe. „Dadurch konnten wir an den erarbeiteten Inhalten anknüpfen. Über die Wettbewerbsjahre hinweg konnten wir so komplexe und umfangreiche Themen darstellen“, sagen die Gewinner.
Die Sparkasse Tauberfranken ist unter 83 Banken zur Bank des Jahres gekürt worden. „Wir sind sehr stolz auf diese Auszeichnung, da sie auch das Engagement unserer Mitarbeiter wiederspiegelt“, sagt Pressesprecher Markus Haas. Der Bank sei eine finanzielle und authentische Förderung in der Region wichtig. „Unser Konzept, Förderungen nicht einfach mit der Gießkanne im Geschäftsgebiet zu verteilen, sondern gezielt mit einer langfristigen, aufeinander abgestimmten Ausrichtung zu vergeben, sehen wir durch die Auszeichnung bestätigt.“
Zeitliche Investition vor und nach dem Wettbewerb
Die Aufbereitung der Unterlagen habe die Bank circa eine Woche gekostet. „Aber zählen wir die Konzeption, Umsetzung und Weiterentwicklung der verschiedenen Maßnahmen mit, sind es Jahre“, sagt Haas. Die Teilnahme am Wettbewerb soll laut Oskar-Patzelt-Stiftung zur Soll-Ist-Analyse, für Strategieüberlegungen und zur Entwicklung von Führungskonzeptionen innerhalb des Unternehmens dienen können. Für die Sparkasse Tauberfranken bringt diese Möglichkeit einen ergänzenden Blickwinkel mit sich, der in den kommenden Monaten weiteren Einfluss nehmen wird.
Im Jagsttal gab es ebenfalls Grund zu Freude. Die Spedition Rüdinger in Krautheim wurde als Finalist geehrt. „Das ist eine große Anerkennung für unsere Entwicklung und gibt uns Rückenwind in der Außendarstellung“, findet Geschäftsführer Roland Rüdinger. Für ihn habe das Ausfüllen der umfangreichen Bewerbungscheckliste ergeben, dass das Unternehmen gut aufgestellt sei. Das bestätigt nun die Auszeichnung als Finalist. Nur sechs von den 1180 Unternehmen, die in Baden-Württemberg vorgeschlagen werden, schaffen es bis hierher.
Die Anzahl der vorgeschlagenen Unternehmen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Von 112 Nominierungen im Anfangsjahr 1995 hat sich die Zahl auf bundesweit 5399 in diesem Jahr erhöht. In fünf Kategorien werden die Unternehmen mit einer Wertung von A bis D eingestuft. Das Gesamtergebnis führt dann zur Auszeichnung als Finalist oder Landessieger. Letztere befinden sich im Rennen um den Bundessieg. Zusätzlich werden Sonderpreise als Beste Bank, als Kommune des Jahres und für das Lebenswerk verliehen. Darüber hinaus gibt es eine Ehrenauszeichnung und einen Sonderpreis Junge Wirtschaft.
Denise Fiedler