Strom aus Fotovoltaik und Windenergie, der Einsatz von Biomethan und Investition in Kraft-Wärme-Kopplung: Wie die Schwäbisch Haller Stadtwerke klimafreundliche Energieerzeugung und Versorgungssicherheit verbinden, verraten die Geschäftsführer im Interview.
Das diesjährige Jubiläum der Stadtwerke Schwäbisch Hall steht unter dem Motto „50 Jahre nachHALLtiger“ – was macht eigentlich einen Energieversorger nachhaltig?
Gebhard Gentner: Der Strom, den unsere Kunden bekommen, ist grün und damit nachhaltig. Dafür haben wir viel in den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie investiert. Nachhaltigkeit drückt sich bei uns auch darin aus, dass wir in Kraft-Wärme-Kopplung sowie den Ausbau der Fern- und Nahwärmenetze investieren. Die Energiewende kann nur über solche Systeme und Infrastrukturen gelingen.
Ronald Pfitzer: Das hat natürlich eine Vorgeschichte. Bereits in den 1970er Jahren wurde das erste Nahwärmenetz in Schwäbisch Hall aufgebaut. Das heißt, vor 50 Jahren wurde damit begonnen, die Blaupause für die regionale Energiewende vorzudenken. Weil das sehr sinnvoll ist, haben wir das weiter vorangetrieben.
Wird der grüne Strom aus erneuerbaren Energien in der Region erzeugt?
Gentner: Wir produzieren mehr als 100 Prozent des in unserem Netzgebiet verbrauchten Stroms regenerativ. Das ist eine rein bilanzielle Betrachtung. Nicht alle Erzeugungsanlagen stehen in Schwäbisch Hall. CO2 ist ein globales Thema, da ist es zunächst egal, ob ich den grünen Strom zu 100 Prozent in Schwäbisch Hall erzeuge oder verbrauche. Wir wären aber in der Lage, unser Versorgungsgebiet durch unsere Kraftwerkskapazität sowie Wind und Fotovoltaik autark zu betreiben. In den Blockheizkraftwerken kommt auch Gas zum Einsatz, auch das ist bereits zu 40 Prozent erneuerbar. Wir unterliegen aber auch wirtschaftlichen Zwängen. Wenn Nahwärme zu teuer ist, gibt es dafür keine Akzeptanz. Wir hoffen, dass sich durch die CO2-Bepreisung ein gewisses Korrektiv bildet.
Pfitzer: Wir ersetzen in unseren gesamten Blockheizkraftwerken sukzessive das fossile Erdgas durch grünes Erdgas, sprich durch Biomethan. Nur noch ein geringer Teil der Energieerzeugung läuft über fossile Brennstoffe. Der Großteil erfolgt über die Kraft-Wärme-Kopplung sowie Wind- und Sonnenenergie. Bei Fotovoltaik sind es nicht nur die Anlagen der Stadtwerke, sondern auch Anlagen, die Privatpersonen oder Gewerbetreibende auf ihren Dächern haben. Das muss man insgesamt sehen.
Neben Stromtrassen fehlen derzeit vor allem noch Speichermöglichkeiten für Energie aus erneuerbaren Quellen. Welche Entwicklungen gibt es hier?
Gentner: Wir werden in Zukunft sehr viel elektrifizieren und mehr Strom brauchen. Dafür benötigen wir Trassen und Infrastrukturen. Der Rest wird über dezentrale Nahwärmekonzepte gespielt. Blockheizkraftwerke werden die konstante Stromproduktion übernehmen. Wenn wir Wärme speichern, ist das quasi gespeicherter Strom. In großen Tanks, die günstig zu bauen sind, kann problemlos warmes Wasser gespeichert werden. Kühlt es sich durch Abgabe ins Netz ab, heizen wir es mit Kraft-Wärme-Kopplung wieder auf. Der Gesamtmix wird eine zukünftige Rolle spielen – und es sind intelligente Konzepte notwendig, um das zu steuern. Kleinbatterien beim Kunden sind nicht effektiv. Da sind größere Anlagen erforderlich. Wir werden aber möglicherweise die Batterien von E-Fahrzeugen als Speicher nutzen, um Schwankungen im Netz auszugleichen.
