2017 ist in der Region einiges los. Auch für fünf Städte und Gemeinden aus dem Heilbronner Land ist dieses Jahr ein ganz besonderes: Offenau, Gundelsheim, Obergriesheim sowie Ober- und Untereisesheim wurden vor 1250 Jahren in schriftlichen Quellen erstmals erwähnt.
Wie kommt es, dass so viele Orte aus einem Landkreis gleichzeitig ein Jubiläum feiern? Das Bestehen der Ortschaften beruft sich auf urkundliche Erwähnungen im Jahre 767 im sogenannten Lorscher Codex. „Der Codex ist ein Buch des Klosters Lorsch, in dem Schenkungen von Grundstücken zusammengefasst wurden“, erklärt Petra Schön,Kreisarchivarin des Landkreises Heilbronn.
1250 Jahre sind eine lange Zeit. Wie gelingt es einer Gemeinde überhaupt, so lange zu bestehen? „Das kann man so einfach nicht beantworten“, sagt Offenaus Bürgermeister Michael Folk. „Hier gibt es fruchtbare Böden, der Fluss bot sich als Wasserstraße für den Transport an und die Menschen fanden so Nahrung und Arbeit.“ Kornlupfer – so werden die Offenauer oft genannt. „Kornlupfer deshalb, weil die Nachbargemeinden den Offenauern immer unterstellt haben, sie würden das Korn ,anlupfen‘, weil es hier so hoch wächst“, erläutert Gemeindearchivar Daniel Kress mit einem Schmunzeln. Die Geschichte des Neckarorts ist hauptsächlich durch die „Epochen“ Landwirtschaft, Salz und Zucker geprägt. Im 16. Jahrhundert begann man im Ort, die Salzquellen zu nutzen und gründete ein Soleheilbad. Mitte des 18. Jahrhunderts entstand die Saline Clemenshall. In den 1970er Jahren kam die Gemeinde dann auf einen ganz anderen Geschmack: den Zucker. Heute sei man aber nicht mehr abhängig von nur einem Wirtschaftsgut, schildert Kress.
Für das Jubiläumsjahr haben die Vereine, die ehrenamtlichen Helfer und die Gemeinde mithilfe eines Arbeitskreises ein Programm auf die Beine gestellt. „Da muss die Bürgerschaft mitmachen, ohne sie und das Ehrenamt geht es nicht“, so der Bürgermeister. „Meine besonderen Highlights sind die Sonnwendfeier am Neckarufer und das Theaterstück rund um die Offenauer Sage vom Fährmann und dem Hugebocher, das uns der Stuttgarter Autor Jürgen von Bülow auf den Leib geschrieben hat“, fasst Hauptamtsleiterin Sonja Schumm, die Koordinatorin der Offenauer Jubiläumsveranstaltungen, zusammen. Für die Zukunft hat auch Offenau, wie jede Gemeinde, mit diversen Herausforderungen zu kämpfen. Die Schlagworte sind hier die B27 und Hochwasser, das in den vergangenen Jahren zu Problemen führte.
Ein ebenso aufwendiges Jahresprogramm veranstalten die Stadt Gundelsheim und ihr Stadtteil Obergriesheim, die ebenfalls 1250. Jubiläum feiern. Gundelsheim ist die Kernstadt der zugehörigen fünf Stadtteile. Was verwaltungstechnisch schwierig klingt, nimmt Bürgermeisterin Heike Schokatz als Aufgabe an: Man halte bei der Infrastruktur so viel zentral wie nötig und so viel dezentral wie möglich. Jeder Stadtteil besitze zudem eigene Ortsvorsteher und stelle zwei eigene Räte im Gemeinderat. „Es ist ein sehr gutes Miteinander – die Dorfgemeinschaft lebt“, fasst Schokatz zusammen. Gemeinsam gehe man auch das Jubiläumsjahr an. Ein eindeutiges „Ja, wir feiern!“ gab es beim Beschluss des Gemeinderats zur Feierlichkeit. Ende April findet die Auftaktveranstaltung für das Jahresprogramm statt. Lebendig wird die Historie der Deutschordensstadt durch ein Stationentheater, das Szenen vom Ursprung der Stadtgeschichte an, verbunden mit einem geschichtlichen Vortrag, zeigt. Auch eine Kunstausstellung, die aus der Initiative der Bürger und örtlichen Künstler stammt, greift die Stadthistorie auf. In Obergriesheim wird das beliebte Straßenfest Anfang August verlängert und um einen Festabend bereichert.
Gemeinsam mit allen Stadtteilen blicke man positiv in die Zukunft, berichtet die Bürgermeisterin. Im gesamten Stadtgebiet werde man sich jetzt daran machen, neue Baugebiete zu erschließen. Im Bereich Bildung und Betreuung werde man weiter alle Angebotsformen ausbauen. Das Thema Breitbandausbau sei aktuell noch eine Schwachstelle der Deutschordensstadt. Man habe aber den Beschluss gefasst, den Ausbau voranzutreiben, um einheitliche Standards zu erhalten.
Eine weitere Besonderheit im Jubiläumsjahr ist, dass mit Obereisesheim, das zur Stadt Neckarsulm gehört, und Untereisesheim, das eine eigenständige Gemeinde ist, zwei separat verwaltete Orte gemeinsam Jubiläum feiern, nämlich „1250 Jahre Eisesheim“. „Man schafft so einen willkommenen Anlass, das Jubiläum gemeinsam zu feiern und die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Ober- und Untereisesheim zu vertiefen“, begründet Steffen Hertwig, Oberbürgermeister von Neckarsulm, die gemeinsame Feier. „Die tiefen Verknüpfungen zwischen den beiden Orten sind überall sichtbar. Vor einigen Jahrzehnten wurde die Rivalität untereinander mit Herzblut gepflegt. Heute wird mit einem Augenzwinkern gern über die alten Geschichten gelacht“, erzählt der Bürgermeister von Untereisesheim Bernd Bordon. Mehr als 30 Vereine aus beiden „Eisesheims“ organisieren den Festakt gemeinsam. Dieser beginnt Ende Mai mit einem bunten Straßenfest entlang des Untereisesheimer Weges, der beide Orte miteinander verbindet.
Eines ist sicher: Die Feierlichkeiten machen das Jahr 2017 zu einem ganz besonderen – für jeden Einwohner und Besucher.
Alexander Liedtke