Biobauer aus Leidenschaft

Walter Kress sagt über sich selbst: „Wir sind keine Produzenten: Ich bin Bauer, ich baue an und ich bewahre. Ich produziere nicht, sondern ich halte Tiere, die uns Fleisch geben.“

 

Auf seinem Hof bei Hardthausen hält der Biobauer drei Rinder und 20 Weideschweine, baut Kartoffeln, Hokkaidokürbisse und Wurzelgemüse wie Rote Bete an. Der 60-Jährige ist seit über 30 Jahren Biobauer. Kress gerät richtig ins Schwärmen, als er erzählt, an welche Gastronomen er das Fleisch seiner Tiere und das Gemüse seiner Äcker verkauft.

Es hat sich viel verändert, seit Kress den Hof Mitte 1980er Jahre von seinen Eltern übernommen hat. Seine Frau Marliese und er betreiben Landwirtschaft „neu interpretiert“. Beispielsweise haben sie eine Einkommenskombination: Er bewirtschaftet den Hof weitestgehend alleine und seine Frau arbeitet als Hebamme. Während der Erntezeit packt die restliche Familie auch mit an. Für Kress ist sein Beruf eher Berufung, denn der Landwirt ist viel mehr als das.

Ob als Botschafter oder Netzwerker, sein Know-how gibt der vierfache Familienvater gerne weiter. Denn Interessierte gibt es genug: von den Kleinsten bis hin zu Erwachsenen. Seinen Hof sieht er als Lernort und bietet für Kindergärten, Schulklassen aber auch Erwachsene „erdige Tage“ an, die die Teilnehmer zurück zu den Wurzeln führen und „erden“ sollen. Die Teilnehmer helfen aktiv bei der Ernte mit und erfahren, woher das Gemüse stammt. „Ich erkläre bei diesen Veranstaltungen, welche Maßnahmen nötig sind, damit im Herbst etwas geerntet werden kann. Und am Ende des Seminars kochen wir gemeinsam ein Abschlussessen mit selbstgeernteten Zutaten“, erklärt Kress.

Mit solchen Erlebnistagen will er den Bezug zur Natur und zu den Wurzeln wieder herstellen. Der Biobauer betont: „Mir ist dabei wichtig, dass es nicht nur um die Erzeugung von Lebensmitteln geht, sondern auch, dass ich Wissen an andere Generationen weiter gebe“. Insbesondere die Kooperationen mit Schulen liegen ihm am Herzen, weil er mit solchen Veranstaltungen Schülern „die Natur authentisch näher bringen“ kann und sie den Bezug zur Herkunft der Lebensmittel nicht verlieren.

„Zurück zu den Wurzeln“ ist auch das Motto von Kress‘ Haaghof. Seit 35 Jahren wird der Haaghof auf biologische Art bewirtschaftet. Bis es soweit war, musste die komplette Umstellung zur biologischen Landwirtschaft stattfinden, die etwa drei Jahre dauerte. „Der Prozess ist sehr umfassend“, erläutert der 60-Jährige. „Beispielsweise die Stickstoffversorgung des Bodens muss gewährleistet sein oder wie das Futtergetreide angebaut wird. Das sind sehr komplexe Vorgänge.“ Viele Prozesse laufen anders als beim konventionellen Anbau. „Die Pflanzen stärken, damit sie gegen Umwelteinflüsse standhalten, ist eine Grundsatz des biologischen Landbaus.“, führt der Demeter-Landwirt weiter aus.

Da die Erzeugnisse in dieser Umstellungsphase nicht als „Bioprodukte“ zu den höheren Biopreisen verkauft werden dürfen, muss die oft finanziell schwierige Zeit mit eingeplant werden. Kontrolleure überprüfen die Anforderungen für die „bio“-Zertifizierung. Die Eltern von Kress haben den Haaghof bereits 1981 auf biologischen Landbau umgestellt. „Mein Vater wollte die Schöpfung mit ihrer Vielfalt wahren, deshalb hat er seinen Hof dann biologisch betrieben“, erläutert Kress. Bei der Umstellung damals hat der gelernte Maschinenbauer geholfen. Daraufhin beschloss er, den Hof zu übernehmen und absolvierte eine Lehre zum Landwirt. „Inzwischen ist der Hof meine Passion geworden“, stellt Kress fest.

Doch Leidenschaft allein ist nicht alles. Auch der wirtschaftliche Aspekt muss beachtet werden, denn die Vermarktung ist heute wichtiger denn je. „Sie muss vom Kunden her gedacht werden“, betont der Biobauer. Deshalb hat er über zehn Jahre lang in einem Bioladen in Neckarsulm unter der Marke „Naturtalent“ sein Gemüse und Fleisch sowie weitere Bioprodukte angeboten. Inzwischen kooperiert er mit Edeka Ueltzhöfer und hat „Naturtalent“ an ihn lizenziert. In seinen vier Supermärkten bietet Ueltzhöfer seit 2014 unter anderem die Hokkaido-Kürbisse und die Kartoffeln von Biobauer Kress an.

Unter dem Motto „aus der Region – für die Region“ verkauft Edeka Ueltzhöfer viele regionale Produkte, die auch häufig aus biologischem Anbau sind. Kress ist stolz auf seine Herkunft und seine Region und hält fest: „Unsere Region Heilbronn-Franken ist stark genug, um Großes zu leisten: Die Qualität von Bioware zu erzeugen und sie auch entsprechend zu vermarkten.“ Dieses Bewusstsein weiter zu fördern sei unsere Aufgabe für die Zukunft. Er fordert mehr Transparenz bei der Landwirtschaft mit „einer neuen Agrar- und Esskultur sowie die Rückbesinnung auf Werte und Wurzeln“. Diese Transparenz schaffe einen Mehrwert am Markt – für die Region und auch die Verbraucher.

Annika Bay