Pfitzer: Ein Marktdesign zu finden ist schwierig. Im Moment dreht sich vieles um die Vermeidung von Steuern und Abgaben. Wenn der Strom von der eigenen Fotovoltaikanlage ins Haus fließt und direkt verbraucht wird, fällt fast nichts an. Wenn ich aber Nachbarn versorge, muss ich Netzentgelte und Konzessionsabgaben zahlen. Da kann man sich die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, das Geschäftsmodell auf die derzeitige Abgabesituation auszurichten, oder ob am Ende die Vernunft und die Physik siegen, weil es völlig egal ist, ob der Strom im Umkreis von zehn oder von 100 Metern verbraucht wird. Daraus kommt auch das Thema mit den Speichern. Im Moment ist ein Quartiersspeicher eher problematisch. Ein Hausspeicher ist dagegen unkomplizierter, aber viel teurer und daher wirtschaftlich nicht sinnvoll. Es wäre günstiger, größere Einheiten zu bauen. Aber da gibt es unterschiedliche Gesetzgebungen, die nicht vernünftig aufeinander abgestimmt sind. Hinzu kommen die verschiedenen Interessen der Übertragungsnetzbetreiber, Verteilnetzbetreiber, Stromhändler und Batterieverkäufer sowie Einzelkunden. Es ist ein komplexes Thema.
Sie wollen die Effizienz in ihren Kraftwerken steigern. Wie geht das?
Gentner: Wir versuchen, die Kraftwerke im optimalen Lastpunkt zu betreiben. Teillast ist oftmals schlecht, Volllast ist auch nicht immer gut. 70 bis 90 Prozent sind hingegen vernünftig, um die Effizienz zu steigern. Auf der Wärmeseite arbeiten wir daran, die Rücklauftemperaturen im Netz zu optimieren. Und wir bauen einen neuen Motor im Hessentaler Kraftwerk ein. Das ist das stärkste Aggregat der Region mit 7,5 Megawatt und annähernd 50 Prozent elektrischem Wirkungsgrad. Kleine Blockheizkraftwerke kommen oft nur auf 25 Prozent. Das ist eine Verdoppelung des Wirkungsgrads.
Pfitzer: Effizienz steigern wir auch dadurch, dass wir unsere Einheiten zunehmend vergrößern. Das geht aber nur mit der Wärmenetzinfrastruktur, die bei uns dahintersteht.
Mit ihrer Expertise unterstützen Sie auch andere Kommunen beim Aufbau eigener Energieversorger. Jüngstes Beispiel ist Öhringen. Ist das nur Nachbarschaftshilfe oder steckt ein Geschäftsmodell dahinter?
Gentner: Es steckt ein Geschäftsmodell dahinter, allerdings ein sehr langfristiges, das auch nicht rein kostengetrieben ist. In Öhringen können wir unsere Expertise im Bereich Nahwärme, Kraftwerke und Energieerzeugung einbringen. Da gibt es meines Erachtens viel Potenzial und aufgrund der Nähe auch Synergieeffekte über den gemeinsamen Betrieb von Stromnetz, Wärmenetz und Kraftwerken. Auch was den Ausbau von erneuerbaren Energien angeht, etwa durch Einbindung von Biogasprojekten, sehe ich Chancen. Für uns ist es langfristig gut, in der Region zu agieren und größere Cluster zu bilden. Wir sind für diese Formen der Zusammenarbeit immer offen, sofern es die Kommunen wollen. Das Potenzial für eine klimafreundliche Versorgung der Region ist groß, man muss es nur heben.
Interview: Dirk Täuber