Andrea Bálint ist für ihr duales Studium bei Börsig von Ungarn nach Bad Friedrichshall gezogen.
Niemals hätte sich Andrea Bálint vor einem halben Jahr träumen lassen, dass sie jetzt an einem Schreibtisch in Neckarsulm sitzt und Verkaufsaufträge abwickelt. Da lebte die 20-Jährige nämlich noch in Budapest und träumte von einem dualen Studium in Deutschland. „Ich hatte keine Hoffnung, dass es für dieses Jahr noch klappt, aber dann ging alles ganz schnell“, erzählt die Ungarin. Seit Oktober absolviert sie das duale Studium „Betriebswirtschaftslehre – Handel – internationaler technischer Handel“ an der DHBW Mosbach und bei der Firma Börsig.
Andrea wuchs in einem Dorf auf, in dem viele Familien deutsche Wurzeln haben. Die Vorfahren ihrer Mutter stammen aus Oberösterreich, die Sprache wurde aus der Tradition heraus gepflegt. Sie selbst besuchte ein zweisprachiges Gymnasium, an dem viele Fächer in Deutsch unterrichtet wurden. „Deswegen war es wohl schon seit meiner Kindheit ein Traum, nach Deutschland zu gehen“, erzählt die Neu-Bad-Friedrichshallerin.
Ein erster Vorgeschmack war eine Reise, die sie beim Lesewettbewerb „Lesefuchs“ gewann. Andrea fuhr unter anderem ins Saarland – und lernte dort ihren Freund kennen. Nein, kein Deutscher, sondern ein Ungar, der seine Reise ebenfalls bei einem Wettbewerb gewonnen hatte. Von da an verfolgte das junge Paar den gleichen Traum. „Eigentlich wollte ich mit Deutsch weitermachen, aber dann habe ich von der DHBW in Baden-Württemberg erfahren, mich weiter über das Konzept des dualen Studiums informiert und festgestellt, das ist genau das Richtige“, erzählt sie.
Andrea entdeckte die Anzeige der Firma Börsig in Neckarsulm, einem Distributor für elektromechanische Bauteile wie Schalter, Stecker und Relais, die jemanden mit ungarischen Sprachkenntnissen suchte.
Das Vorstellungsgespräch war am 10. September und am 1. Oktober war ihr erster Schultag. „Ich musste in zwei, drei Wochen mein komplettes Leben umorganisieren“, erzählt sie lachend. Das Studium ist genau das, was sich Andrea vorgestellt hat. International sollte es sein, weil sie generell an verschiedenen Kulturen interessiert ist und vielleicht auch noch weitere Sprachen lernen will. Ihre Mutter war früher beim Zoll, daher wollte sie immer schon wissen, wie die Prozesse beim Handel ablaufen.
Beim dualen Studium wechseln sich Hochschule und Betrieb in zwei- bis dreimonatigen Blöcken ab. Zusätzlich sind im ersten und zweiten Jahr jeweils eine Projektarbeit, im dritten dann die Bachelorarbeit zu schreiben. „In der Schule ging es bisher vor allem um Grundlagen in BWL und VWL, aber im Vertiefungsfach habe ich bereits Sachen gelernt, die ich nun in der Praxis einsetzen kann.“
Genau diese Kombination gefällt Andrea am dualen Studium. „Ich denke, wenn man gleich mitmachen kann, lernt man am besten.“ Außerdem hat sie gleich zwei Gemeinschaften, Börsig und die DHBW, bei denen sie mit dazugehört. Positiv ist natürlich auch, dass sie während des Studiums schon Geld verdient.
Inzwischen fühlt sich Andrea Bálint angekommen. Die Wohnung ist fertig eingerichtet und ihr Freund arbeitet jetzt auch bei Börsig und hofft, im Herbst mit einem dualen Studium beginnen zu können. Viel Zeit für Privatleben habe sie allerdings nicht. „Man muss rechtzeitig für die Prüfungen lernen und in der Praxisphase schon an die Projektarbeit denken.“ Nicht zuletzt ist Deutsch eine Fremdsprache für Andrea. Entsprechend anstrengend ist der Unterricht.
Trotzdem ist die Ungarin mehr als froh, dass es so gut für sie gelaufen ist. „Mein Kindheitstraum ist in Erfüllung gegangen,“ fasst sie zusammen.
Stefanie Pfäffle